Kryptowährungen oder virtuelle Währungen wie z. B. Bitcoin sind kein gesetzliches Zahlungsmittel. Charakteristisch für virtuelle Währungen ist die Idee der nicht staatlichen Ersatzwährung, d. h., im Gegensatz zu den Währungen der Noten- und Geschäftsbanken erfolgt die Schöpfung virtueller Währungseinheiten über private Computernetzwerke.[1] Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) hat virtuelle Währungen in der Tatbestandsalternative der Rechnungseinheiten gem. § 1 Abs. 11 Satz 1 Kreditwesengesetz (KWG) rechtlich verbindlich als Finanzinstrumente qualifiziert. Entsprechend der anderen Finanzinstrumente sind Kryptowährungsbeträge i. S. d. § 23 EStG als Wirtschaftsgut zu behandeln.

Im Zusammenhang mit Kryptowährungen sind diverse digitale Sachverhalte zu unterscheiden. Hiervon abhängig ist auch die einkommensteuerrechtliche Behandlung.

[1] Zur Definition BMF, Schreiben v. 10.5.2022, IV C 1 – S 2256/1910003:001, BStBl 2022 I S. 668, Rz. 1.

8.1 Originärer Erwerb oder Mining

Beim sog. Mining wird die virtuelle Währung erst erzeugt. Dabei ist zwischen dem sog. "proof of work" und dem sog. "proof of stake" zu unterscheiden. Kurz gefasst bedeutet Mining, dass die Betreiber von (Groß-)Rechnern für ihren Einsatz an Rechnerkapazität im Rahmen einer Blockchain – das ist eine dezentrale Datenbank, die eine wachsende Liste von Transaktionsdatensätzen, vergleichbar mit einem dezentral geführten Kassenbuch, beinhaltet – neu geschaffene virtuelle Währungen und Transaktionsgebühren in der jeweiligen virtuellen Währung als Gegenleistung erhalten. Beim "proof of work" ist die Zuteilung von virtueller Währung abhängig von den erzielten Berechnungen. Beim "proof of stake" erfolgt hingegen die Zuteilung abhängig von anderen Faktoren z. B. entsprechend dem bisherigen Bestand an virtueller Währung.[1] Ob die virtuelle Währung beim Mining angeschafft wird, ist strittig.[2] Nach Auffassung der Finanzverwaltung liegt beim Mining eine Anschaffung vor.[3] Die Anschaffungskosten entsprechen dem Marktkurs im Zeitpunkt der Anschaffung der Einheiten der entsprechenden virtuellen Währung (Ableitung aus § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG). Wenn ein Börsenkurs vorhanden ist, ist dieser als Marktkurs zugrunde zu legen. Bei fehlenden Börsenkursen kann ein Kurs von einer Handelsplattform (z. B. Kraken, Coinbase und Bitpanda) oder einer webbasierten Liste (z. B. https://coinmarketcap.com/de) angesetzt werden.[4]

[1] BMF, Schreiben v. 10.5.2022, IV C 1 – S 2256/1910003:001, BStBl 2022 I S. 668, Rz. 13.
[2] Ablehnend Reiter, Nolte BB 2018 S. 1179 ff.
[3] BMF, Schreiben v. 10.5.2022, IV C 1 – S 2256/1910003:001, BStBl 2022 I S. 668, Rz. 33.
[4] BMF, Schreiben v. 10.5.2022, IV C 1 – S 2256/1910003:001, BStBl 2022 I S. 668, Rz. 43.

8.2 Derivativer Erwerb

Typischerweise wird bereits vorhandene virtuelle Währung auf Onlinebörsen, z. B. im Gegenzug für andere virtuelle oder gegen staatliche Währungen, getauscht.

Soweit Kryptowährungen nicht im Betriebsvermögen erworben und veräußert werden, stellen derartige Veräußerungen Tatbestände i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar, wenn der Zeitraum zwischen der Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 1 Jahr beträgt.[1] Werden Euro in eine virtuelle Währung umgetauscht oder erhält der Steuerpflichtige im Tausch eine andere virtuelle Währung, wird damit das Wirtschaftsgut virtuelle Währung angeschafft. Entsprechend der Regelungen zur Anschaffung gilt als Veräußerung die entgeltliche Übertragung des angeschafften Wirtschaftsguts durch Verkauf oder Tausch auf einen Dritten. Der Tausch bzw. Rücktausch von virtueller Währung in Euro oder eine andere virtuelle Währung führt demgemäß zu einer Veräußerung.

Die private Veräußerungsfrist von 1 Jahr beginnt nach jedem Tausch neu.

Strittig ist, ob sich die 1-jährige Veräußerungsfrist gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG auf 10 Jahre erhöht, wenn virtuelle Währung im Wege des sog. "Lending" gegen Entgelt verliehen wird. Der Wortlaut der Vorschrift ist zumindest erfüllt. Die Finanzverwaltung schränkt den Wortlaut dahingehend jedoch ein und geht von keiner Verlängerung aus.[2]

Auf die jeweilige virtuelle Währung einer Sorte sollte nach Auffassung der Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen grundsätzlich die FiFo-Methode Anwendung finden.[3] In § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG ist geregelt, dass bei Anschaffung und Veräußerung mehrerer gleichartiger Fremdwährungsbeträge zu unterstellen ist, dass die zuerst angeschafften Beträge zuerst veräußert wurden. Zwar handelt es sich dem Wortlaut nach bei virtuellen Währungen nicht um Fremdwährungsbeträge, sodass daher bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns von virtueller Währung die Durchschnittsmethode anzuwenden wäre. Aus Vereinfachungsgründen dürfte allerdings die Anwendung der FiFo-Methode auch bei Kryptowährungen zulässig sein, da diese wie Fremdwährung Rechnungseinheiten i. S. d. § 1 Abs. 11 Satz 1 KWG sind und damit Gegenstand von privaten Veräußerungsgeschäften gem. § 23 EStG sein können. Allerdings gilt eine walletbezogene Betrachtung. Nach der Finanzverwaltung ist die gewählte M...

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