Rz. 107

Im Fall einer Anerkennung von Nutzungen als einlagefähige Wirtschaftsgüter[1] stellt sich das Problem des Drittaufwands nicht; eine Einlage würde sogar die Bewertung zum Teilwert[2] zulassen;[3] die Berücksichtigung der AfA könnte durch einen entsprechenden Wertansatz erfolgen. Eine solche Einlagefähigkeit von Nutzungen wird auch im Zusammenhang mit der abstrakten Vorstellung einer Herstellung von Nutzungen konstruiert: "Sieht man in der Begründung eines Nutzungsrechts die Abspaltung eines selbstständigen Eigentumssplitters, der dann in den Betrieb eingebracht wird, könnte das als Herstellung der Nutzungsmöglichkeit bezeichnet werden".[4] Einen ähnlichen, wenn auch nicht ganz so umfassenden Weg geht der Vorschlag einer Aufwandseinlage. Die Argumentation baut darauf auf, dass Nutzungsvorteile mangels Qualifikation als Wirtschaftsgut nicht eingelegt werden können und der BFH[5] daher eine Einlage i. H. d. Werts der Nutzung ablehnt. Dagegen wird festgestellt, dass "bei der betriebsfremden Nutzung von Betriebsvermögen nicht der Wert der Nutzung, sondern der durch sie verursachte Aufwand als entnommen angesehen"[6] wird. Aus dieser Anerkennung einer Aufwandsentnahme bei betriebsfremder Nutzung betrieblicher Wirtschaftsgüter wird dann die Zulässigkeit (und Notwendigkeit) einer Aufwandseinlage bei betrieblicher Nutzung fremder Wirtschaftsgüter abgeleitet.[7]

 

Rz. 108

Sehr viel weiter geht eine Rechtfertigung des Drittaufwands auf der Grundlage des Prinzips der sachlichen Veranlassung,[8] das im Wesentlichen auf einer wörtlichen Auslegung der §§ 2, 4 und 11 EStG beruht. Gem. § 2 Abs. 1 EStG unterliegen der Einkommensteuer persönlich zuzurechnende Einkünfte, "die der Steuerpflichtige … erzielt", wohingegen in Abs. 2 der Vorschrift lediglich der rein objektive, also nicht personenbezogene "Gewinn" und der "Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten" genannt wird. Einen analogen Fall hierzu stellt § 11 EStG mit den Abs. 1 und 2 dar; auch hier ergibt eine wörtliche Auslegung der Vorschrift, dass die Einnahmen zwar personell zugerechnet werden, die Ausgaben jedoch vor einem sachlichen Hintergrund zu sehen seien. Die vorgestellten Argumentationen sind nach Ansicht des BFH[9] jedoch untauglich. Auch in der Literatur[10] wird zu Recht festgestellt, dass lediglich die Aufwendungen des Steuerpflichtigen gemeint sein können, folglich nicht eine wörtliche, sondern teleologische Auslegung der Vorschriften ihren Niederschlag finden müsse. Auch nach Ansicht von Weber-Grellet[11] rechtfertigt die Tatsache, dass in § 4 Abs. 4 EStG lediglich von "Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind", die Rede ist, keine Unbeachtlichkeit des § 2 Abs. 1 EStG. Das EStG sei in erster Linie personenbezogen, für eine interpersonelle Zuordnung von Aufwendungen bestehe kein Anlass; diskussionswürdig sei hingegen die Frage, inwieweit auf dieser Argumentationslinie bei Objekt- und Realsteuern Drittaufwand anerkannt werden könne.

 

Rz. 109

Die Ablehnung des Prinzips der sachlichen Veranlassung bedeutet jedoch nicht, dass bei einer rein persönlichen Zurechnung von Einkünften Drittaufwand unberücksichtigt bleiben muss. Die Aufwendungen eines Dritten müssen jedoch dem Steuerpflichtigen eindeutig zugerechnet werden können: "Drittaufwand kann daher nur in Form von durch den Dritten geleisteten Eigenaufwand des Steuerpflichtigen anerkannt werden."[12] Dies führt zu einer Abgrenzungsproblematik von Eigenaufwand und Drittaufwand, die besonders bei abschreibungsfähigen Wirtschaftsgütern schwierig zu lösen ist.[13]

 

Rz. 110

In seiner Entscheidung vom 12.2.1988,[14] dem sog. Arbeitszimmer-Urteil, hatte der VI. Senat des BFH einem als Lehrer angestellten Ehemann, der in einem den Ehegatten je zur Hälfte gehörenden Einfamilienhaus ein Arbeitszimmer allein nutzte, den vollen auf diesen Raum entfallenden AfA-Betrag als Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit zugesprochen, und zwar ohne Rücksicht auf den halben Miteigentumsanteil der Ehefrau.[15] Begründet wurde dies mit der Tatsache, dass nach § 21 Abs. 3 EStG die Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit denen aus Vermietung und Verpachtung im Rang vorgingen und entsprechend diesem Rangverhältnis die Werbungskosten aus nicht selbstständiger Arbeit diejenigen aus Vermietung und Verpachtung verdrängten. Diese Zuordnung der AfA erfolgte "aus der Erkenntnis, dass bei gemeinschaftlichem Bruchteilseigentum die Sache selbst (hier das Haus) weder real noch ideell – also auch nicht bezüglich des Arbeitszimmers – geteilt wird. Geteilt wird nur die Rechtszuständigkeit am gemeinschaftlichen Gegenstand".[16] Danach war jedoch fraglich, ob die hier entwickelten Grundsätze auch für gewerbliche Einkünfte und solche aus selbstständiger Arbeit gelten sollen.

 

Rz. 111

Eine Klärung versprach man sich durch einen Beschluss des BFH.[17] Im vorliegenden Sachverhalt waren die klagenden Eheleute je zur Hälfte Eigentümer eines bebauten Grundstücks, auf welchem sich neben der selbstgenutzten Wohnung di...

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