Leitsatz

Gewährt das Finanzamt für die Nachzahlung von Betriebseinnahmen ohne Antrag des Steuerpflichtigen den ermäßigten Steuersatz, führt das nicht zu einem Verbrauch dieser Vergünstigung.

 

Sachverhalt

Die Gemeinschaftspraxis, an der der Steuerpflichtige beteiligt war, erhielt 2006 eine Nachzahlung von der kassenärztlichen Vereinigung. Obwohl die Feststellungserklärung hierfür die Begünstigung der Fünftel-Regelung nannte, gewährte das für den Steuerpflichtigen zuständige Wohnsitzfinanzamt dafür den ermäßigten Steuersatz, der zu einer höheren Steuerersparnis führte als die Fünftel-Regelung. Als der Steuerpflichtige zehn Jahre später seinen Anteil an der Gemeinschaftspraxis verkaufte, versagte ihm das Finanzamt den ermäßigten Steuersatz. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs trete Objektverbrauch auch dann ein, wenn eine Vergünstigung vom Finanzamt ohne Antrag des Steuerpflichtigen und ohne sachliche Rechtfertigung gewährt werde.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied zugunsten des Steuerpflichtigen. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, die von dem Steuerpflichtigen bei einer ohne Antrag gewährten Vergünstigung verlange, dass er den Steuerbescheid mit Einspruch anfechte, sei auf den Urteilsfall nicht anzuwenden. In den vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fällen habe der Steuerpflichtige jeweils Sachverhalte im Sinne der fraglichen Vergünstigung verwirklicht. Im Urteilsfall habe kein Veräußerungsgewinn vorgelegen, für das der ermäßigte Steuersatz hätte in Frage kommen können. Es habe deshalb an einem "verbrauchsfähigen Objekt" im Sinne des ermäßigten Steuersatzes gefehlt.

 

Hinweis

Ob der Bundesfinanzhof die Auffassung des Finanzgerichts bestätigen würde, lässt sich nicht voraussehen. Wenn von den Steuerpflichtigen verlangt wird, den Steuerbescheid wegen einer ungerechtfertigten Vergünstigung anzufechten, um einen Objektverbrauch zu verhindern, lässt sich diese Auffassung auch für die Fälle vertreten, in denen für bestimmte Betriebseinnahmen nur eine andere Vergünstigung in Betracht kam. Anders dürfte es allenfalls aussehen, wenn der Steuerpflichtige die fehlerhafte Behandlung durch das Finanzamt nicht als solche erkennen konnte. In entsprechenden Fällen sollte der Steuerpflichtige sorgfältig überlegen, ob der vom Bundesfinanzhof verlangte Einspruch einzulegen ist, wenn die dadurch "gerettete" Vergünstigung in einem späteren Jahr voraussichtlich zu einer höheren Steuerersparnis (ggf. unter Berücksichtigung von Zinseffekten) führt.

 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 28.11.2018, 2 K 205/17

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