vorläufig nicht rechtskräftig

Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Auskunftsersuchen nach § 93 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei Überprüfung der Tätigkeit der Steufa auf ihre Rechtmäßigkeit ist zwischen der Aufgabenzuweisung einerseits und den zur Erfüllung dieser Aufgaben verliehenen Befugnissen andererseits zu unterscheiden.
  2. Die Angaben über Personen- und Auftragsdaten von Auftraggebern im Zusammenhang mit dem Rotlichtbereich aus der Rubrik „Kontakte” mit dem Ziel der Auswertung der dabei gewonnenen Erkenntnisse, unterfällt grundsätzlich dem Aufgabenbereich des § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO.
  3. Kontrollmitteilungen über die Anzeigenaufgabe ermöglichen dem für die Besteuerung zuständigen FA die Kontrolle, ob die jeweils im Rotlichtbereich tätige Person als Stpfl. erfasst ist und ob die erzielten Einnahmen einer ordnungsgemäßen Besteuerung unterworfen werden.
  4. Ein (Sammel-)Auskunftsersuchen gegen einen Verlag verstößt nicht ohne weiteres gegen das Grundrecht der Pressefreiheit. Das Auskunftsersuchen ist indes zu unbestimmt, soweit für den Empfänger nicht hinreichend erkennbar ist, nach welchen Kriterien die Auskunft zu erteilen ist.
 

Normenkette

AO § 93

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.05.2016; Aktenzeichen II R 17/14)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Steuerfahndung ein rechtmäßiges Sammelauskunftsersuchen gegenüber der Klägerin erlassen hat.

Die Klägerin gibt das „XXX-Blatt” sowie das Anzeigenblatt „XXX-Blatt am Sonntag” heraus. Dort findet sich im Anzeigenteil jeweils u.a. eine Rubrik „Kontakte”. Die Klägerin nutzte für die Verwaltung und Verarbeitung der Anzeigen die Verlagssoftware „JJK fliess”, die u.a. eine Exportfunktion auf Excel anbietet.

Das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen (im Folgenden: FAFuSt) richtete am 21.10.2011 ein Sammelauskunftsersuchen unter Hinweis auf § 208 Abs. 1 Nr. 3 Abgabenordnung (AO) an die Klägerin. Darin bat es entsprechend einer vorherigen persönlichen Rücksprache mit einem Mitarbeiter der Klägerin um Übersendung folgender Unterlagen:

1. Eine Aufstellung mit Personen- und Auftragsdaten aller Anzeigenauftragsgeber für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis dato und

2. ab dato bis 31. Dezember 2012 zusätzlich zu den vorstehenden Angaben den Anzeigentext,

soweit die Anzeigen mit Betrieben und Personen des Rotlichtmilieus im Zusammenhang stehen.

Die Aufstellung zu 2. sollte jeweils nach Ablauf eines Monats, letztmalig zum 31.12.2012 übersandt werden. Das FAFuSt erklärte sich bereit, „vor Ort technische Unterstützung durch Gestellung eines Informatikers zu leisten”, soweit „erforderlich und gewünscht” (zu weiteren Einzelheiten: Auskunftsersuchen vom 21.10.2011, Steuerakte, ohne Blattzahl).

Gegen das Auskunftsersuchen richtete sich die Klägerin durch Einspruch, mit dem sie geltend machte, die Voraussetzungen für ein Sammelauskunftsersuchen lägen nicht vor. Das Ersuchen sei nicht verhältnismäßig und die Auskunft zu weit gefasst, da unklar sei, welche Anzeigen mit Betrieben und Personen des Rotlichtmilieus in Zusammenhang stünden. Außerdem bestünde die Gefahr, dass Daten von Personen weitergegeben würden, die nicht im Zusammenhang mit möglichen Ermittlungen stünden. Das Ersuchen belaste die Klägerin zudem unzumutbar, da ein interner Arbeitsaufwand im Umfang von ca. 2 1/2 Tagen entstehe; bei Chiffre-Anzeigen könne der Beklagte zudem selbst den Kontakt herstellen und die Daten erheben. Schließlich verstoße das Ersuchen auch gegen die Pressefreiheit (Art 5 GG).

Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück und vertrat die Auffassung, dass FAFuSt sei auf Grund eines hinreichenden Anlasses zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle im Sinne von § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO tätig geworden. Aufgrund der in der Vergangenheit geschalteten Anzeigen und der allgemeinen Erfahrung der Finanzbehörde, des Bundesrechnungshofes und des Niedersächsischen Landesrechnungshofes, wonach Vollzugsdefizite bei der Besteuerung von Einnahmen und Einkünften bei Betrieben und Personen des Rotlichtmilieus bestünden, gebe es einen hinreichende Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen. Das Auskunftsersuchen erstrecke sich nur auf solche Anzeigen, in denen sexuelle Dienstleistungen in der jeweiligen Rubrik „Kontakte” beworben würden (Einspruchsentscheidung Seite 4 unter 2., a). Das Auskunftsersuchen sei zur Sachverhaltsaufklärung auch geeignet und notwendig gewesen und die Pflichterfüllung für die Klägerin möglich und ihre Inanspruchnahme geeignet, erforderlich und zumutbar gewesen. Ein „erhebliches Risiko des Verlusts von Folgeaufträgen” bestehe nicht. Schließlich sei nicht ersichtlich, dass technische Gründe einer Auskunftserteilung entgegenstünden. Eine Selektion der Anzeigen sei ohne weiteres möglich, da bei der Auftragsannahme für jede Annonce ein Rubrikschlüssel vergeben werde. In den Druckausgaben der Zeitung „XXX-Blatt” finde man z.B. in der Rubrik „Kontakte” ausschließlich Angebote aus dem Rotlichtbereich (Einspruchsentscheidung Seite 4 unter 2a). Der im Internet ver...

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