Rz. 29

Die für kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften geltenden Erleichterungen bei der Offenlegung können gegenüber den Anteilseignern nicht in Anspruch genommen werden. Nach dieser sog. gespaltenen Publizität[1] bestehen im Verhältnis zu den Gesellschaftern weitergehende Offenlegungspflichten.[2]

 

Rz. 30

Nach § 175 Abs. 2 AktG umfassen die vor der Einberufung der Hauptversammlung in den Geschäftsräumen der Gesellschaft zur Einsicht der Aktionäre auszulegenden Unterlagen auch die nach § 326 HGB nicht offenlegungspflichtigen Unterlagen. Bei der GmbH sind gem. § 42a Abs. 1 Satz 1 GmbHG den Gesellschaftern zum Zwecke der Feststellung der vollständige Jahresabschluss, der Lagebericht und ggf. der Bericht des Aufsichtsrats vorzulegen. Die Erleichterungen der §§ 326, 327 HGB können insofern nicht in Anspruch genommen werden.[3]

 

Rz. 31

Bei der AG ist des Weiteren die Besonderheit des § 131 Abs. 1 Satz 3 AktG zu beachten. Hat eine AG von den Offenlegungserleichterungen nach §§ 266 Abs. 1 Satz 3, 276 oder 288 HGB Gebrauch gemacht, kann jeder Aktionär verlangen, dass ihm in der Hauptversammlung der Jahresabschluss in der Form vorgelegt wird, die er ohne Anwendung dieser Erleichterungen hätte. Diese Rechte stehen dem GmbH-Gesellschafter über § 51a Abs. 1 GmbHG zu.[4]

 

Rz. 32

Werden die größenabhängigen Erleichterungen bei der Aufstellung und bei der Offenlegung in Anspruch genommen, können bei kleinen und mittelgroßen Kapitalgesellschaften mithin folgende Formen des Jahresabschlusses in Betracht kommen:[5]

  • der nach den gesetzlichen Vorschriften unter Berücksichtigung der Erleichterungen nach §§ 266 Abs. 1 Satz 3 (nur kleine Kapitalgesellschaft), 276 oder 288 HGB aufzustellende Jahresabschluss;
  • der unter Inanspruchnahme von Erleichterungen nach §§ 326 (kleine Kapitalgesellschaft) bzw. 327 HGB (mittelgroße Kapitalgesellschaft) offenzulegende Jahresabschluss;
  • bei der AG der auf Antrag eines Aktionärs in der Hauptversammlung nach § 131 Abs. 1 Satz 3 AktG vorzulegende Jahresabschluss in der für große AGs geltenden Form der Aufstellung bzw. bei der GmbH der nach gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen aufzustellende Jahresabschluss.[6]
[1] Zum Begriff vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 2000, § 326 HGB Rz. 32.
[2] Grottel, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 2022, § 326 HGB Rz. 4.
[3] Haller/Hütten/Groß in Handbuch der Rechnungslegung, 5. Aufl., § 326 HGB Rz. 8, § 327 HGB Rz. 8.
[4] Für Kommanditisten gilt § 166 HGB.
[5] Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 2000, § 326 HGB Rz. 34.
[6] Vgl. auch § 51a Abs. 1 GmbHG.

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