rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zinseinnahmen eines landwirtschaftlichen Genossen aus der Gewährung eines Darlehens an eine Genossenschaft sind Einkünfte aus Kapitalvermögen, wenn andere messbare Vorteile nicht erzielt werden

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Beteiligung eines Landwirts an einer Genossenschaft ist dem notwendigen Betriebsvermögen zuzurechnen, wenn er die Mitgliedschaftsrechte für seinen Betrieb fortdauernd in Anspruch nimmt.
  2. Ein Genossenschaftsanteil ist dann kein notwendiges Betriebsvermögen, wenn die Genossenschaft Nichtmitglieder gleich behandelt und aus der Mitgliedschaft kein Vorteil für den landwirtschaftlichen Betrieb entsteht.
  3. Beteiligt sich ein Landwirt an einer Genossenschaft, die die Verwertung oder den Absatz landwirtschaftlicher Produkte zum Gegenstand hat, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Beteiligung keine bloße Kapitalanlage darstellt.
  4. Die Darlehensforderung eines Genossen gegen seine Wareneinkaufsgenossenschaft gehört jedenfalls dann zum notwendigen Betriebsvermögen des Genossen, wenn das Darlehen den Betrieb der Genossenschaft fördert und der Genosse von der Genossenschaft einen erheblichen Teil seiner Waren bezieht.
 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

1994, 1996, 1997

 

Tatbestand

Zwischen den Parteien ist streitig, ob Zinseinnahmen, die der Kläger als Landwirt von einer Bezugs- und Absatzgenossenschaft erhalten hat, als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft oder aber als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu behandeln sind.

Die Kläger sind Eheleute und bewirtschaften einen landwirtschaftlichen Betrieb. Der Kläger hält Genossenschaftsanteile in Höhe von 10.300 DM per 30.06.1996 bei der Raiffeisen Bezugs- und Absatzgenossenschaft (nachfolgend BAG) A.

Die Kläger gaben der BAG Darlehen zur freien Verwendung zur Verfügung. Hierüber wurden Darlehensverträge abgeschlossen. Diese Darlehen wurden etwas höher verzinst als bei den hiesigen Banken in Form von Termingeldern. Andererseits hat die BAG dadurch niedrigere Kredite zur Verfügung, als wenn sie diese Mittel auf dem freien Markt bei den Banken hätte beschaffen müssen.

Bei der BAG wird von den Klägern ein Kontokorrentkonto unterhalten, über das der laufende Geschäftsverkehr abgewickelt wird. Die einzelnen Darlehensverträge wurden dabei nicht unter einer bestimmten Vertragsnummer abgeschlossen, es gibt auch keine speziell bezeichneten Kontonummern für die Darlehensverträge. Das Finanzamt behandelte die Zinsen aus den Darlehensverträgen als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft.

Die Kläger hingegen begehren, die Zinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu behandeln.

Sie sind der Ansicht, die der BAG gewährten Darlehen gehörten nicht zum notwendigen Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes. Die Kläger hatten nach Ablauf der Darlehen jederzeit über die Gelder verfügen können. Im Wesentlichen sei das Geld für landwirtschaftsfremde Zwecke, so z.B. Hausbau und Sondertilgung eines Kredites, von den Klägern genutzt worden. Die BAG unterhalte im Übrigen derartige Geschäftsbeziehungen auch nicht nur mit Landwirten, sondern auch mit Personen, die ihren landwirtschaftlichen Betrieb bereits aufgegeben hätten oder aber auch mit Betriebsangehörigen.

Die BAG habe zudem bestätigt, dass sie Darlehen auch von Mitarbeitern, Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern sowie von Landwirten, die ihren Betrieb bereits aufgegeben haben, nehmen.

Der Kläger trägt weiter vor, er beziehe Saatgut, Dünger und andere Betriebsmittel nicht vorwiegend von der BAG. Er kaufe die Güter dort ein, wo er sie am billigsten erhalte. Die BAG verkaufe im Übrigen auch an Landwirte, die keine Genossen seien, zu denselben Konditionen. Weder aus seiner Eigenschaft als Genosse noch als Darlehensgeber habe er Vorteile beim Einkauf.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Darlehensforderungen des Klägers als Genosse der BAG gehören nicht zu seinem notwendigen Betriebsvermögen, da die Genossenschaft Nichtmitglieder gleich behandelt hat und der Kläger aus der Mitgliedschaft keinen Vorteil für den Betrieb gezogen hat. Die erhaltenen Zinsen sind mithin Einkünfte aus Kapitalvermögen.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind notwendiges Betriebsvermögen alle Wirtschaftsgüter, die den Betrieb dergestalt dienen, dass sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt sind; dabei wird nicht vorausgesetzt, dass sie für den Betrieb notwendig im Sinne von erforderlich sind (BFH-Urteil vom 4. Februar 1998 XI R 45/97, BStBl II 1998, 301). In jedem Fall allerdings ist zu prüfen, ob die Darlehenshingabe als solche betrieblich veranlasst ist. Beteiligt sich ein Landwirt an einer Genossenschaft, die die Verwertung oder den Absatz landwirtschaftlicher Produkte zum Gegenstand hat, so spricht nach der Rechtsprechung des BFH eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Beteiligung keine bloße Kapitalanlage darstellt, sondern aus betrieblichem Anlass erworben wurde und damit zum notwendigen Betriebsvermögen gehört (BFH-Urteil vom 2...

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