Leitsatz

Es liegt kein nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG steuerfreier Umsatz vor, wenn für eine Bank, die Geldausgabeautomaten betreibt, Dienstleistungen erbracht werden, die darin bestehen, diese Automaten aufzustellen und zu warten, sie mit Bargeld zu befüllen und mit Hard- und Software zum Einlesen der Geldkartendaten auszustatten, Autorisierungsanfragen wegen Bargeldabhebungen an die Bank weiterzuleiten, die die verwendete Geldkarte ausgegeben hat, die gewünschte Bargeldauszahlung vorzunehmen und einen Datensatz über die Auszahlungen zu generieren.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 8 Buchst. d UStG, Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 6. EG-RL (= EWGRL 388/77)

 

Sachverhalt

Die Klägerin stellte funktionsfähige Geldausgabeautomaten mit Soft- und Hardware, die mit dem Logo der Bank versehen waren, an den vorgesehenen Standorten auf und war für den ordnungsgemäßen Betrieb verantwortlich. Die Klägerin transportierte das ihr von der Bank zur Verfügung gestellte Bargeld zu den Geldausgabeautomaten und übernahm die Bargeldbefüllung der Geldausgabeautomaten. Sie installierte und pflegte die für den ordnungsgemäßen Betrieb der Geldausgabeautomaten notwendige Software. Sie beriet zum laufenden Geldausgabeautomaten-Betrieb.

Benutzte ein Kunde den Geldausgabeautomaten mit seiner Geldkarte zum Geldabheben, wurden bestimmte Daten von dieser Karte mittels einer speziellen Software gelesen. Die Klägerin prüfte diese Daten und versandte auf elektronischem Weg eine Autorisierungsnachricht über die vom Karteninhaber gewünschte Transaktion an den Bankverlag. Der Bankverlag leitete die Autorisierungsanfrage weiter an den betroffenen Bankenverbund, dieser dann an die Bank, die dem Kunden die Geldkarte ausgegeben hatte.

Die kartenherausgebende Bank prüfte die Deckung des Kontos des Kunden und leitete eine entsprechende Genehmigung oder Ablehnung der Anfrage über dieselbe Kette zurück. Die Klägerin erhielt daraufhin innerhalb von Sekunden von dem Bankverlag das Ergebnis der Genehmigungsanfrage. Nach Erhalt dieser Nachricht generierte die Klägerin einen Datensatz über die Geldausgabe und führte im Genehmigungsfall die Geldausgabe am Geldautomaten durch. Im Auszahlungsfall erzeugte die Klägerin zudem einen Datensatz über die Geldausgabe. Den Datensatz übersandte die Klägerin an ihren Auftraggeber, die Bank, als Buchungsinstruktion. Diese Bank spielte die Datensätze unverändert in das System der Deutschen Bundesbank (BBK) ein.

Ein von der Klägerin zudem generierter unveränderbarer (Tages‐)Datenträger enthielt alle Transaktionen des jeweiligen Tages und wurde bei der BBK eingereicht. Die "Einspielung" in das System der BBK erfolgte durch die Bank selbst, da nur Banken Zahlungsverkehrskonten bei der BBK unterhalten können. Aufgrund dieser Einspielung wurden der Erstattungsanspruch des Auftraggebers der Klägerin, der Bank, gegenüber der jeweiligen Bank des Geldautomatenbenutzers auf Erstattung des ausgezahlten Geldbetrags sowie die hierfür angefallenen Gebühren rechtlich bindend festgeschrieben. Mit der Einspielung der Daten wurde darüber hinaus unmittelbar die Verrechnung über die Auszahlung zuzüglich evtl. anfallender Nutzungsgebühren des Geldautomaten zwischen dem Auftraggeber der Klägerin, der Bank, und der die Karten herausgebenden Bank des Kunden gebucht.

Die Klägerin begehrte die Steuerfreiheit ihrer Leistungen. Das FA lehnte dies ab. Demgegenüber war die Klage zum FG erfolgreich (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.10.2014, 6 K 1465/12, Haufe-Index 7560227, EFG 2015, 588). Im Revisionsverfahren richtete der BFH ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH, das zum Urteil Cardpoint führte.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Entscheidung des FG auf und wies die Klage ab. Entsprechend dem in dieser Sache eingeholten EuGH-Urteil liege keine steuerfreie Leistung vor.

 

Hinweis

1. Auf Vorlage durch den BFH hat der EuGH entschieden, dass kein nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der 6. EG-RL steuerfreier Umsatz im Zahlungsverkehr vorliegt, wenn für eine Bank, die Geldausgabeautomaten betreibt, Dienstleistungen erbracht werden, die darin bestehen, diese Automaten aufzustellen und zu warten, sie mit Bargeld zu befüllen und mit Hard- und Software zum Einlesen der Geldkartendaten auszustatten, Autorisierungsanfragen wegen Bargeldabhebungen an die Bank weiterzuleiten, die die verwendete Geldkarte ausgegeben hat, die gewünschte Bargeldauszahlung vorzunehmen und einen Datensatz über die Auszahlungen zu generieren (EuGH, Urteil vom 3.10.2019, C-42/18, Cardpoint, EU:C:2019:­822, BFH/NV 2019, 1486).

2. Dem schließt sich der BFH für die Auslegung von § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG in dem die Rechtssache Cardpoint betreffenden Folgeverfahren an.

3. Die hier angenommene Steuerpflicht verdeutlicht, dass das Outsourcing im Finanzdienstleistungsbereich im Regelfall zu einer Steuerpflicht und damit für den Auftraggeber zu nicht abziehbaren Vorsteuerbeträgen führt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.11.2019, V R 30/19 (V R 6/15)

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