Die zentrale und einfachste Begründung für die Offenlegungspflichten resultiert aus der Verknüpfung von Haftungsbeschränkung und Publizität. Der deutsche und europäische Gesetzgeber sind der Auffassung, dass derjenige, der sich einer Rechtsform bedient, die sein unternehmerisches Risiko auf das eingesetzte Eigenkapital beschränkt, auf der anderen Seite akzeptieren muss, dass für die Rechnungslegung und insbesondere für deren Publizität ein schärferer Maßstab gilt.[1]

Offenlegung im Interesse des Gemeinwohls

Es ist ein berechtigtes Interesse Dritter, sich ein Bild von der konkreten Haftungsgrundlage machen zu können. Dabei gilt dieses Interesse nicht nur bei offensichtlichen Haftungsbeschränkungen, die sich aus der Rechtsform ergeben, sondern auch für die Personengesellschaften, bei denen nicht mindestens ein Gesellschafter persönlich haftet. Letzteres wurde mit dem Kapitalgesellschaften und Co.-Richtliniengesetz ab dem Jahr 2000 im HGB verankert und vom Europäischen Gerichtshof mit Beschluss vom 23.9.2004 bestätigt. Angerufen durch 2 deutsche Gerichte,[2] hatte er die Vorabentscheidung getroffen, dass diese Offenlegungspflichten mit den Gemeinschaftsgrundrechten der Berufsfreiheit, der Presse- und Rundfunkfreiheit sowie dem Gleichheitssatz vereinbar sind. Letztlich stehen bei der Offenlegungspflicht die Interessen des Gemeinwohls den Interessen Einzelner gegenüber. Das mit den Offenlegungspflichten bezweckte Ziel, Dritte vor den finanziellen Risiken durch Haftungsbeschränkungen zu schützen, ist ein dem Gemeinwohl dienender Zweck.

Freie Meinungsäußerung und Gleichheitsgrundsatz nicht berührt

Es konnte nicht erkannt werden, dass es sich im Vergleich dazu bei der Offenlegungspflicht um einen unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff handelt. Auch das Recht auf freie Meinungsäußerung wird nicht berührt. Die Offenlegungspflicht reglementiert nicht einen bestimmten Beruf, sondern trifft alle Unternehmen einer bestimmten Gesellschaftsform ohne Zusammenhang mit einer Tätigkeit, die unter die Freiheit der Meinungsäußerung fällt.

Auch ergibt sich nach Meinung des Gerichts kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Der die Ungleichbehandlung rechtfertigende Unterschied liegt darin, dass bei einer GmbH & Co. KG im Sinne des § 264 a HGB im Vergleich zu einer Personengesellschaft mit natürlichem Vollhafter der Gläubiger einem größeren Risiko unterworfen ist, da diese Gesellschaften Dritten eine Sicherheit nur durch das Gesellschaftsvermögen bieten.

Allerdings bestand hier in Deutschland durch den Umstand, dass dieser Verpflichtung nur wenige Unternehmen nachkamen,[3] sehr wohl eine Ungleichheit, die der Gesetzgeber durch eine schrittweise Verschärfung der Sanktionen der Nichtoffenlegung bis hin zur jetzigen Regelung der Prüfung der Offenlegung durch den Betreiber des Bundesanzeigers abzubauen versucht. Es zeigt sich, dass die große Mehrheit der offenlegungspflichtigen Unternehmen ihren Pflichten – teilweise leicht verspätet – nachkommen.[4] Allerdings gab es 2010 noch ca. 144.000 Offenlegungsverweigerer.

Da in den anonymen Märkten die einzelnen Interessenten nicht abschließend zu bestimmen sind, ist jeder Dritte zu schützen. Ein schutzwürdiges Recht oder Interesse muss dabei nicht belegt werden. Aufgrund dieser beiden Vorlageverfahren hatten einige Registergerichte Ordnungsgeldverfahren ausgesetzt, bis der Gesetzgeber aber durch Änderung des Ordnungsgeldverfahrens in § 335 HGB (insbesondere Anerkennung von Unverschuldensumständen) die grundsätzlichen Bedenken ausräumen konnte. Somit ist auch bei diesen Gerichten wieder ein Vorgehen bei fehlender Offenlegung festzustellen.

[1] Vgl. Vgl. BT-Drucks. 14/1806 S. 16; BT-Drucks. 14/2353 S. 26.
[2] LG Essen, Beschluss. v. 25.11.2002, 45 T1/02 und LG Hagen, Beschluss v. 11.2.2003, 23 T 5/01.
[3] Vgl. zu empirischen Untersuchungen zur Publizität von Kapitalgesellschaften Theile/Nitsche, WPg 2006, S. 1141 ff. sowie aktuelle Untersuchungen Grottke et al., DStR 2012, S. 98 ff. und insbesondere die Analyse in der BT-Drucks. 17/5028.
[4] Vgl. BT-Drucks. 17/5028 S. 5.

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