Zusammenfassung

 
Überblick

Das Gebot der Planmäßigkeit gebietet die Abschreibung nach Maßgabe eines Abschreibungsplans, der vor Vornahme der ersten Abschreibung festgelegt werden muss. Für jeden einzelnen Vermögensgegenstand muss vor Beginn der ersten Abschreibung entsprechend dem Grundsatz der Einzelbewertung ein bestimmter Plan aufgestellt werden, der die rechnerischen Grundlagen der jährlichen Abschreibungen enthält. Durch den Abschreibungsplan in Form einer meist per EDV geführten Anlagekartei[1] werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilt, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann. Steuerlich sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die "betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer" zu verteilen.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Das Erfordernis eines Abschreibungsplans ergibt sich aus den §§ 252, 253 Abs. 3 Sätze 1 und 2 HGB. Die maßgebliche steuerrechtliche Norm ist § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG. Verwaltungsseitige Erläuterungen finden sich u. a. in R 7.4 EStR 2012 und H 7.4 EStH 2022.

[1] Thiele/Breithaupt/Kahling/Prigge in: Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 253 HGB Rn. 224; Wohlgemuth/Radde, BilR – eKommentar, § 253 HGB Rn. 215 (Stand: 7.4.2020).

1 Handelsrechtlich muss ein Abschreibungsplan erstellt werden

1.1 Inhalt des Abschreibungsplans

Zur Durchführung einer planmäßigen Abschreibung i. S. d. § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB ist es erforderlich, dass im ersten Jahr der Nutzung ein Abschreibungsplan erstellt wird. Dieser muss Angaben über die

  • Höhe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten,
  • einen eventuellen Restwert,
  • die voraussichtliche Nutzungsdauer sowie
  • die Wahl der Abschreibungsmethode enthalten.[1]

In der Praxis werden diese Daten in der sog. Anlagenkartei erfasst.[2]

Die Restwertangabe ist nur dann erforderlich, wenn nach Ablauf der wirtschaftlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts ein in Relation zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten erheblicher (Veräußerungserlös/Schrottwert ./. Ausbau-, Abbruch- oder Veräußerungskosten) vorliegt. In diesem Ausnahmefall bilden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten vermindert um den Restwert die Bemessungsgrundlage für die planmäßigen Abschreibungen. Dass ein erheblicher Restwert bei der planmäßigen Abschreibung zu berücksichtigen ist, wird überwiegend bejaht.[3]

Nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB muss der Abschreibungsplan die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann. Die Festlegung der Nutzungsdauer ist eine wesentliche Voraussetzung für die Planmäßigkeit der Abschreibungen. Da sich eine Nutzungsdauer nicht exakt vorausbestimmen lässt, muss die geplante voraussichtliche Nutzungsdauer unter Berücksichtigung der besonderen betrieblichen Verhältnisse geschätzt werden. Entscheidend ist die betriebsindividuelle Nutzungsdauer, wie sie sich bei Abschreibungsbeginn voraussehen lässt. Der Kaufmann übersieht seine betrieblichen Verhältnisse am besten. Dadurch ergibt sich ein gewisser Beurteilungsspielraum, gleichwohl die Schätzung nicht willkürlich erfolgen darf. Prinzipiell muss dem Ermessen des Kaufmanns Rechnung getragen werden, es sei denn, die Schätzung liegt außerhalb des angemessenen Schätzungsrahmens.

Die von der Finanzverwaltung veröffentlichten Abschreibungstabellen bieten Hinweise, sind jedoch handelsrechtlich unverbindlich. Sie entbinden nicht von der pflichtgemäßen Prüfung der betriebsindividuell zu erwartenden Nutzungsdauer.[4]

Die Schätzung der Nutzungsdauer hat nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB vorsichtig zu erfolgen. Wegen des Vorsichtsprinzips ist die Nutzungsdauer "im Zweifel" eher kürzer als länger zu schätzen. Das bedeutet aber nicht, unrealistische Nutzungsdauern wider besseres Wissen zu unterstellen. Das Vorsichtsprinzip greift erst dann, wenn ähnlich wichtige Argumente für wie gegen eine bestimmte Nutzungszeit sprechen, ohne dass eine Überlegenheit der Argumente festzustellen ist.[5] Grundsätzlich verlangt der Grundsatz der Vorsicht eine stärkere Berücksichtigung ungünstiger Faktoren und führt damit zu einer kürzeren Nutzungsdauerschätzung. Bei der Nutzungsdauer wird üblicherweise zwischen der technischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Nutzungsdauer unterschieden. Grundsätzlich können alle drei Faktoren bedeutsam sein; maßgebend ist i. d. R. die kürzeste Nutzungsdauer.[6] Deshalb ist i. d. R. von der zu erwartenden wirtschaftlichen Nutzungsdauer und nicht von der ggf. längeren technischen Nutzungsdauer auszugehen. Betriebsinterne Erfahrungswerte können ebenso wie Branchenwerte Anhaltspunkte für eine vernünftigerweise zu erwartende wirtschaftliche Nutzungsdauer sein, eine ggf. längere technische Nutzungsdauer bleibt außer Betracht.[7]

Der Bilanzierende ist an den Abschreibungsplan prinzipiell während der zugrunde gelegten Nutzungsdauer gebunden. Die Beibehaltung des ursprünglichen Abschreibungsplans entspricht dem Grundsatz der Bewertungsstetigkeit. Eine Änderung des Abschreibungsplans ist jedoch zulässig bzw. geboten, wenn sich bessere Erkenntnisse ergeben oder sich die zugrunde gelegten Verhält...

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