vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [IX R 19/16)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzungsgrund – Darlegungsanforderungen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 AO.
  2. Ist ein Ast. fachkundig vertreten, haben weder das FA noch das FG den Ast. über den erforderlichen Inhalt des Wiedereinsetzungsgesuchs aufzuklären oder zur Ergänzung eines insoweit unzulänglichen Vortrags aufzufordern.
  3. Der Stpfl. und sein Vertreter dürfen darauf vertrauen, dass eine werktags aufgegebene Postsendung am folgenden Werktag den Empfänger erreicht.
  4. Der steuerliche Berater darf seinen Büroangestellten Anweisungen zur Übermittlung und Anweisung fristwahrender Schriftsätze erteilen und grds. darauf vertrauen, dass die zuverlässigen und gut geschulten Angestellten auch ihnen nur mündlich erteilte Weisungen befolgen.
  5. Wird von einem StB innerhalb der Antragsfrist des § 110 Abs. 2 AO dargelegt, an welchem Tag das Schriftstück in welcher Weise (Versendung zur Post) von einer Mitarbeiterin auf den Weg zum FA gebracht wurde und zur Glaubhaftmachung eine Kopie des Postausgangsbuchs vorgelegt, so ist diesem Vortrag der Kern des Wiedereinsetzungsgrunds „Rechtzeitige Absendung/Postlaufverzögerung” eindeutig zu entnehmen. Die spätere Benennung der Personen, die die Austragung aus dem Postausgangsbuch und den Einwurf in den nunmehr genau benannten Briefkasten vorgenommen haben, stellt lediglich eine (zulässige) Ergänzung des Vortrags zum Absendevorgang dar.
 

Normenkette

AO § 110

 

Streitjahr(e)

2012

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 31.01.2017; Aktenzeichen IX R 19/16)

BFH (Urteil vom 31.01.2017; Aktenzeichen IX R 19/16)

 

Tatbestand

Streitig sind in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 der Abgabenordnung (AO) wegen eines verspätet eingelegten Einspruches und in materiell-rechtlicher Hinsicht die Anerkennung der Zahlung eines sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrags nach § 154 des Baugesetzbuches (BauGB) als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Der Kläger erzielte im Streitjahr 2012 Einkünfte aus selbständiger Arbeit, aus der Vermietung verschiedener Grundstücke und sonstige Einkünfte.

Bis März 2008 erzielte der Kläger Einkünfte aus der Vermietung des Grundstücks …., H. Da er im Jahre 2008 aus Altersgründen seine Tätigkeit als Arzt in H. aufgab und seinen Wohnort nach V. verlegte, veräußerte er nach vorheriger Beendigung der Mietverhältnisse das vorgenannte Grundstück zum 1. März 2008.

Im Jahr 2009 erhielt er von der Stadt H. einen Festsetzungsbescheid über einen Ausgleichsbetrag nach § 154 BauGB in Höhe von 179.862 €. Der zugrunde liegende Beschluss über die Anliegerbeiträge stammte aus dem Jahr 2007, sodass der Kläger auch Schuldner dieses Ausgleichsbetrags war. Der Kläger ging gegen diesen Bescheid gerichtlich vor. Das Gerichtsverfahren endete im Jahr 2012 mit einem Vergleich, wonach der Kläger nunmehr einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 80.938 € - in monatlichen Raten zahlbar – zu leisten hatte. Auf das Streitjahr 2012 entfiel ein gezahlter Teilbetrag von 29.171,64 €. Zudem zahlte der Kläger in 2012 in diesem Zusammenhang entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 8.685,48 €.

Den Gesamtbetrag von 37.857,12 € erklärte der Kläger zunächst nicht in seiner Einkommensteuererklärung 2012.

Gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 vom 31. Januar 2014 legte er deshalb mit Schreiben seiner Steuerberaterin … vom 26. Februar 2014 Einspruch ein und machte den vorstehenden Gesamtbetrag als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Ausweislich des Eingangsstempels des Beklagten ging das Einspruchsschreiben erst am 6. März 2014 beim Finanzamt ein.

Mit Schreiben vom 31. März 2014 wies das beklagte Finanzamt den Kläger darauf hin, dass der Einspruch verspätet eingegangen und damit unzulässig sei.

Mit Schreiben vom 9. April 2014 teilte die Steuerberaterin mit, dass das Einspruchsschreiben am 26. Februar 2014 mit der Deutschen Post verschickt worden sei. Dieser Tatbestand sei ihrem Postausgangsbuch zu entnehmen. Es sei ihr nicht erklärlich, warum das Schreiben mit einer derartigen Zeitverzögerung zugestellt worden sei. Die Deutsche Post gelte als zuverlässiger Bote. Sie vermute, dass es sich um ein fahrlässiges Verhalten der Post gehandelt habe, da ihr ein derartiger Zustand noch nicht vorgekommen sei. Sie habe auch mit der zuständigen Bearbeiterin in ihrer Kanzlei gesprochen, um ein fahrlässiges Verhalten ihrerseits zu prüfen. Hierbei habe sie die Antwort erhalten, dass das Schreiben am 26. Februar 2014 im Postausgangsbuch eingetragen und mit dem restlichen Schriftwechsel am Abend in den Briefkasten gesteckt worden sei. Sie beantragte aufgrund dessen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 AO.

Der Einspruch hatte jedoch keinen Erfolg. Der Beklagte sah die Begründung des Antrags auf Wiede...

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