Leitsatz

§ 8b Abs. 3 S. 1 und Abs. 5 S. 1 KStG 2002 i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum StVergAbG vom 22.12.2003 ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

 

Normenkette

§ 8b Abs. 3 S. 1, Abs. 5 KStG 2002 i.d.F. vom 22.12.2003

 

Sachverhalt

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, eine Holdinggesellschaft in der Rechtsform einer GmbH, erzielte im Streitjahr 2005 einen Jahresüberschuss von rund 12 Mio. EUR, in dem im Wesentlichen ein Veräußerungsgewinn von etwa 11,6 Mio. EUR durch Verkauf der von ihr an der Tochtergesellschaft gehaltenen Aktien enthalten war. Zudem erzielte sie aus Beteiligungen Dividendenerträge von rund 700 000 EUR. Ihre mit den Beteiligungen verbundenen Betriebsausgaben beliefen sich dagegen auf lediglich knapp 28 000 EUR.

Das FA rechnete im Rahmen der KSt-Veranlagung nach § 8b Abs. 3 S. 1 und Abs. 5 S. 1 KStG pauschal 5 % der Erträge, mithin insgesamt rund 600000 EUR, dem Gewinn der Klägerin hinzu.

Auf die hiergegen erhobene Klage hat das FG dem BVerfG im konkreten Normenkontrollverfahren die Frage vorgelegt, ob § 8b Abs. 3 S. 1 und Abs. 5 S. 1 KStG insoweit mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist, als typisierend 5 % der Bezüge und Veräußerungsgewinne als nicht abziehbare Betriebsausgaben einkommenserhöhend berücksichtigt werden, ohne dass der Nachweis niedrigerer Betriebsausgaben gestattet ist (FG Hamburg, Beschluss vom 07.11.2007, 5 K 153/06, Haufe-Index 1834599, EFG 2008, 236, ergänzt durch Beschluss vom 17.08.2009, 5 K 275/09).

 

Entscheidung

Das BVerfG hält die Pauschalierungsregeln unter den Gegebenheiten des Streitfalls aus verfassungsrechtlicher Sicht für hinnehmbar.

 

Hinweis

1. § 8b Abs. 1 und 2 KStG befreien bekanntermaßen Dividenden und Veräußerungsgewinne auf der Ebene der beteiligten Kapitalgesellschaft – also in Beteiligungsketten – von der Belastung mit KSt. Auf diese Weise verwirklicht sich das sog. Halbeinkünfte- oder jetzt Teileinkünfteverfahren, das darauf abzielt, wirtschaftliche Doppelbesteuerungen auf der Ausschüttungs- und der Empfängerebene zu vermeiden. Erst dann, wenn der Gewinn die Ebene der Körperschaft verlässt und an eine natürliche Person ausgeschüttet wird, kommt es zur Besteuerung.

2. Aufwendungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen, können nicht zusätzlich ertragsmindernd geltend gemacht werden. Das ergibt sich allgemein aus § 3c EStG und wird für die KSt durch die sog. Schachtelstrafe des § 8b Abs. 3 S. 1 und Abs. 5 KStG mit 5 % der betreffenden Gewinne oder Gewinnanteile pauschal quantifiziert.

3. Das FG Hamburg hielt es nun für verfassungswidrig, jene 5 % in Ansatz zu bringen, wenn der tatsächliche Beteiligungsaufwand deutlich unter jenem Betrag lag, der sich mittels des besagten Vomhundertsatzes berechnete.

Konkret stand einem Veräußerungsgewinn von etwa 11,6 Mio. EUR und Dividendenerträgen von rund 700000 EUR ein tatsächlicher Aufwand von nur knapp 28000 EUR gegenüber; die Pauschalwerte errechneten sich mit insgesamt rund 600 000 EUR. Das FG hatte deswegen das BVerfG im Wege der Normenkontrolle angerufen. Es erkannte einen Gleichheitsverstoß darin, dass typisierend 5 % der Bezüge und Veräußerungsgewinne als nicht abziehbare Betriebsausgaben einkommenserhöhend berücksichtigt werden, ohne dass der Nachweis niedrigerer Betriebsausgaben gestattet ist.

4. Im Ergebnis blieb das ohne Erfolg: Das BVerfG hält die Schachtelstrafen auch bei deutlichem Auseinanderklaffen zwischen Pauschal- und Realwerten im Einzelfall für verfassungsgemäß:

Dass die Beteiligungseinkünfte vom Gesetzgeber nach § 8b KStG grundsätzlich steuerfrei gestellt sind, ändert nichts daran, dass sie gleichwohl die steuerliche Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft erhöhen. Die pauschale Anordnung eines Abzugsverbots für Betriebsausgaben i.H.v. 5 % der Bezüge und Veräußerungsgewinne ändert daran prinzipiell nichts.

Insbesondere verstößt sie nicht zulasten der Steuerpflichtigen gegen den Grundsatz der Folgerichtigkeit. Die 5 %ige Hinzurechnung der Beteiligungseinkünfte bewegt sich daher innerhalb des Gesamtkonzepts des Gesetzgebers für das KSt-Recht.

Der Gesetzgeber hält sich mit der Vorschrift auch innerhalb seiner Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis, um die steuerlichen Behandlung von Beteiligungen zu vereinfachen und Missbräuchen durch das früher übliche sog. Ballooning – das "Steuern" der Gewinnflüsse in der Beteiligungskette – vorzubeugen. Die Einfügung einer sog. "Escape-Klausel", wonach im Fall niedriger Betriebsausgaben die 5 %ige Hinzurechnung auf die tatsächliche Höhe der angefallenen Betriebsausgaben gedeckelt werden könnte, würde dagegen neue Gestaltungs- und Umgehungsmöglichkeiten eröffnen, mit denen das Anliegen des Gesetzgebers einer Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs weithin unterlaufen werden könnte. Der Gesetzgeber darf sich bei der notwendigen Verallgemeinerung gesetzlicher Regelungen grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelu...

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