Rz. 144

Sofern die gesetzlichen Vertreter von kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften i. S. v. § 264d HGB und ihnen gesetzlich gleichgestellte Unternehmen eine Kapitalflussrechnung, einen Eigenkapitalspiegel und freiwillig eine Segmentberichterstattung nach § 264 Abs. 1 Satz 2 HGB erstellt haben, sind diese Sonderrechnungen, die ebenfalls zum (erweiterten) Jahresabschluss i. S. v. § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB zählen, mit in die handelsrechtliche Abschlussprüfung einzubeziehen. Allerdings existieren für die in Rede stehenden Sonderrechnungen keine detaillierten gesetzlichen Regelungen, sodass zum Zwecke der Ermittlung entsprechender Soll-Objekte auf die vom DRSC i. S. v. § 342 Abs. 1 Nr. 1 HGB entwickelten folgenden Standards zurückgegriffen werden muss, die eng an die Regelungen der IFRS[1] angelehnt sind:

  • "Kapitalflussrechnung" (DRS 21),[2]
  • "Segmentberichterstattung" (DRS 3),[3]
  • "Konzerneigenkapital" (DRS 22).[4]
 

Rz. 145

Bei der Prüfung aller 3 Sonderrechnungen hat sich der Prüfer zunächst im Rahmen einer Systemprüfung davon zu überzeugen, ob das Unternehmen adäquate Erfassungs- und Verarbeitungssysteme installiert hat, die geeignet sind, die erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang zu untersuchen, ob hinreichend qualifiziertes Personal mit der Erstellung der Sonderrechnungen betraut wurde. Diese Revisionsergebnisse lassen eine Einschätzung des Prüfungsrisikos zu und bestimmen sodann die Planung und Durchführung der Einzelfallprüfungen von Kapitalflussrechnung, Eigenkapitalspiegel und Segmentberichterstattung.

 

Rz. 146

Die Zielsetzung der Kapitalflussrechnung besteht darin, den Adressaten der Rechnungslegung finanzielle Informationen zu vermitteln, die dem Jahresabschluss und dem Lagebericht nicht oder nur mittelbar entnommen werden können. Insbesondere wird beabsichtigt, externe Koalitionsteilnehmer durch die differenzierte Darstellung von Zahlungsgrößen in die Lage zu versetzen, sich über die Möglichkeiten des Unternehmens ein Bild zu verschaffen, Zahlungsüberschüsse zu erwirtschaften, Investitionen zu tätigen, Schulden zu tilgen, Ausschüttungen herzustellen und kreditwürdig zu bleiben. Darüber hinaus sollen Unterschiede zwischen dem Jahresergebnis und Zahlungsvorgängen, die diesem zugrunde liegen, erklärt sowie Auskunft über Auswirkungen von zahlungswirksamen und zahlungsunwirksamen Investitions- und Finanzierungsvorgängen auf die Finanzlage des Unternehmens gegeben werden.[5] Abbildung 23 zeigt die vereinfachte Struktur einer Kapitalflussrechnung nach Maßgabe der indirekten Methode.

 

Rz. 147

Die Prüfung der Kapitalflussrechnung hat sich insbesondere auf die Einhaltung folgender Grundsätze zu erstrecken, wobei auch Plausibilitätsbeurteilungen und Stichprobenprüfungen zum Einsatz kommen können:[6]

  • Nachprüfbarkeit ihrer Ableitung nach der direkten oder indirekten Methode aus dem Finanz- und Rechnungswesen, insbesondere aus dem Jahresabschluss;
  • Stetigkeit in der Abgrenzung des Finanzmittelfonds sowie der Abgrenzung der Cashflows aus Geschäfts-, Investitions- und Finanzierungstätigkeit;
  • Einhaltung der Staffelform und des Bruttoprinzips;
  • Vollständigkeit der Erfassung der Zahlungsströme;
  • Richtigkeit der zeitlichen Abgrenzung und Berechnung der Zahlungsströme;
  • Vorhandensein erforderlicher (Anhang-)Angaben nach DRS 21.17, 21.41 und 21.52 f.
 

Rz. 148

Mit dem Eigenkapitalspiegel wird beabsichtigt, die Ursachen und den Umfang einer Kapitalveränderung, die sich auf die folgenden 3 Bereiche beziehen können, im Einzelnen darzustellen.[7]

  • Kapitaltransaktionen der bzw. mit dem(n) Unternehmenseigner(n),
  • in der laufenden oder früheren Periode(n) entstandene, aber noch nicht an den (die) Unternehmenseigner ausgeschüttete Gewinne sowie
  • erfolgsneutral im Eigenkapital erfasste Bewertungsergebnisse.
 
1. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag
2. +/–Abschreibungen/Zuschreibungen auf Gegenstände des Anlagevermögens
3. +/–Veränderungen der Rückstellungen
4. +/–Veränderungen der sonstigen zahlungsunwirksamen Aufwendungen/Erträge (z. B. Erträge aus der Auflösung passivierter Investitionszuschüsse, Abschreibungen auf Wertpapiere des Umlaufvermögens und auf ein aktiviertes Disagio)
5. –/+ Veränderungen aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens
6. –/+ Veränderungen der Vorräte, der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie anderer Aktiva, die nicht der Investitions- und Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind (z. B. geleistete Anzahlungen für Vorräte, sonstige Vermögensgegenstände, aktive Rechnungsabgrenzungsposten)
7. +/– Veränderungen der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie anderer Passiva, die nicht der Investitions- und Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind (z. B. erhaltene Anzahlungen für Warenlieferungen, sonstige Verbindlichkeiten, passive Rechnungsabgrenzungsposten)
8. = Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit
9. Einzahlungen aus Abgängen (z. B. Verkaufserlöse, Tilgungsbeträge) von Gegenständen des Anlagevermögens (Restbuchwerte der Abgänge, erhöh...

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