vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

KWK-Bonus als Entgelt eines Dritten nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Entnahme eines Gegenstandes durch einen Stpfl. aus seinem Unternehmen für seinen privaten Bedarf oder für den Bedarf seines Personals oder als unentgeltliche Zuwendung oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke ist einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt.
  2. Der Entnahmetatbestand erfasst auch Zuwendungen für unternehmerische Zwecke.
  3. Die zum Preis von 0 € abgegebene Wärme ist keine unentgeltliche Zuwendung i. S. des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG, wenn die Abgabe zu 0 € nur deshalb erfolgt, weil dafür der KWK-Bonus fließt.
  4. Da die Zahlung des KWK-Bonus seitens des Netzbetreibers mit der Abgabe von Wärme verknüpft ist, ist der KWK-Bonus kein zusätzliches Entgelt für die Stromlieferungen an das Versorgungsunternehmen. Denn die Vergütung nach § 8 Abs. 3 EEG wird nicht für den Strom gezahlt, sondern für die Wärmeabgabe.
 

Normenkette

UStG 2005 § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3, § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 S. 1 und S. 3; EEG § 8 Abs. 3

 

Streitjahr(e)

2008

 

Nachgehend

BFH (EuGH-Vorlage vom 22.11.2022; Aktenzeichen XI R 17/20)

BFH (Urteil vom 31.05.2017; Aktenzeichen XI R 2/14)

 

Tatbestand

Strittig ist, ob und zu welcher Bemessungsgrundlage die Wärmeabgabe an andere Unternehmer trotz Zahlung eines sogenannten KWK-Bonus durch einen Netzbetreiber zu einer unentgeltlichen Wertabgabe führt.

Die Klägerin betreibt eine Biogasanlage zur Erzeugung von Biogas aus Biomasse. Das erzeugte Biogas wird zur dezentralen Strom- und Wärmeproduktion in einem angeschlossenen Blockheizkraftwerk genutzt, indem es einem Verbrennungsmotor zugeführt wird, der einen Generator antreibt. Der so produzierte Strom wird überwiegend ins Netz eingespeist und nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vergütet. Der Stromabnehmer, die E.ON, ist verpflichtet, den Strom abzunehmen und zu einem festgelegten Satz zu vergüten. Die dabei ebenfalls erzeugte Wärme dient zu einem Teil dem Produktionsprozess. Der überwiegende Teil der Wärme steht für andere Zwecke zur Verfügung oder bleibt ungenutzt. Die Stromkennzahl für das von der Klägerin eingesetzte Blockheizkraftwerk betrug im Streitjahr 1,22.

Die Klägerin überließ überschüssige Wärme im Streitjahr „kostenlos” mit Vertrag vom 29. November 2007 dem Unternehmer X zur Trocknung von Holz in Containern und mit Vertrag vom 29. Juli 2008 an die Y GbR, die mit der Wärme ihre Spargelfelder beheizt. In beiden Verträgen ist geregelt, dass die Höhe der Vergütung je nach wirtschaftlicher Lage des Wärmeabnehmers individuell vereinbart und in den Verträgen nicht festgelegt werde.

Da die Klägerin den Wärmeabnehmern kein Entgelt in Rechnung stellte, ging der Betriebsprüfer von einer unentgeltlichen Zuwendung seitens der Klägerin i.S. des § 3 Abs. 1 b Nr. 3 UStG aus. Den von der Klägerin von E.ON erhaltenen sogenannten KWK-Bonus nach § 8 Abs. 3 EEG i.d.F. des Streitjahrs i.H.v. 85.070,66 €, den die Klägerin bei ihren Umsätzen angegeben hatte und der entsprechend versteuert wurde, sah er nicht als Entgelt eines Dritten nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG an. Mangels eines Einkaufspreises berechnete er die Bemessungsgrundlage für Wertabgabe nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG nach den Selbstkosten. Diese umfassten sämtlichen Kosten aus der GuV, darunter auch erkennbar nicht vorsteuerbelastete Aufwendungen wie Finanzierungskosten, Steuern und Versicherungskosten. Zu den Selbstkosten gehörten auch die ertragsteuerlichen Abschreibungen der Anschaffungskosten und Herstellungskosten der Anlage, darin auch Abschreibungen auf Sachanlagen, für die die Klägerin die degressive Abschreibung in Anspruch nahm. Wegen der AfA-Sätze wird auf Bl. 36, 41 der BP-Arbeitsakte Bezug genommen.

Danach sei von folgender Bemessungsgrundlage auszugehen:

Stromerzeugung laut Eigenaufstellung: 6.714.257 kwh

Danach gesamte erzeugte Energie: 12.207.740 kwh

Durch den KWK Bonus abgedeckte Energiemenge: 4.253.533 kwh

dies entspreche 34,84 % an der gesamten erzeugten Energie, die unentgeltlich an andere Unternehmer abgegeben werde.

Gesamtaufwand: 1.104.453,35 € lt. GuV

Hiervon 34,84 %: 384.791,55 € (= Bemessungsgrundlage)

19 % Umsatzsteuer hierauf: 73.110,29 €

Der Beklagte, das Finanzamt (FA), setzte die Ergebnisse der Betriebsprüfung mit Bescheid vom 17. November 2011 entsprechend um. Mit Bescheid vom 1. August 2012 wies es den Einspruch der Klägerin zum strittigen Fragenkomplex mit Teil-Einspruchsbescheid zurück.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, der KWK-Bonus sei ein Entgelt von dritter Seite. Der gesetzgeberische Wille sei nicht eine Erhöhung der Vergütung für die Stromlieferung gewesen, sondern der KWK-Bonus werde ausschließlich für eine Wärmelieferung gezahlt. Dieses sei im vorliegenden Fall sehr deutlich daran zu erkennen, dass in den Jahren vor einer erstmaligen Wärmelieferung die Klägerin keinen KWK-Bonus erhalten habe. Jedenfalls hätten als Bemessungsgrundlage jedoch nicht die Selbs...

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