Wichtigste Fallgruppe der Nutzungsrechte an Grundstücken ist der Nießbrauch.[1] Der Nießbrauch stellt grundsätzlich ein umfassendes dingliches Nutzungsrecht dar und entsteht durch Einigung und Eintragung im Grundbuch.[2] Fehlt die Grundbucheintragung, entsteht ein obligatorisches Nutzungsrecht, wenn durch einen bürgerrechtlich wirksamen Nutzungsvertrag eine schuldrechtlich gesicherte Position begründet und diese auch tatsächlich durchgeführt wird.[3]

Der Nießbrauch ist das unvererbliche und unveräußerliche Recht, sämtliche Nutzungen einer Sache zu ziehen.[4] Nutzungen sind nach § 100 BGB die Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt.

Der Nießbrauch verleiht dem Berechtigten gegenüber jedermann die Befugnis, das Grundstück in Besitz zu nehmen, es zu verwalten und zu bewirtschaften und die Nutzungen daraus zu ziehen.[5] Mit dem Tod des Nießbrauchsberechtigten erlischt das Nießbrauchsrecht. Die Ausübung des Nießbrauchs kann auch einem anderen überlassen werden.[6]

Nach § 577 BGB tritt der Nießbraucher in die Rechtsstellung des Eigentümers als Vermieter ein. Die Ausgestaltung eines Nießbrauchs als Bruttonießbrauch beeinträchtigt die Vermieterstellung eines Nießbrauchers grundsätzlich nicht.[7] Es handelt sich dabei um einen Nießbrauch, bei dem sich der Nießbrauchsbesteller verpflichtet, die den Nießbrauchsberechtigten nach §§ 1041, 1045, 1047 BGB treffenden Kosten und Lasten zu tragen, sodass dem Nießbraucher die Bruttoerträge verbleiben.

Mietzahlungen sind an den Nießbraucher zu leisten. Vertreten Eltern ihre minderjährigen Kinder, müssen die Willenserklärungen im Namen der Kinder abgegeben werden.[8] Ein Quotennießbrauch liegt vor, wenn dem Nießbraucher ein bestimmter Anteil an den Einkünften des Grundstücks zusteht; ein Bruchteilsnießbrauch liegt vor, wenn der Nießbrauch an einem Bruchteil eines Grundstücks bestellt wird. Mietzahlungen auf ein gemeinsames Konto beeinträchtigen die Vermieterstellung des Quotennießbrauchers oder Bruchteilsnießbrauchers nicht, wenn sichergestellt ist, dass der anteilige Überschuss in die alleinige Verfügungsmacht des Nießbrauchers gelangt.

Der Nießbraucher ist verpflichtet, für die Erhaltung des Grundstücks in seinem wirtschaftlichen Bestand zu sorgen und die gewöhnlichen Unterhaltungskosten zu tragen[9] sowie das Grundstück gegen Brand und sonstige Unfälle zu versichern.[10] Der Nießbraucher hat darüber hinaus die auf dem Grundstück ruhenden privaten und öffentlichen Lasten (z. B. Grundsteuer) zu tragen.[11] Zu den privaten Lasten gehören vor allem die Zinsen der Hypothekenforderungen und Grundschulden (ohne Tilgungsbeiträge) sowie die aufgrund einer Rentenschuld zu entrichtenden Leistungen.

Der Nießbraucher hat dem Eigentümer unverzüglich Anzeige zu erstatten[12], wenn der Sache Gefahr droht oder wenn außergewöhnliche Instandsetzungsarbeiten notwendig werden, für die der Nießbraucher nicht die Kosten zu tragen hat. Er ist berechtigt, die außergewöhnlichen Instandsetzungsarbeiten auch selbst vorzunehmen.[13] Der Eigentümer ist zum Ersatz verpflichtet.[14]

Hat der Nießbraucher das Gebäude oder eine Wohnung in Ausübung seines Nießbrauchsrechts an den Eigentümer vermietet, so kann darin die Rückgängigmachung des Nießbrauchs oder ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten[15] liegen. Bestellen Eltern ihrem Kind einen befristeten Nießbrauch an einem Grundstück und vermietet das Kind den Grundbesitz anschließend an die Eltern zurück, stellt eine solche Gestaltung regelmäßig einen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten i. S. d. § 42 AO dar.[16] Eine missbräuchliche Gestaltung kann auch in der Unkündbarkeit eines in zeitlichem Zusammenhang mit der Nießbrauchsbestellung mit dem Nießbrauchsbesteller vereinbarten Mietverhältnisses oder darin liegen, dass die Dauer eines befristeten Nießbrauchs auf die Unterhaltsbedürftigkeit des Nießbrauchers abgestimmt ist.

 
Hinweis

Dingliche und obligatorische Nutzungsrechte

Zu den Nutzungsrechten gehört auch das dingliche Wohnrecht.[17] Es stellt das im Grundbuch eingetragene Recht dar, ein Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung zu benutzen.

Nießbrauch und dingliches Wohnrecht sind von den obligatorischen Nutzungsrechten abzugrenzen. Diese gelten als relative Rechte nur zwischen den Vertragsparteien. Hauptfälle sind Miete, Pacht und Leihe. Das Steuerrecht nimmt diese Unterscheidung nicht vor. Die Finanzverwaltung nimmt der Rechtsprechung[18] folgend eine weitgehende Gleichstellung von dinglichen und obligatorischen Nutzungsrechten vor.

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