Rz. 63

Die Ermittlung des Steuerbilanzgewinns bzw. -verlusts der Personenhandelsgesellschaft kann grundsätzlich auf 4 unterschiedliche Arten erfolgen:

  • Das Unternehmen erstellt lediglich einen Jahresabschluss nach handelsrechtlichen Vorschriften und korrigiert den entsprechenden Erfolg bei abweichenden steuerrechtlichen Regelungen außerhalb dieses Rechnungssystems (§ 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV).
  • Das Unternehmen fertigt sowohl einen handelsrechtlichen als auch einen steuerrechtlichen Jahresabschluss (§ 60 Abs. 2 Satz 2 EStDV) an. In diesem Fall erübrigt sich eine externe Korrektur des Handelsbilanzerfolgs, da im Rahmen der Finanzbuchhaltung bereits die relevanten bilanzsteuerrechtlichen Abweichungen buchhalterisch berücksichtigt wurden und mithin der die Gesamthand betreffende Steuerbilanzerfolg vorliegt.
  • Das Unternehmen erstellt nur einen (Einheits-)Jahresabschluss,[1] der sowohl handels- als auch steuerrechtlichen Vorschriften entspricht. Auch in diesem Fall ist eine externe Erfolgskorrektur des Steuerbilanzerfolges bis auf die Berücksichtigung nicht abziehbarer Aufwendungen und steuerfreier Erträge nicht erforderlich, weil bereits in der Finanzbuchhaltung nach Maßgabe steuerrechtlicher Normen gebucht wurde. Allerdings wird die Aufstellung eines Einheits-Jahresabschlusses nur noch in Ausnahmefällen möglich sein, da durch die Aufhebung der umgekehrten Maßgeblichkeit und durch die Änderungen des Bilanzsteuerrechts, die nicht mit den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung korrespondieren (z. B. § 5 Abs. 4a, § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG), eine handels- und steuerrechtlich identische Bilanzierung weitgehend ausgeschlossen ist.
  • Zusätzlich kann auf freiwilliger Basis nach § 325 Abs. 2a HGB ein IFRS-Einzelabschluss erstellt und veröffentlicht werden, der jedoch keine Steuerbemessungsfunktion besitzt, sondern lediglich informatorischen Zwecken dient.

Durch die Aufhebung des Prinzips der umgekehrten Maßgeblichkeit (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EStG a. F.) kommt es zu einer weitgehenden Entkopplung zwischen Handels- und Steuerbilanz. Somit beziehen sich die oben angesprochenen bilanzsteuerrechtlichen Korrekturen auf die folgenden beiden Falltypen:

  • Rückgriff auf Bilanzierungs- und Bewertungsansätze im handelsrechtlichen Jahresabschluss, die bilanzsteuerrechtlich nicht zulässig sind (Durchbrechung des Maßgeblichkeitsprinzips);
  • Inanspruchnahme steuerrechtlicher Wahlrechte, die autonom von der handelsrechtlichen Bilanzierung ausgeübt werden können.
 

Rz. 64

Im Falle der Aufstellung einer separaten steuerrechtlichen Jahresabschlusses wurden die unter den vorstehend angesprochenen Typen zu subsumierenden Korrekturen bereits buchhalterisch vorgenommen, womit der Steuerbilanzerfolg als Saldogröße auf dem Gewinn- und Verlustkonto erscheint. In aller Regel bezieht sich die Erfolgsverteilungsabrede auf das Handelsbilanzergebnis, da diese Maßgröße unter Verfolgung des Ziels der Unternehmenserhaltung als Indikator zur Bemessung der dem Unternehmen maximal entziehbaren Mittel besser geeignet erscheint als der Steuerbilanzgewinn. Aus steuerrechtlicher Sicht sind Differenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz den Gesellschaftern unter Berücksichtigung des vereinbarten Erfolgsverteilungsschlüssels zuzurechnen.[2] Hierdurch besteht die Möglichkeit, dass in einzelnen Perioden die handelsrechtliche Gewinnausschüttung von den der Besteuerung unterworfenen Erträgen abweichen kann. Aufgrund des Zweischneidigkeitsprinzips der Bilanzierung werden sich derartige Differenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz grundsätzlich im Zeitablauf aber wieder ausgleichen.

 

Beispiel 6:

An der AB-OHG mit Sitz in Hamburg sind die Gesellschafter A und B mit jeweils 50 % am Vermögen und am Erfolg des Unternehmens beteiligt. Laut Gesellschaftsvertrag erhält Mitunternehmer A für die Übernahme der Geschäftsführung einen Vorabgewinn von 60.000 EUR. Diese Sondervergütung wurde im Rahmen der Erfolgsermittlung noch nicht gebucht. Der Handelsbilanzgewinn vor Bildung der Gewerbesteuerrückstellung beträgt für das Wirtschaftsjahr (Kalenderjahr) 10 435.000 EUR. Die während des Wirtschaftsjahres geleisteten und bereits verbuchten Gewerbesteuer-Vorauszahlungen belaufen sich auf 90.000 EUR.

Der Handelsbilanzgewinn muss aufgrund der nachstehenden steuerrechtlichen Spezialregelungen korrigiert werden.

  • In der Handelsbilanz wurde gem. § 256 HGB das Wahlrecht ausgenutzt, die Bewertung der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe nach dem Fifo-Verfahren vorzunehmen. Steuerrechtlich ist jedoch gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG als Verbrauchsfolge grundsätzlich nur das Lifo-Verfahren zur Bewertung gleichartiger Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens anzuwenden. Da zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Beschaffungspreise der Stoffe sinken, können in der handelsrechtlichen GuV zusätzliche Aufwendungen i. H. v. 128.000 EUR angesetzt werden. Aufgrund des Wegfalls der umgekehrten Maßgeblichkeit kommt es handels- und steuerrechtlich zu unterschiedlichen Wertansätzen.[3]
  • Ferner ist in der handelsrechtlichen Jahresabschlu...

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