Zusammenfassung

 
Überblick

Die Einräumung eines Nießbrauchs gewährt dem Nießbraucher das Recht, eine bestimmte Sache zu gebrauchen und die Nutzungen daraus, z.  B. in Form von Mieten oder Zinsen, zu ziehen. In der Besteuerungspraxis ist der Nießbrauch an Grundstücken die wohl am häufigsten anzutreffende Nießbrauchsart. Dabei ist zu beachten, dass die Vereinbarung eines Nießbrauchs häufig nicht in erster Linie aus steuerlichen Gründen erfolgt, sondern aus familiären Gründen, insbesondere im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge oder Erbregelung getroffen wird. Leider werden dabei die steuerlichen Rechtsfolgen meist nicht oder nicht hinreichend bedacht, sodass sich häufig nicht gewollte steuerliche Ergebnisse einstellen.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Der Begriff des Nießbrauchs als Nutzungsrecht ist im Einkommensteuergesetz nicht geregelt, sondern ist rein zivilrechtlicher Natur. Die zivilrechtlichen Rechtsgrundlagen finden sich in §§ 1030 ff. BGB. Ertragsteuerlich folgt aus einer wirksamen Nießbrauchsvereinbarung, dass ein zur Einkunftserzielung führendes Nutzungsrecht vorliegt, an das die Besteuerung (bei Grundstücken nach § 21 Abs. 1 EStG) anknüpft.

1 Nießbrauch an Grundstücken des Privatvermögens

1.1 Zuwendungsnießbrauch

Im Fall des Zuwendungsnießbrauchs bestellt der Eigentümer des Grundstücks einem Dritten, z.  B. einem nahen Angehörigen, ein Nießbrauchsrecht an seinem Grundstück. Die Rechtsbestellung kann entgeltlich, teilentgeltlich oder unentgeltlich erfolgen.

1.1.1 Entgeltliche, teilentgeltliche und unentgeltliche Rechtsbestellung

Eine entgeltliche Rechtsbestellung liegt vor, wenn der Wert des Nießbrauchs und der Wert der Gegenleistung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen sind. Bei nicht miteinander verwandten oder durch sonstige Beziehungen miteinander verbundenen Personen ist bei einer Entgeltvereinbarung davon auszugehen, dass der Wert des Nießbrauchs und der Wert der Gegenleistung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten abgewogen sind. Ansonsten ist von einer teilentgeltlichen Rechtsbestellung auszugehen, d.  h. der Vorgang ist in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen.[1]

Ist der Wert der Gegenleistung jedoch im Verhältnis zum Wert des Nießbrauchs so bemessen, dass bei Zugrundelegung einer zwischen Fremden üblichen Gestaltung nicht mehr von einer Gegenleistung ausgegangen werden kann, liegt ein unentgeltlich bestellter Nießbrauch vor. Die Finanzverwaltung geht hiervon regelmäßig dann aus, wenn der Wert der Gegenleistung weniger als 10 % des Werts des Nießbrauchs beträgt.[2]

1.1.2 Unentgeltlich bestellter Nießbrauch

Die i.  d.  R. zwischen nahen Angehörigen anzutreffende unentgeltliche Nießbrauchsbestellung führt zum Übergang der Nutzungsbefugnis auf den Nießbraucher. Bei einem vermieteten Grundstück tritt der Nießbraucher in die Rechtsstellung des Eigentümers als Vermieter ein.[1] Dies hat zur Folge, dass die Einkunftserzielung und damit auch die Möglichkeit des Werbungskostenabzugs allein beim Nießbraucher liegen.

Räumt der Eigentümer eines vermieteten (Mietwohn-)Grundstücks einem Dritten ein entgeltliches Nießbrauchsrecht an dem Grundstück ein, so hat der Eigentümer das für die Bestellung des Nießbrauchsrechts gezahlte Entgelt grundsätzlich im Jahr des Zuflusses bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu versteuern. Die dingliche Natur des Nießbrauchsrechts steht der Zurechnung des Entgelts zu den steuerpflichtigen Einnahmen nicht entgegen, da die Begriffe "Vermietung" und "Verpachtung" einkommensteuerlich weit auszulegen sind und auch wirtschaftlich vergleichbare Nutzungsüberlassungen einschließen.[2]

Sind dem Nießbraucher die Einnahmen zuzurechnen, kann er Werbungskosten, insbesondere Erhaltungsaufwand geltend machen, soweit er kraft der Vereinbarung oder der Regelung des Gesetzes die Lasten zu tragen hat. Da die gesetzlichen Regelungen zur Lastenverteilung vertraglich abdingbar sind, ist es steuerlich von Vorteil, die Lastentragung möglichst beim Nießbraucher anzusiedeln. Außerdem ist zu beachten, dass die gleichmäßige Verteilung von größerem Erhaltungsaufwand auf 2–5 Jahre bei einem überwiegend Wohnzwecken dienenden Gebäude nach § 82b EStDV möglich ist.

 
Hinweis

Ende des Nießbrauchs vor Ablauf des Verteilungszeitraums

Endet der Nießbrauch, z.  B. weil der Nießbraucher verstirbt, vor Ablauf des Verteilungszeitraums, darf der Nießbraucher den noch nicht berücksichtigten Teil des Erhaltungsaufwands nur noch im Jahr der Beendigung des Nießbrauchs abziehen. Die von einem Nießbraucher geleisteten Aufwendungen sind nach seinem Tod in der für ihn durchzuführenden Veranlagung zu berücksichtigen, d.  h. der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, eine spätere Verteilung nach § 82b EStDV vorzunehmen.[3] So sieht das auch der BFH. Hat der die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielende Nießbraucher größere Erhaltungsaufwendungen nach § 82b EStDV auf mehrere Jahre verteilt und wird der Nießbrauch durch den Tod des Nießbrauchers innerhalb des Verteilungszeitraums beendet,...

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