Leitsatz

Hersteller einer Ware i.S.d. § 8 Abs. 3 EStG kann derjenige sein, der den Gegenstand selbst produziert, der ihn auf eigene Kosten nach seinen Vorgaben und Plänen von einem Dritten produzieren lässt oder der damit vergleichbare sonstige gewichtige Beiträge zur Herstellung der Ware erbringt (Fortführung des Senatsurteils vom 28.08.2002, VI R 88/99, BFH/NV 2003, 240, BFH/PR 2003, 83).

 

Normenkette

§ 8 Abs. 3, § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Zwischen der Klägerin K und ihrer in denselben Geschäftsräumen ansässigen Alleingesellschafterin (P-GmbH) besteht ein Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag. 1996 schlossen die P-GmbH und K einen das Technische Zentrum S (TZS) betreffenden Ausgliederungsvertrag. Danach sollte TZS verantwortlich sein für die strategische Produktionsplanung der Geschäftssparte F in Europa und weltweit Forschungs- und Entwicklungsaufgaben erfüllen.

Die Produktion im F-Bereich übernahm die P-OHG, die P-GmbH übernahm Marketing, Vertrieb und Stabsfunktionen und K übernahm die strategischen Aufgaben im technischen Bereich. Die bei der P-GmbH angesiedelte Abteilung Human Resources blieb für sämtliche bei der Klägerin anfallenden personellen und sozialen Angelegenheiten zuständig; es war geregelt, dass die P-GmbH und K einen einheitlichen Betrieb führen. K übernahm Geschäftsführungsaufgaben als persönlich haftende geschäftsführende Gesellschafterin für Produktion und Distribution der P-OHG.

Nach den Feststellungen der LSt-Außenprüfung hatte K 1996 und 1997 bei Personalverkäufen an ihre Arbeitnehmer Produkte verbundener Unternehmen (von der P-OHG hergestellte und durch die P-GmbH vertriebene Waren) verbilligt abgegeben. Dabei hatte K den Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG berücksichtigt.

Das FA hielt § 8 Abs. 3 EStG für nicht anwendbar, weil die Klägerin die im Personalverkauf angebotenen Produkte weder herstellte noch vertrieb und erließ einen LSt-Haftungsbescheid. Die dagegen erhobene Klage wies das Hessische FG (Urteil vom 13.12.2006, 10 K 2126/04, Haufe-Index 1774290, EFG 2007, 1317) ab.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt. Grundlage dafür war die Ausdehnung der Herstellereigenschaft, wie vorstehend dargestellt.

 

Hinweis

Im vorliegenden Streitfall bleibt der BFH zwar bei seiner Rechtsprechung, dass der Freibetrag des § 8 Abs. 3 EStG nicht konzernübergreifend für Arbeitnehmer anderer Konzerngesellschaften gilt, eröffnet aber mit einer Ausweitung des Herstellerbegriffs gerade für den Konzernbereich Gestaltungsmöglichkeiten. Von Interesse dürfte die Umsetzung dieser Entscheidung durch die Finanzverwaltung sein.

1. Der BFH versteht § 8 Abs. 3 EStG dahin, dass Arbeitnehmer in den Genuss des Freibetrags nur kommen, wenn ihr Arbeitgeber die Waren oder Dienstleistungen selbst herstellt, vertreibt oder erbringt; Vorteile von Dritten, etwa konzernzugehörigen, dem Arbeitgeber nahe stehende Unternehmen sind nicht erfasst, so insbesondere der BFH schon im sog. Druckerurteil (BFH, Urteil vom 28.08.2002, VI R 88/99, BFH/NV 2003, 240, BFH/PR 2003, 83 m.w.N.). Allerdings dehnte er dort schon seine Rechtsprechung zum Herstellerbegriff aus. Denn danach stellte der Arbeitgeber die Ware i.S.d. § 8 Abs. 3 EStG nicht nur her, wenn er den Gegenstand selbst produziert, sondern auch, wenn er ihn auf eigene Kosten nach seinen Vorgaben und Plänen von einem Dritten produzieren lässt.

2. Im Besprechungsurteil weitet der BFH den Herstellerbegriff jetzt dahin aus, dass auch damit vergleichbare sonstige gewichtige Beiträge zur Herstellung der Ware genügen; auf die eigene Kostentragung kommt es nicht an. Auch wenn nicht jede beliebige Beteiligung am Herstellungsprozess ausreicht, lässt der BFH jetzt einen gewichtigen Beitrag am Herstellungsprozess genügen, um die Herstellereigenschaft zu rechtfertigen.

3. Die Ausdehnung des Herstellerbegriffs hat Auswirkungen: Im Streitfall war K Herstellerin, weil K über sämtliche wesentliche Herstellungsaspekte entschied, nämlich was, wo, wie und zu welchem Preis produziert und eingekauft werden sollte, K auch die Umsetzung ihrer Vorgaben überwachte und auch den tatsächlich stattfindenden gegenständlichen Herstellungsprozess kontrollierte, um darin ggf. eingreifen zu können. Und in künftigen Fällen wird sicher die Frage nach dem gewichtigen Beitrag am Herstellungsprozess weiter zu präzisieren sein.

4. Unbeantwortet blieb die in der Vorinstanz verneinte Frage, ob K zusammen mit der P-GmbH einen arbeitsrechtlichen Gemeinschaftsbetrieb i.S.d. § 1 Abs. 2 BetrVG unterhalten und dadurch K und die P-GmbH zusammen als ein Arbeitgeber i.S.d. § 8 Abs. 3 EStG haben gelten können.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 01.10.2009 – VI R 22/07

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