vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VI R 15/12)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verrechnung von rückwirkend festgesetztem Kindergeld mit von Sozialhilfeträgern geltend gemachten Erstattungsansprüchen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ist das Kindergeld dem Einkommen des Hilfeempfängers zuzuordnen, handelt es sich um eine mit der HLU gleichartige oder vorrangige Leistung
  2. Bezieht der Hilfeempfänger Kindergeld, ist dieses bei z. B. bei der Ermittlung der HLU als Einkommen i. S. des § 76b BSHG anzurechnen und mindert dementsprechend die HLU.
  3. Wird rückwirkend Kindergeld festgesetzt, kann der Sozialleistungsträger das Kindergeld erstattet verlangen.
  4. Zur Frage der Anrechnung (nachträglich) festgesetzten Kindergeldes als Einkommen auf gemäß den Bestimmungen des BSHG, des AsylbLG sowie des SGB II gewährte Sozialleistungen im Rahmen auf § 74 Abs. 2 EStG gestützter Erstattungsansprüche von Sozialleistungsträgern.
 

Normenkette

EStG § 62 ff., § 74 Abs. 2; BSHG § 76; AsylbLG §§ 2, 9

 

Streitjahr(e)

2004, 2005, 2006, 2007, 2008

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 05.06.2014; Aktenzeichen VI R 15/12)

BFH (Beschluss vom 17.04.2013; Aktenzeichen VI R 15/12)

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Verrechnung von rückwirkend festgesetztem Kindergeld mit von Sozialhilfeträgern geltend gemachten Erstattungsansprüchen.

Die Klägerin, die die kroatische Staatsangehörigkeit besitzt, beantragte im August 2004 unter Vorlage einer Haushaltsbescheinigung für ihre drei Kinder A – geboren am 13. März 1984, B – geboren am 20. August 1985 – sowie C – geboren am 19. August 1987 – die Bewilligung von Kindergeld. Dies lehnte das damals zuständige Arbeitsamt mit Bescheid vom 31. August 2004 ab.

Im Oktober 2004 beantragte die Klägerin, ebenfalls unter Vorlage einer Haushaltsbescheinigung aus Oktober 2004, erneut die Festsetzung von Kindergeld. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 18. November 2004, der unter dem 25. November 2004 nochmals abgesandt worden war, bestandskräftig abgelehnt.

Unter Hinweis auf einen veränderten ausländerrechtlichen Status stellte die Klägerin im Februar 2008 bei der beklagten Agentur für Arbeit – Familienkasse – einen Antrag auf (auch rückwirkende) Festsetzung von Kindergeld.

Noch bevor über diesen Antrag entschieden worden war, wandte sich der Arbeitsmarktservice im Landkreis X unter dem 14. März 2008 an die beklagte Agentur für Arbeit und machte gemäß den §§ 102 ff des Sozialgesetzbuches (SGB) X einen Ersatzanspruch auf die Nachzahlung des Kindergeldes geltend und führte in diesem Zusammenhang aus:

„Frau … (= Klägerin) hat für ihre Tochter C, geb. 19.08.1987 Kindergeld beantragt. Frau … und ihre Tochter erhalten seit dem 01.03.08 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.” (Bl. 109 der Kindergeldakte KGA).

Auf fernmündliche Nachfrage durch die Beklagte erklärte der Arbeitsmarktservice, dass sich der Erstattungsanspruch auf die Monate März und April 2008 erstrecke und bezifferte diesen mit Telefaxschreiben vom 10. April 2008 auf einen Betrag in Höhe von … € (Bl. 109 f der Kindergeldakte).

Unter dem 20. März 2008 machte die Stadt Y gegenüber der Beklagten ebenfalls einen Erstattungsanspruch gemäß § 102 SGB X in Verbindung mit § 74 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in Bezug auf die Kinder der Klägerin, nämlich C, A und B, geltend und verwies hierzu auf folgenden Sachverhalt:

„Familie … hat bei mir bis zum 29.02.2008 laufende Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), ohne Anrechnung von Kindergeld, erhalten…

Seitens der Familie … wurde mitgeteilt, dass das Kindergeld eventuell rückwirkend ab dem Jahr 2004 bewilligt wird. Sollte dies zutreffen, bitte ich meinen Erstattungsanspruch zu berücksichtigen…” (Bl. 113 der KGA).

Auf diesem Schreiben der Stadt Y befindet sich ein handschriftlicher Vermerk mit dem Namenszeichen „…” und einem Datumsstempel „10.04.08”, wonach der Erstattungsanspruch auf die gesamte Nachzahlung 12/04-02/08 gerichtet sei.

Mit Bescheid vom 10. April 2008 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin Kindergeld ab Dezember 2004 wie folgt fest:

- Dezember 2004 bis August 2005 für A, B und C mit 462 €/Monat

- September 2005 bis August 2006 für B und C über 308 €/Monat

- September 2006 bis Februar 2008 für A, B und C in Höhe von 462 €/Monat

- ab März 2008 für B und C mit 308 €/Monat.

Die Beklagte führte weiter aus, dass die Klägerin für den Zeitraum von Dezember 2004 bis Februar 2008 das in Höhe von insgesamt … € festgesetzte Kindergeld nicht ausgezahlt erhalte, da dieser Anspruch ihr gegenüber nach § 74 Abs. 2 EStG in Verbindung mit § 107 SGB X als erfüllt gelte. Denn die Stadt Y habe in dieser Höhe gemäß § 74 Abs. 2 EStG in Verbindung mit §§ 103, 104 SGB X einen Erstattungsanspruch geltend gemacht, da für diesen Zeitraum Sozialleistungen ohne Anrechnung von Kindergeld gewährt worden seien.

Für den Zeitraum März bis April 2008 sah die Beklagte den Anspruch der Klägerin in Höhe von … € nach § 74 Abs. 2 EStG in Verbindung m...

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