vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [IX R 16/09)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Absicht eines Steuerpflichtigen bei Erwerb eines Grundstücks aufstehende Gebäude abzubrechen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Wird ein Gebäude bereits in der Absicht erworben, es ganz oder teilweise abzubrechen und anschließend umzubauen, gehören der anteilige Restwert der entfernten Gebäudeteile und die Abbruchkosten zu den HK des neu gestalteten Gebäudes.
  2. Bei einer Umgestaltung des Gebäudes innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung spricht ein Beweis des ersten Anscheins für eine Umbauabsicht. Der Stpfl. kann den Anscheinsbeweis durch Gegenbeweis entkräften.
  3. Bei der Frage einer steuerschädlichen Abbruchabsicht im Zeitpunkt des Erwerbs ist beim Grundstückskauf auf den Abschluss des notariellen Kaufvertrags abzustellen.
  4. Abbruchabsicht ist auch zu bejahen, wenn der Erwerber beim Gebäudeerwerb den schlechten baulichen Zustand kannte und für den Fall der Undurchführbarkeit des geplanten Umbaus den Abbruch billigend in Kauf genommen hat.
  5. Bei der Abbruchabsicht handelt es sich um eine innere Tatsache, die nur anhand äußerer Umstände festgestellt werden kann.
  6. Zur Entkräftung des Anscheinsbeweises.
 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 1 S. 6, Abs. 4 S. 3, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7

 

Streitjahr(e)

2002

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.04.2010; Aktenzeichen IX R 16/09)

BFH (Urteil vom 13.04.2010; Aktenzeichen IX R 16/09)

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr (2002) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielte mit einer Buchhandlung Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung.

Der Kläger betrieb die Buchhandlung in dem in seinem Eigentum stehenden Gebäude B-Straße 8 in X. Außerdem hatte er zur Erweiterung des Buchladens Räume im Obergeschoss des Nachbarhauses B-Straße 10 angemietet, die er als Galerie nutzte.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 9. August 2001 kaufte die Klägerin die Nachbargrundstücke B-Straße 10. Der Kaufpreis betrug 628.889 €. In dem Kaufvertrag war die Gewährleistung für Mängel und Fehler der Kaufsache ausgeschlossen; der Verkäufer versicherte jedoch, dass ihm wesentliche Baumängel nicht bekannt waren. Besitz, Nutzen und Gefahr gingen, wie in dem Kaufvertrag vereinbart, am 31. Januar 2002 auf die Klägerin über. Der Voreigentümer hatte in dem Geschäftshaus B-Straße, soweit es nicht an den Kläger vermietet war, einen Textileinzelhandel betrieben, den er bis zum Besitzübergang noch durch einen Schlussverkauf abwickelte. Die Klägerin trat in den Mietvertrag mit dem Kläger ein.

Der von der Klägerin erworbene Grundbesitz grenzt im Bereich des Hinterhauses (E-Platz 16) unmittelbar an das Grundstück des Klägers (E-Platz 17). Im Bereich des Vorderhauses befindet sich noch ein weiteres Geschäftshaus zwischen den Grundstücken der Kläger. Das Vorderhaus war – wie die gesamte Ladenzeile – um das Jahr 1800 errichtet worden.

Die Klägerin beantragte bei der Stadt X mit Bauantrag vom 16. Januar 2002, der bei der Stadt am 21. Januar 2002 einging, den Teilabriss und Neuaufbau der Gebäude B-Straße 10. Dem Bauantrag lagen Pläne der Architekten T & S zu Grunde, die unter dem Datum 21. November 2001 erstellt worden waren. Die Baugenehmigung wurde im April 2002 erteilt. Am 30. August 2002 beantragte die Klägerin einen Nachtrag zur Baugenehmigung, der im September 2002 genehmigt wurde.

Die Klägerin ließ im Streitjahr einen Teil des Gebäudes B-Straße 10 abreißen und entsprechend der Baugenehmigung durch einen Neubau ersetzen. Mit den Abbrucharbeiten, für die keine Genehmigung erforderlich war, wurde noch im Februar des Streitjahres begonnen. Das Gebäude B-Straße 10 vermietete die Klägerin an den Kläger zum Betrieb der Buchhandlung.

Die Abbruchkosten sowie den Restwert des Vorderhauses behandelte die Klägerin bei der Ermittlung ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Herstellungskosten des Neubaus. Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) folgte dem bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das Streitjahr. Der Einkommensteuerbescheid erging unter Nachprüfungsvorbehalt.

Im Anschluss an eine beim Kläger durchgeführte Außenprüfung erließ das FA aus hier nicht im Streit stehenden Gründen einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid.

Die Kläger legten gegen den Änderungsbescheid Einspruch ein, mit dem sie begehrten, die Aufwendungen für den Erwerb des Vorderhauses B-Straße 10, die sie auf 339.392 € bezifferten, in voller Höhe abzuschreiben. Zur Begründung trugen sie vor, das Gebäude habe sich nach Ansicht der Klägerin und der Architekten in gutem Zustand befunden und sei voll funktionsfähig gewesen. Im Zeitpunkt des Erwerbs habe die Klägerin daher die Absicht gehabt, das Gebäude nicht völlig abzureißen, sondern es nach einer Sanierung und einigen Umbauten weiter zu nutzen. Nachdem bereits ein Teil der geplanten Umbauarbeiten durchgeführt worden s...

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