rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Kindergeldanspruch bei Auslandsaufenthalt des Kindes

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Für ein Kind, das nach dem Abitur als freiwilliger Helfer an einer Schule in Neuseeland tätig ist und dort Unterkunft, Verpflegung und ein Taschengeld erhält, besteht kein Anspruch auf Kindergeld, sofern der Aufenthalt keine theoretisch-systematische Sprachausbildung beinhaltet.
  2. In einem derartigen Fall liegt kein Kindergeldtatbestand des § 32 Abs. 4 Nr. 2 EStG vor, weil sich das Kind weder in Berufsausbildung befindet noch ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr ableistet.
 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 Nr. 2

 

Streitjahr(e)

2006

 

Tatbestand

Streitig ist die Frage, ob der Klägerin für den Zeitraum eines Auslandsaufenthalts ihrer Tochter in Neuseeland Kindergeld zusteht.

Die Klägerin ist Mutter der am 29. November 1986 geborenen Tochter F. In der Zeit bis Juli 2006 wurde der Klägerin Kindergeld für F gewährt.

Die Tochter F schloss ihre Schulausbildung im Juli 2006 mit dem Abitur ab.

Von August 2006 bis Juli 2007 hielt sich F in Neuseeland auf. Sie arbeitete dort als freiwillige Helferin an der Auckland Diocesan School for Girls. Sie erhielt dort Unterkunft, Verpflegung und ein Taschengeld. Aus den vorliegenden Unterlagen ergibt sich nicht, dass der Aufenthalt eine theoretisch-systematische Sprachausbildung beinhaltete. Die Stelle wurde F von der GAP Activity Projects Ltd. mit Sitz in Reading (Berkshire)/Großbritannien vermittelt.

Im Anschluss an den Auslandsaufenthalt hat F im Jahre 2007 ein Studium in den Fächern Englisch, Religion und Pädagogik aufgenommen.

Der Beklagte hat mit Bescheid vom 10. Juli 2006 die Kindergeldfestsetzung mit Wirkung ab August 2006 aufgehoben. Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.

Für die Zeiträume von Fs Rückkehr nach Deutschland und Aufnahme des Studiums an hat der Beklagte erneut Kindergeld gewährt.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr Kindergeld auch für den Zeitraum August 2006 – Juli 2007 zu gewähren sei. Der Aufenthalt in Neuseeland stelle ein vorgelagertes Praktikum für das Studium dar. F habe sich deshalb in Berufsausbildung befunden. Auch in den einschlägigen Verwaltungsvorschriften werde darauf hingewiesen, dass auch dann, wenn die Voraussetzungen der Gesetze zur Förderung eines freiwilligen ökologischen oder sozialen Jahres nicht gegeben seien, zu prüfen sei, ob sich das Kind nicht in Berufsausbildung befinde.

Die Klägerin beantragt,

den Ablehnungsbescheid vom 10. Juli 2006 und die Einspruchsentscheidung vom 9. August 2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Meinung, dass der Aufenthalt in Neuseeland kein freiwilliges oder soziales Jahr im Sinne des § 32 Abs. 4 Nr. 2 d) darstelle, weil er nicht bei einem anerkannten Träger abgeleistet worden sei. Der Aufenthalt stelle auch keine Berufsausbildung dar, weil zum Volontariat kein theoretisch-systematischer Unterricht gehört habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht für die Zeit des Auslandsaufenthaltes ihrer Tochter F in Neuseeland kein Kindergeld zu.

Gem. § 63 Abs.1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 EStG werden beim Kindergeld Kinder im Sinne des § 32 EStG berücksichtigt. Im Streitfall liegt jedoch kein Kindergeldtatbestand des § 32 Abs. 4 Nr. 2 EStG vor. Weder befand sich die Tochter in Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Nr. 2 a) EStG), noch leistete sie ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr (§ 32 Abs. 4 Nr. 2 d) EStG) ab. Die übrigen Alternativen des § 32 Abs. 4 Nr. 2 EStG kommen von vornherein nicht in Betracht.

1. Gem. § 32 Abs. 4 Nr. 2 d) EStG wird ein volljähriges Kind, das noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres oder ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen ökologischen Jahres leistet.

Freiwillige im Sinne der Gesetze zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres (SozDiG) und zur Förderung eines freiwilligen ökologischen Jahres (FÖJFG) sind gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 SozDiG und § 2 Abs. 1 Nr. 2 FÖJFG Personen, die sich aufgrund einer Vereinbarung mit einem nach § 5 SozDiG bzw. § 5 FÖJFG anerkannten Träger zur Leistung dieses Dienstes für eine ununterbrochene Zeit von mindestens 6 Monaten und höchsten 18 Monaten verpflichtet haben. § 5 Abs. 2 SozDiG und § 5 Abs. 2 FÖJFG benennen die Voraussetzungen, die ein Träger eines im Ausland abgeleisteten freiwilligen sozialen bzw. ökologischen Jahres erfüllen muss, um als Träger zugelassen zu werden. U.a. ist es erforderlich, dass der Träger seinen Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat (§ 5 Abs. 2 Nr. 4 SozDiG bzw. § 5 Abs. 2 Nr. 4 FÖJFG). An dieser Voraussetzung scheitert die Anerkennung des Auslandsaufenthaltes der Tochter F in Neuseeland, weil der Träger des Dienstes, die GAP Activity Projects Ltd., ihren Sitz in Großbritannien und nicht in Deutschland hat.

Das Gericht kann sich auch nich...

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