Rz. 130

Im Gegensatz zum oben behandelten Zweierverhältnis tritt hier ein Zahlungsempfänger als Beteiligter hinzu, der die Zahlungen, die in einem objektiven Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen stehen, jedoch von einem Dritten beglichen werden, erhält. Als Beispiele wären hier zu nennen:

Ein Sohn nutzt den Pkw seines Vaters für seine gewerbliche Tätigkeit, der Vater trägt die Versicherung des Fahrzeugs, der Sohn will diese Kosten als Betriebsausgaben geltend machen.

Die Kosten der Fensterreparatur in einem von der Schwiegertochter vermieteten Gebäude werden vom Schwiegervater getragen; die Schwiegertochter setzt die Kosten als Werbungskosten zur Ermittlung ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung an.

Zur Anerkennung bzw. Nichtanerkennung dieser Zahlungen als Betriebsausgaben des Steuerpflichtigen werden wiederum verschiedene Argumente bemüht; nämlich[1]

  1. das Kostentragungsprinzip,
  2. der Zuwendungsgedanke und
  3. das Prinzip der sachlichen Veranlassung.
 

Rz. 131

Gegen eine Berücksichtigung von Kosten als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten, die ein Dritter aufgewendet hat, die aber im objektiven Zusammenhang mit der Einkünfteerzielung des Steuerpflichtigen stehen, könnte das sog. Kostentragungsprinzip sprechen, demzufolge nur derjenige berechtigt ist, Betriebsausgaben geltend zu machen, der sie wirtschaftlich auch getragen hat. Diese Auffassung wurde insbesondere in der früheren Rechtsprechung[2] vertreten; allerdings ist mittlerweile für die Anerkennung von Betriebsausgaben die Frage der Kostentragung und der letztendlichen finanziellen Belastung unerheblich. Betriebsausgaben liegen daher auch in Fällen vor, in denen Verbindlichkeiten mit einem geschenkten Geldbetrag beglichen werden oder ein Dritter direkt an den Gläubiger leistet und nicht erst im Wege der Schenkung den Geldbetrag auf den Schuldner überträgt.[3] Der aktuellen Rechtsprechung und Finanzverwaltung folgend, werden neben den Fällen des abgekürzten Zahlungswegs, in denen ein Dritter lediglich eine vom Steuerpflichtigen begründete Verbindlichkeit begleicht, auch die Fälle des abgekürzten Vertragswegs anerkannt, in denen ein Dritter zusätzlich als Vertragspartner auftritt.[4] So hat der BFH in seinem Urteil vom 15.11.2005[5] dem Abzug von Werbungskosten im Zuge eines abgekürzten Vertragsweges zugestimmt. In dem entschiedenen Fall hatte ein Steuerpflichtiger Erhaltungsaufwand bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht, obwohl der Vater des Steuerpflichtigen den Werkvertrag zur Verrichtung der Erhaltungsaufwendungen in eigenem Namen abschloss und auch die vereinbarte Vergütung leistete.

Für den Fall, dass ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen betrieblichen PKW, dessen Kosten der Arbeitgeber in Gänze selbst übernimmt, auch zur Privatnutzung sowie zur Erzielung anderer Einkünfte überlässt, und der Arbeitnehmer den so erlangten geldwerten Vorteil nach der sog. 1-%-Regelung versteuert, hat der BFH den Betriebsausgabenabzug beim Arbeitnehmer nach den Grundsätzen des abgekürzten Zahlungs-/Vertragswegs hingegen abgelehnt.[6]

 

Rz. 132

Wie im Fall der bereits behandelten AfA-Berechtigung bei unentgeltlicher Nutzung eines Vermögensgegenstands kommt auch bei Aufwendungen in Form gegenwärtiger Auszahlungen der Zuwendungsgedanke zum Tragen, mit dem Unterschied, dass die Aufwendungen im Zahlungszeitpunkt Gegenstand der Zuwendung sind. Übernimmt also der Dritte eine Verbindlichkeit des Steuerpflichtigen, so könnte man darin eine ggf. schenkungsteuerpflichtige Zuwendung des Betrags durch den Dritten an den Steuerpflichtigen sehen.[7] Zur Abkürzung des Zahlungswegs hat ein Dritter, der dem Steuerpflichtigen einen Geldbetrag zukommen lassen will, dessen Verbindlichkeiten beglichen. Voraussetzung ist jedoch, dass diese Aufwendungen vom Dritten freiwillig oder auf der Grundlage einer freiwillig begründeten Rechtspflicht übernommen wurden.[8] In mehreren Fällen wurde der Zuwendungsgedanke auch von der Rechtsprechung[9] aufgegriffen und bejaht.

 

Rz. 133

Für die Argumentation auf der Grundlage des Prinzips der sachlichen Veranlassung, die für das Vorliegen von Betriebsausgaben eine sachliche Zuordnung der Aufwendungen zur Einkünfteerzielung des Steuerpflichtigen als ausreichend und eine persönliche Zurechnung dagegen als entbehrlich erachtet, kann auf die vorherigen Ausführungen bezüglich des Drittaufwands im Zweierverhältnis verwiesen werden.

[1] Vgl. Weber-Grellet, in Herzig u. a., Steuerberater-Jahrbuch 1995/96, 1996, S. 193 f.
[3] Vgl. Loschelder, in Schmidt, EStG, 39. Aufl. 2020, § 4 EStG Rz. 500 ff., der in Rz. 502 wörtlich (dort mit Abkürzungen versehen) ausführt: "Der Steuerpflichtige kann Betriebsausgaben aus (betrieblichen und privaten) eigenen oder fremden Mitteln bestreiten, die er sich wiederum entgeltlich (Darlehen) oder unentgeltlich beschaffen kann (Schenkung, Erbschaft)."

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