Die eigentliche Grundvorschrift für die Bestimmung des Orts einer Lieferung ist § 3 Abs. 6 UStG. Voraussetzung für die Anwendung dieser Rechtsvorschrift ist, dass der Gegenstand der Lieferung im Zusammenhang mit der Verschaffung der Verfügungsmacht[1] befördert oder versendet wird. Für die Anwendung des § 3 Abs. 6 UStG ist es unerheblich, ob der Lieferer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung befördert oder versendet.

 
Wichtig

Auch Abholung ist eine Beförderung

Eine Beförderung eines Gegenstands liegt immer dann vor, wenn der Gegenstand bewegt wird. Damit ist eine Beförderung auch das einfache Mitnehmen des Gegenstands im Rahmen einer Abhollieferung (sog. Handkauf).[2] Der Ort der Beförderungslieferung ist dort, wo sich der Gegenstand am Anfang der Beförderung befindet.

 
Praxis-Tipp

Wie der Gegenstand befördert wird, ist unerheblich

Für die Feststellung, ob es sich um eine Beförderungs- oder Versendungslieferung handelt, kommt es nicht darauf an, in welcher Art Beförderungsmittel der Gegenstand befördert oder versendet wird und wer dies tut.

Eine Versendungslieferung liegt dann vor, wenn der Gegenstand an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten durch einen selbstständigen Beauftragten befördert wird.[3] In diesem Fall ist der Ort der Lieferung dort, wo der Gegenstand an den Beauftragten übergeben wird.

Wird der Gegenstand der Lieferung am Bestimmungsort noch einer Bearbeitung unterzogen (z. B. Einbau, Fundamentierung oder Abstimmung auf andere Maschinen), handelt es sich nicht um eine bewegte Lieferung, da sich die Warenbewegung auf einen Gegenstand anderer Marktgängigkeit bezieht.

 
Praxis-Beispiel

Ort der Lieferung bei Einbau vor Ort

Elektrounternehmer E liefert eine Turbine an einen Unternehmer in Tschechien. Es ist vereinbart worden, dass die Turbine von E in Tschechien eingebaut und mit den anderen Aggregaten abgestimmt wird.

Es handelt sich nicht um eine Beförderungs- oder Versendungslieferung nach § 3 Abs. 6 UStG, da der Gegenstand der Lieferung noch in Tschechien einer wesensverändernden Bearbeitung unterzogen wird. Damit ist die Lieferung nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG in Tschechien ausgeführt worden und im Inland nicht steuerbar.[4] Allerdings ist dann die Besteuerung im Tätigkeitsland zu prüfen; dies richtet sich aber ausschließlich nach den in dem jeweiligen Bestimmungsland geltenden Rechtsvorschriften ebenso wie die Frage der Steuerschuldnerschaft.

 
Wichtig

Beförderungslieferung auch bei Transport auseinander genommener Gegenstände

Gegenstände, die nur zum Zweck eines besseren Transports auseinander genommen und am Bestimmungsort wieder zusammengesetzt werden, werden im Rahmen von Beförderungs- oder Versendungslieferungen nach § 3 Abs. 6 UStG geliefert, die Lieferung ist dort ausgeführt, wo die Warenbewegung beginnt.[5]

In § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG war bis 31.12.2019 die Definition des Reihengeschäfts enthalten, seit dem 1.1.2020 ist sowohl die Definition des Reihengeschäfts als auch ein Teil der Rechtsfolgen in § 3 Abs. 6a UStG enthalten. Bei einem Reihengeschäft kann immer nur eine Lieferung eine bewegte Lieferung im Rahmen des § 3 Abs. 6 UStG sein. Alle anderen Lieferungen stellen dann unbewegte Lieferungen nach § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG dar.[6]

Dieselben Rechtsfolgen ergeben sich ab dem 1.7.2021 bei den fiktiven Reihengeschäften, die bei Einschaltung einer elektronischen Schnittstelle in die Lieferung von Gegenständen über § 3 Abs. 3a UStG geregelt werden. In diesen Fällen ist über § 3 Abs. 6b UStG bestimmt, dass die Beförderung oder Versendung des Gegenstands der (fiktiven) Lieferung der eingeschalteten elektronischen Schnittstelle zuzurechnen ist. Die Lieferung des ersten Unternehmers stellt dann eine ruhende Lieferung nach § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG dar, die regelmäßig dort ausgeführt ist, wo die Ware sich bei Beginn der Beförderung oder Versendung befindet.[7]

[1] Definition der Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG.
[5] Unschädlich ist auch ein am Bestimmungsort durchgeführter Probelauf (Abschn. 3.12 Abs. 4 UStAE).

2.5.1 Gebrochene Lieferungen

Werden mehrere selbstständige Dritte mit einem Transport beauftragt, liegt eine sog. gebrochene Versendung vor. Für die Beurteilung als Versendung ist insgesamt maßgebend, dass der Lieferer im Zeitpunkt der Übergabe des Gegenstands alles getan hat, dass der Liefergegenstand den schon feststehenden Abnehmer erreicht. Das ist der Fall, wenn der Lieferer den Gegenstand dem selbstständigen Transportunternehmer zur Beförderung an einen weiteren, von ihm beauftragten Transportunternehmer übergibt. Dabei muss der Abnehmer zu diesem Zeitpunkt schon feststehen und den Gegenstand verbindlich bestellt haben, dies muss sich aber nicht zwingend aus den Frachtpapieren ergeben.[1] Die Lieferung gilt schon mit der Übergabe an den ersten selbstständigen Beauftragten als ausgeführt.

Befördert der Lieferer den Liefergegenstand nur teilweise selbst und teilweise dur...

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