Leitsatz

1. Dem Begriff der "Vermögensverwaltung" kommt umsatzsteuerrechtlich für die Unternehmerstellung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts durch einen "Betrieb gewerblicher Art" keine Bedeutung zu.

2. Gestattet eine Universität als juristische Person des öffentlichen Rechts durch privatrechtlichen Vertrag das Aufstellen von Automaten gegen Entgelt, erbringt sie als Unternehmer steuerbare und steuerpflichtige Leistungen (richtlinienkonforme Auslegung von § 2 Abs. 3 S. 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 1 KStG entsprechend Art. 4 der 6. EG-RL).

3. Überlässt die Universität auf öffentlich-rechtlicher Rechtsgrundlage Personal und Sachmittel gegen Entgelt, ist sie Unternehmer, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (richtlinienkonforme Auslegung von § 2 Abs. 3 S. 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 KStG entsprechend Art. 4 Abs. 5 der 6. EG-RL).

 

Normenkette

§ 2 Abs. 3 UStG 1993, § 4 KStG, Art. 4 der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Eine Hochschule (jPöR) gestattete die Aufstellung von Automaten, erlaubte Bediensteten entgeltlich Personal und Sachmittel für deren Nebentätigkeiten zu verwenden und erhielt hierfür Vergütungen. Das FG war der Auffassung, eine umsatzsteuerbare und -pflichtige Tätigkeit liege bei der Vermögensverwaltung einer jPÖR ebenso wie bei der auf öffentlich-rechtlicher Grundlage ausgeübten Überlassung von Personal und Sachmitteln nicht vor (FG Münster, Urteil vom 11.12.2008, 5 K 6658/03 U, Haufe-Index 2153864, EFG 2009, 1060).

 

Entscheidung

Die Revision des FA führte zur Zurückverweisung. Die wesentlichen Grundsätze ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen. Die durch privatrechtlichen Vertrag entgeltlich gestattete Automatenaufstellung unterlag danach der USt.

Nicht abschließend entscheiden konnte der BFH über die Überlassung von Personal und Sachmitteln gegen – z.T. nur kostendeckendes – Entgelt. Da dies auf öffentlich-rechtlicher Grundlage geschah, waren die Leistungen der jPöR nur dann umsatzsteuerpflichtig, wenn die Nichtbesteuerung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führte. Zum möglichen Vorliegen von Wettbewerbsverzerrungen fehlten Feststellungen des FG.

 

Hinweis

§ 2 Abs. 3 UStG ist nach ständiger Rechtsprechung richtlinienkonform auszulegen; juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) sind daher Unternehmer, wenn sie "wirtschaftlich" tätig sind. Im Hinblick auf die erforderliche richtlinienkonforme Auslegung liegt eine derartige wirtschaftliche Tätigkeit dann vor, wenn die jPöR Tätigkeiten unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie private Wirtschaftsteilnehmer ausübt. Daher ist eine jPöR unternehmerisch (wirtschaftlich) tätig, wenn sie Leistungen gegen Entgelt auf privatrechtlicher Grundlage erbringt und somit nicht im Rahmen der eigens für sie geltenden öffentlich-rechtlichen Regelungen handelt.

Nach der h.M. zum KSt-Recht fällt z.B. die langfristige Vermietung unbeweglichen Vermögens als (bloße) "Vermögensverwaltung" nicht unter § 4 Abs. 1 KStG. Allerdings geht auch der I. Senat des BFH davon aus, dass sich eine jPöR durch ihre Einrichtungen in den allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr einschaltet, wenn sie eine Tätigkeit entfaltet, die sich ihrem Inhalt nach von der Tätigkeit eines privaten gewerblichen Unternehmens nicht wesentlich unterscheidet und deshalb private Unternehmer durch den Wettbewerb mit jPöR Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht benachteiligt werden dürfen (BFH, Beschluss vom 03.02.2010, I R 8/09, BFH/NV 2010, 1045, BFH/PR 2010, 254). Das ist auch bei Vermietungsleistungen der Fall.

Unabhängig davon ist jedoch die Auffassung zum KSt-Recht schon deshalb nicht von Bedeutung, weil § 4 KStG im Rahmen der Verweisung in § 2 Abs. 3 UStG eine USt-Vorschrift und daher umsatzsteuerrechtlich auszulegen ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 15.04.2010 – V R 10/09

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge