Das Produktionscontrolling nutzt derzeit die Plankostenrechnung, um die Kosten im Produktionsbereich zu steuern. Bei fortgeschrittener Digitalisierung ist es denkbar, dass die kostenarten- und kostenstellenbasierte Systemarchitektur der Plankostenrechnung mit ihrer Abfolge von jahresbezogener Kostenplanung, monatlichen Soll-Ist-Vergleichen und fallweiser Initiierung von Steuerungsmaßnahmen von alternativen Konzepten abgelöst wird.

Bedeutungsverschiebung zwischen den Kostenarten

Im Zuge der Digitalisierung ist zu erwarten, dass die Bedeutung der heute schon moderaten Personalkosten in der Produktion weiter merklich schrumpfen wird. Der Fokus der Kostensteuerung wird daher mutmaßlich auf den teils variablen, teils fixen Energie-, Werkzeug- und Instandhaltungskosten liegen.

Wenn Produktionseinrichtungen durch intelligente Softwarelösungen und das Internet of Things in die Lage versetzt werden, sich autonom zu steuern, ist es vorstellbar, dass das neue Steuerungsmodell im Kern aus Kennzahlensystemen besteht, die vorwiegend technisch geprägte Kennzahlen zur Effektivität und Effizienz der Produktionsanlagen (z. B. Gesamtanlageneffizienz, Nutzungsgrad, Mean Time between Failure [MTBF][1]) umfassen. Die Kostenplanung- und -kontrolle wäre dann ein Nebenprodukt im Sinne einer maschinenbezogenen Platzkostenrechnung reloaded.

Automatisierung erlaubt differenzierte Erfassung

Die Funktionsweise der autonomen Steuerung und der sich daraus ableitbaren Platzkostenrechnung soll am Beispiel der Instandhaltungskosten näher erläutert werden. Aufbauend auf Angaben zu Instandhaltungsmaßnahmen, -stücklisten und -arbeitsplänen werden die konkreten Inspektions- und Wartungsarbeiten und deren Intervalle systemseitig ebenso geplant wie die zu erwartenden Instandhaltungskosten. Dabei werden Systeme zur prädiktiven Instandhaltung eingebunden, welche auf Grundlage multikriterieller Simulationen, bei den auch Umgebungseinflüsse wie z. B. Temperatur oder Druck berücksichtigt werden, die Restlebensdauer von Bauteilen einschätzen.[2]

Während der Anlagennutzung erfolgt eine Zustandsüberwachung der Anlagen. Sensoren erfassen verschleißbedingte Veränderungen der Bauteile und leiten sie an Monitoringsysteme weiter. Infolgedessen werden die Instandhaltungspläne systemseitig automatisch überarbeitet und Maßnahmen vorgezogen oder verschoben. Daraus ergibt sich ein Forecast für die aktualisierten Instandhaltungskosten. Werden Instandhaltungsarbeiten durch – häufig externe – Dienstleister durchgeführt, werden die tatsächlich erfolgten Arbeiten, deren Dauer und die ausgetauschten Teile ins System übertragen, woraus sich dann die tatsächlichen Instandhaltungskosten ergeben.

Informationen in Echtzeit

Mittels der maschinengenerierten Plan- bzw. Forecastwerte und den sich aus den tatsächlichen Arbeiten ableitbaren Istwerte können aussagekräftige Soll-/Ist- bzw. Soll-/Forecast-Vergleiche auf Basis von Produktionsanlagen durchgeführt werden. Daraus können sich Vorteile für die Aktualität und die Genauigkeit der Kostensteuerung ergeben. Analysen können in Echtzeit erfolgen und sind nicht mehr an feststehende Abrechnungszyklen gebunden. Zudem erlaubt die maschinenbezogene Steuerung wesentlich detailliertere Aussagen als die kostenstellenorientierte Planung und Kontrolle, da sie auf Ebene der Produktionsanlagen ansetzt und bis auf einzelne Bauteile bzw. Instandhaltungsarbeiten heruntergebrochen werden kann.

[1] Vgl. z. B. Strunz, 2012, S. 630 ff.
[2] Vgl. im Detail Lucke/Defrabceski/Adolf, 2017, S. 75 ff.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge