Leitsatz

Sind Indizien für ein vorgefertigtes Konzept, das zur Annahme eines Steuerstundungsmodells i. S. d. § 15b Abs. 1 EStG vorliegen muss, nicht nachweisbar, lässt sich ein solches nicht allein durch das in einer Vielzahl bekannt gewordener Fälle erfolgte Anstreben eines Steuervorteils unterstellen.

 

Sachverhalt

Die fünf Kläger haben sich mit Gesellschaftsvertrag als atypisch stille Gesellschafter an der R-GmbH beteiligt. Die atypisch stille Gesellschaft wurde auf 10 Jahre befristet, wandelt sich aber in eine solche von unbestimmter Dauer um, wenn keine der Vertragsparteien gegenüber den anderen Vertragsparteien längstens drei Monate vor Fristablauf erklärt, das Gesellschaftsverhältnis nicht fortsetzen zu wollen. Ein Ausscheiden aus der atypisch stillen Gesellschaft soll nach fristgerechter Ankündigung zum Ende eines Geschäftsjahres möglich sein.

Nach dem Teilrücktritt der R-GmbH bestanden noch Einlageverpflichtungen der Kläger, die sie im Rücktrittsjahr geleistet hatten. Die R-GmbH hatte diese Einlagen ebenfalls in diesem Jahr i. R. ihres satzungsgemäßen Geschäftsgegenstandes in Rohstoffe (Schrott) investiert.

Für den Zweck der Ermittlung des besonderen Steuersatzes nach § 32b EStG ermittelten die Kläger nach ihrer Wahl den aus ihrer Beteiligung an der R-GmbH herrührenden, in Deutschland steuerfreien Teil des Einkommens nach der Gewinnermittlungsvorschrift des § 4 Abs. 3 EStG. Für die Kläger ergaben sich große Verluste. Unter Vorlage der Gewinnermittlung reichten die Kläger beim Finanzamt eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für die R-GmbH & atypisch still ein. Es erließ einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Absatz 4 EStG. In diesem Bescheid wurden zunächst festgestellt: "Einkünfte aus Gewerbebetrieb / Nach DBA steuerfreie Einkünfte (ohne Betriebsstätteneinkünfte) / Laufende Einkünfte, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen". Zudem enthielt der Bescheid für jeden Kläger eine Feststellung: "Verrechenbarer Verlust i.S.d. § 15b EStG (nach DBA steuerfrei)."

Nach Klageerhebung gegen den Bescheid erließ das Finanzamt einen weiteren Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Absatz 4 EStG. In ihm sind insgesamt nur noch Einkünfte aus Gewerbebetrieb und entsprechend niedrigere Verluste für die einzelnen Kläger ausgewiesen. Die Feststellung "Verrechenbarer Verlust i.S.d. § 15b EStG (nach DBA steuerfrei)" wiederholt jedoch wieder die ursprünglich ausgewiesenen Einzelverluste.

Die Kläger wenden sich gegen die Feststellungen des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG mit einer Sprungklage. Sie sind der Meinung, der aufgrund ihrer Beteiligung an der R-GmbH erzielte, nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte Verlust sei i. R. d. Ermittlung des besonderen Steuersatzes nach § 32b EStG sogleich zu berücksichtigen. Deshalb seien die Bescheide nach § 15b Abs. 4 EStG, wonach der Verlust bloß verrechenbar ist und deshalb in Folgebescheiden die nach DBA steuerfreien, dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte der Kläger mit Null anzusetzen sind, rechtswidrig. § 15b Abs.1 EStG sei nicht einschlägig. Der Kläger habe sich an keinem Steuerstundungsmodell beteiligt.

 

Entscheidung

Vor Gericht hatten die Kläger Erfolg. Die Bescheide nach § 15b Abs. 4 EStG seien rechtswidrig, entschieden die Richter.

§ 15b Abs. 4 Satz 1 EStG begründet die Befugnis des Finanzamts, einen nach § 15b Abs. 1 EStG nicht ausgleichsfähigen Verlust gesondert festzustellen. Nicht ausgleichsfähig im Sinne von § 15b Abs. 1 EStG ist ein Verlust, der im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell entstanden ist. Ein Steuerstundungsmodell liegt immer dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten wird, zumindest in der Anfangsphase der Investition die prognostizierten Verluste mit übrigen positiven Einkünften zu verrechnen (BT-Drucksache 16/107 S. 6). Die Richter konnten nicht erkennen, dass die Steuervorteile, die die Kläger für das Streitjahr zu erlangen suchen und im Erfolgsfall den Klägern mit Wahrscheinlichkeit dauerhaft verbleiben, auf einem derartigen vorgefertigten Konzept beruhen.

Die Gesetzesbegründung nennt Indizien für das Vorliegen eines vorgefertigten Konzepts. Sie werden in der Vermarktung durch einen Anlegerprospekt oder in vergleichbarer Form und in einer Bündelung von Verträgen oder Leistungen durch einen Anbieter gesehen. Diese Indizien seien im Streitfall nicht nachweisbar gewesen.

Zwar könne angenommen werden, dass die Kläger vorrangig eine kapitalmäßige Beteiligung ohne Interesse an einem Einfluss auf die Geschäftsführung anstrebten. Anders als die Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 16/107 S. 7) und ihm folgend die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 17.7.2007, BStBl 2007 I S. 542 Tz. 7) vermochte das Gericht diesem Umstand allein aber kein...

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