3.1 Neugestaltung von Prozessen

Restrukturierung und Prozessoptimierung

Um Gemeinkosten dauerhaft zu verändern, sind tiefgreifende Umgestaltungen der dahinterliegenden Prozesse nötig[1]. Für eine solche Umgestaltung haben sich in der Praxis 2 Vorgehensweisen herausgebildet: eine top down gesteuerte und umfassende Restrukturierung sowie eine teamorientierte und eher inkrementelle Prozessoptimierung.

[1] Zu Ansatzpunkten der Veränderung von Prozessen vgl. Friedl, 2009, S. 205 ff.

3.1.1 Restrukturierung von Prozessen

Die Restrukturierung setzt auf eine umfassende Neugestaltung der Strukturen und Prozesse. Basis und Vorgabe der Restrukturierung sind strategische Entscheidungen – zum Produkt- und Marktportfolio, zur Gestaltung der Wertschöpfung oder Ähnliches. Darauf aufbauend soll die Restrukturierung bestehende Prozesse und Organisationsstrukturen hinterfragen und neue entwickeln, welche es erlauben, den strategischen Vorgaben besser gerecht zu werden[1].

Dieser Ansatz ist primär top down und auf eine wirkliche Neugestaltung gerichtet. Dies unter der Prämisse, dass umfassende Überarbeitungen auch große Leistungssteigerungen erwarten lassen. 3 Probleme gehen mit dieser Vorgehensweise einher:

  • Zu erwartende Widerstände bei Mitarbeitern, die nicht in die Erarbeitung der Neugestaltung eingebunden sind und vor vollendete Tatsachen gestellt werden,
  • Mangel an Wirklichkeitsnähe der erarbeiteten Lösungen aufgrund der Erarbeitung in kleinem Kreis und auf abstrakter Ebene, sodass die erhofften Leistungssteigerungen am Ende nicht eintreten, und
  • Fragwürdigkeit einer völligen Neugestaltung aufgrund der Tatsache, dass auch kleine Änderungen große Wirkungen erzielen können.
[1] Vgl. Grönke, 2005.

3.1.2 Teamorientierte Prozessoptimierung

Die teamorientierte Prozessoptimierung möchte sich bei der Prozessgestaltung das Wissen und die Erfahrung der Mitarbeiter zunutze machen. Durch die Einbindung der Mitarbeiter sollen zudem mögliche Widerstände reduziert werden. Dies setzt allerdings einen geringeren Veränderungsanspruch als bei der Restrukturierung voraus. Der Fokus dürfte damit mehr auf inkrementellen Veränderungen bestehender Prozesse liegen als auf einer aus der Strategie abgeleiteten Neugestaltung "auf der grünen Wiese". Hierfür ist die Einbindung der am bestehenden Prozess bereits mitwirkenden Mitarbeiter allerdings sehr nützlich[1].

[1] Vgl. Becker/Schmidt, 2005.

3.1.3 Beurteilung des Prozesswerts als Hauptproblem

Die Prozesskostenrechnung kann bei der Neugestaltung von Prozessen wichtige Informationen liefern: beispielsweise in der Restrukturierung Informationen über Prozesskostenwirkungen geplanter Neuorganisationen und in der teamorientierten Prozessoptimierung Informationen über die Kosten derzeitiger Prozesse und Kostenwirkungen von Prozessänderungen.

Prozesskosten sind jedoch nur eine Bewertung der in den Prozess gehenden betrieblichen Ressourcen. Auf der Inputseite müssen Zeit- und Qualitätsinformationen hinzukommen, um ein breiteres Bild zu erhalten[1]. Auf der Outputseite setzt die Prozesskostenrechnung als Teil des Gemeinkostenmanagements an der betrieblichen Effizienz an. Wird eine konstante Effizienz angenommen, soll die Neugestaltung die Kosten reduzieren. Meist haben aber Prozessgestaltungen auch Rückwirkungen auf die internen Leistungen oder gar die Marktleistung.

Bei der o. g. Restrukturierung ist dies sogar Teil des Vorgehens. In diesen Fällen greift die Prozesskostenrechnung allerdings zu kurz. Man bräuchte eine Prozess"wert"betrachtung als Verhältnis aus Nutzen zu Kosten[2]. Da sich Wirkungen und Nutzen von Prozessen erheblich schlechter als Kosten und Zeitgrößen standardisiert messen lassen, ist das aber eine bis heute noch nicht gelöste Aufgabe.

[1] Zumindest bzgl. Zeit-Informationen gibt es hier eine Erweiterung, das "time-driven activity-based costing", vgl. Coeners/von der Hardt, 2004.
[2] Vgl. Friedl, 2009, S. 204.

3.2 Prozesskostenrechnung und Prozesssteuerung

Die Prozesskostenrechnung stellt zum einen detaillierte Informationen bereit, um die Kostenentstehung der indirekten Bereiche besser verstehen, planen und ggf. verändern zu können. Zum anderen liefert sie Daten für die mittelfristige Gestaltung der Prozesse für Marktleistungen und die sich anschließende Diskussion über die Wirtschaftlichkeit von Kundenbeziehungen, Produkten und produktnahen Leistungen.

3.2.1 Einsatz in der Gemeinkostenplanung und -steuerung

Neben oder im Anschluss an die Neugestaltung von Prozessen kann die Prozesskostenrechnung auch für eine operative bis mittelfristige Gemeinkostenplanung und -steuerung eingesetzt werden. Eine operative Planung und Budgetierung über Prozesse erlauben eine detaillierte Planung der Aktivitäten und deren Kosten. Damit können unternehmensinterne Ressourcen besser zugewiesen werden, was zu einer höheren Wirtschaftlichkeit beiträgt. Statt beispielsweise der Einkaufsabteilung ein Plankostenbudget zuzuweisen, von dem man mangels Prozessinformationen nicht genau weiß, wofür das Geld verwendet wird, beginnt man mit der Planung der Prozessmengen (s. Abb. 4).

Abb. 4: Operative Planung über Prozessmengen und -kosten[1]

Die Prozessmengen bilden die Leistungen ab, die eine Einkaufsabteilung zu erbringen plant, d. h. beispielsweise die Zahl abgearbeiteter Bestellungen oder durchg...

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