Rz. 9

Das Rating mündet in eine Kenngröße, die das Insolvenzrisiko eines Unternehmens ausdrückt. Dabei wird als Zeitraum ein Jahr unterstellt. Eine A-Einstufung drückt z. B. eine Ausfallwahrscheinlichkeit von ca. 0,11 %, BB+ von 0,65 % und B von 7,00 % aus.[1] Der Prozess der Erstellung eines Ratings nutzt grundsätzlich vielfältige Kriterien quantitativer und qualitativer Natur, sodass es viele Stellschrauben zur Ratingverbesserung gibt. Dies liegt darin begründet, dass es keine allgemein gültige Formel für die Messung des Insolvenzrisikos gibt. Ratingsysteme, die häufig über Diskriminanzfunktionen eine Auswahl und Gewichtung von Risikoindikatoren vornehmen, haben stets das Problem, von der Vergangenheit auf die Zukunft schließen zu müssen. Damit ist die Güte der Systeme davon abhängig, inwieweit dies gelingt. Gerade in sich wechselnden Umfeldern kann es auch zu Verschiebungen der Kennzahlen kommen, zumal selbst bei hohen Insolvenzquoten die statistische Basis die notwendigen größen-, branchen- und risikoabhängigen Auswertungen eigentlich gar nicht zulässt. Daher müssen die Kreditinstitute ihre Systeme auch ständig überprüfen und ggf. anpassen.

 

Rz. 10

Daraus resultiert für Unternehmen das Problem, dass es unterschiedliche Ratingsysteme gibt, wobei gerade deutsche Kreditinstitute primär interne (individuelle) Ratingsysteme nutzen. Allen ist dabei gemein, dass sie das Risiko zu messen versuchen, unterschiedlich sind jedoch die Wege. So gibt es Systeme, die einzig auf der Auswertung des Jahresabschlusses aufbauen, wie etwa Moody´s KMV RiskCalc. Dabei gilt es zu beachten, dass neben dem eigentlichen Jahresabschluss auch die Branche allgemein und der relative Vergleich der Unternehmensdaten zu Branchendurchschnittswerten häufig in die Betrachtung mit einbezogen werden. Aus diesem Grund ist es überaus sinnvoll, die (richtige) Branchenzuordnung zu prüfen und ggf. bei Kreditverhandlungen auf Abweichungen und unternehmensindividuelle Sonderfaktoren hinzuweisen.

 

Rz. 11

Deutsche Kreditinstitute ergänzen diese rein quantitative Analyse des Jahresabschlusses häufig um andere quantitative Analysen, etwa die Daten der Kontoführung, sowie qualitative Elemente, z. B. zur Qualität des Managements. Dabei sind viele dieser Kriterien, deren genaue Zusammensetzung und Rolle bei der Risikoklassifikation die Kreditinstitute nicht preisgeben, auch für Eigenkapitalgeber und das Management von Interesse. Insgesamt stellt das Rating eine umfangreiche Analyse des Unternehmens dar. Daher dient die Beschäftigung mit dem Ratingprozess nicht nur zur konkreten Vorbereitung auf Kreditverhandlungen, sondern auch der langfristigen Sicherung von Stabilität und Rentabilität des Unternehmens. Sinnvoll ist es daher, ein Selbstratingsystem in die Managementkennzahlen, wie z. B. eine Balanced Scorecard, zu integrieren und so eine permanente Überwachung zu gewährleisten. Mit den im Führungssystem vorgenommenen Verknüpfungen monetärer und qualitativer Steuerungselemente über Kausalketten und ihre Ausrichtung auf eine übergeordnete Zielgröße kann die Solvenz des Unternehmens gezielt gesteuert werden. Somit können sich Unternehmen das Finanzierungspotenzial der Fremdkapitalgeber sowie deren Kooperationsbereitschaft erhalten und damit ihre eigene Solvenz auch zukünftig sichern.[2]

[1] Vgl. Standard & Poor's Rating-Skala.
[2] Vgl. Müller/Wobbe, BB 2007, S. 1491 ff.

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