vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VIII R 42/18)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Behandlung von Scheinrenditen aus einem Schneeballsystem

 

Leitsatz (redaktionell)

Steuerliche Behandlung von Scheinrenditen aus einem Schneeballsystem - Zufluss von Einnahmen durch Novation, wenn der Gläubiger im Zeitpunkt der Novation leistungsbereit und leistungsfähig ist

 

Normenkette

EStG 2009 § 43 Abs. 5 S. 1, § 11 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.10.2020; Aktenzeichen VIII R 42/18)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der der Klägerin von der Firma X bescheinigte Erlös aus Aktiengeschäften der Einkommensbesteuerung zu unterwerfen ist.

Die Klägerin erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte und solche aus Kapitalvermögen.

Die Klägerin unterhielt Geschäftsbeziehungen zu der Firma X. Deren Inhaber – A, ein selbständiger Finanzdienstleister – legte jedoch die von Anlegern eingezahlten Gelder nicht vertragsgemäß an. Er verwendete sie vielmehr zur Auszahlung an andere Anleger, für Provisionszahlungen an seine Vermittler und für seinen eigenen Lebensunterhalt. Entgegen der Mitteilung gegenüber den Anlegern wurde Kapitalertragsteuer weder angemeldet noch abgeführt. Das Schneeballsystem führte zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth. Zwischenzeitlich wurde A rechtskräftig u.a. wegen Betrugs verurteilt.

Am 8. Juni 2010 eröffnete die Klägerin ein Depot bei der Firma X. Am 30. Juni 2010 erteilte die Klägerin den Auftrag 800 Stück Aktien der S-AG zum Wert von 26.400,- € mit einer Haltezeit bis zum 1. Juli 2012 zu erwerben. Die Klägerin zahlte zudem 6.400,- € für die Option, die Aktien in zwei Jahren zu einem Stückpreis von 68,- € verkaufen zu können. Diese Sicherheit sollte die Klägerin durch Erwerb eines E-Optionsscheins erlangen (vergl. Vertragsmuster Bd. V Bl. 2016, Bd. II Bl. 515, 595, 604, 647 StA Ermittlungsakte). Tatsächlich gab es nie Geschäftsbeziehungen zwischen der E-AG und der Firma X bzw. dem Betreiber A (Bd. V Bl. 2010 StA Ermittlungsakte) und die abgerechneten Optionen wurden nicht erworben (Bd. V Bl. 2303, Bd. VII Bl. 2791 StA Ermittlungsakte).

Am 28. Juni 2012 erteilte die Klägerin den Auftrag, die kompletten Aktien der S-AG zu verkaufen. In dem Verkaufsauftrag gab die Klägerin an, dass der Verkaufserlös komplett bei der Firma X verbleiben und mit einem folgenden Einkauf verrechnet werden sollte, da sie das Geld zu diesem Zeitpunkt nicht benötigte. Dies ergibt sich aus ihrer Zeugenvernehmung vom 11. Oktober 2013 vor der Polizeistation Y. Unter dem 2. Juli 2012 rechnete die X wie folgt ab:

Verkaufsbetrag  

54.400,- €

Bankkosten, Börsenspesen

 -1.142,40 €

Kosten X

 - 2.720,- €

Abgeltungssteuer

 - 6.714,40 €

Solidaritätszuschlag

- 369,29 €

Ergebnis

43.453,91 €

Einkaufswert am 23. Juni 2010

 - 26.400,- €

Berechnung für die AgSt.

26.857,60 €

Gewinn/Verlust nach Abzug aller Kosten

17.053,91 €

Die Abrechnung enthielt die Information, dass der Verkauf mit dem nächsten Einkauf verrechnet würde. Mit Schreiben vom 26. Juli 2012 bot die Firma X an, den Verkaufsbetrag in Höhe von 17.034,70 € auszuzahlen. Am 31. Juli 2012 erteilte die Klägerin den Kaufauftrag für 110 Stück Aktien der A-AG zum Wert von 36.850,- €. Der Kaufpreis wurde mit dem vorher bescheinigten Veräußerungserlös verrechnet und der nach Abzug weiterer Kosten verbleibende Betrag von 3,91 € an die Klägerin überwiesen.

Der Finanzdienstleister wickelte die Geschäfte u.a. über ein Konto bei der Bank N ab. Im Jahr 2012 schrieb die Bank einen Umsatz von 12,5 Millionen € gut. Für den Zeitraum 1. Juni 2010 bis 31. Dezember 2012 zahlten Anleger auf das Konto 29.694.613,91 € ein und erhielten im gleichen Zeitraum 24.744.535,81 € ausbezahlt (Bd. II Bl. 515 StA Ermittlungsakten). Die Firma X unterhielt zudem ein Konto bei der Bank L. In 2012 zahlten Anleger auf beiden Konten über 19 Mio € von insgesamt 20.071.539,30 € neuen Anlagegeldern ein. In 2012 zahlte die Firma X 15.801.570,44 € an Anleger aus (Bd. V Bl. 2335 StA Ermittlungsakte). A gab in seiner Aussage vor dem Haftrichter am 5. Juni 2013 an, dass es keinerlei Schwierigkeiten mit Kunden wegen Auszahlungen gegeben habe (Bd. II Bl. 565 StA Ermittlungsakte). Aus der von der Staatsanwaltschaft erstellten Kundenliste sowie einer Kundenliste eines weiteren Beschuldigten ergibt sich, dass nach dem Verkauf der Aktien durch die Klägerin in 2012 als auch in 2013 noch weitere Kunden Geschäfte mit der Firma X tätigten und Einzahlungen vornahmen (Bd. II Bl. 827ff, Bd. V Bl. 2074). Beispielhaft nur einige wenige Fälle:

Anleger-Depot Nr.

Anlagesumme

Kaufdatum

2005511 WA

108.000,- €

30.10.2012

2004755 JB

46.150,- €

13.09.2012

2005001 RK

23.875,- €

05.02.2013

1003395 CB

42.000,- €

04.09.2012

2005025 HB

26.625,- €

15.10.2012

2002025 JD

32.900,- €

04.09.2012

2001450 JE

52.800,- €

12.09.2012

2008807 TD

168.000,- €

05.11.2012

2001183 UE

52.800,- €

11.09.2012

2003455 JF

40.800,- €

05.11.2012

Am 5. Juni 2013 flog das Schne...

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