rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld für Kinder der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerin; in den Niederlanden geschlossene Ehe Gleichgeschlechtlicher

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Kinder der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerin sind keine Kinder des Ehegatten i.S. des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Eine analoge Anwendung der Vorschrift kommt nicht in Betracht.
  2. Der Ehegattenbegriff des deutschen Steuerrechts bestimmt sich nach dem bürgerlichen Recht. Danach ist unter einer Ehe nur die rechtlich verbindliche Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau zu verstehen. Die Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehegatten ist ein die Ehe prägendes Wesensmerkmal.
  3. Art. 3 Abs. 1 GG führt nicht dazu, dass gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften mit der Ehe gleichgestellt werden müssen.
  4. Die niederländische Ehe Gleichgeschlechtlicher entspricht trotz ihrer anderen Bezeichnung ihrem Wesen nach einer im Ausland eingetragenen Lebenspartnerschaft nach deutschem Recht. Der Regelungsgedanke des Art. 17b Abs. 3 EGBGB erstreckt sich daher auch auf diese.
 

Normenkette

EStG § 62 Abs. 1 Nr. 2b, § 63; GG Art. 3 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2000, 2001, 2002, 2003

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.11.2004; Aktenzeichen VIII R 61/04)

BFH (Urteil vom 30.11.2004; Aktenzeichen VIII R 61/04)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von Kindergeld für die Kinder ihrer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerin zusteht.

Die Klägerin ist niederländische Staatsbürgerin mit Wohnsitz in O. in den Niederlanden. Sie arbeitet als Physiotherapeutin in S. in der Bundesrepublik.

Die Klägerin lebt mit Frau L. in einer Lebensgemeinschaft. Am ..... ließen sich die Klägerin und Frau L. in O. in ein Partnerschaftsregister (Partnerschaps Registratie) eintragen. Dieser Status entspricht weitgehend dem Eintrag als eingetragener Lebenspartnerschaft ins Partnerschaftsregister in der Bundesrepublik Deutschland. Am ............ schlossen sie die Ehe nach niederländischem Recht, die gleichgeschlechtlichen Paaren dieselben Rechte und Pflichten wie verschiedengeschlechtlichen Ehepaaren gewährt.

Frau L. ist Mutter der in 1997 geborenen Zwillinge W. und J. sowie des in 1999 geborenen Sohnes M.

Einen Antrag der Klägerin, ihr für die Zwillinge Kindergeld zu zahlen, lehnte die Familienkasse ab; der hiergegen erhobene Einspruch wurde zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Klage wies der 6. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts mit Urteil vom 4. Juni 2002 als unbegründet ab (6 K 525/98 Ki).

Einen Antrag vom 1. März 2000 für den Sohn M. Kindergeld zu gewähren, lehnte die Familienkasse ab. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die Familienkasse als unbegründet zurück.

Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Beseitigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften gewährte die Familienkasse der Klägerin Kindergeld ab August 2001 in Höhe der Differenz zwischen deutschem und niederländischem Kindergeld. Mit Bescheid vom ........ 2002 hob die Familienkasse die Festsetzung des Kindergeldes gegenüber der Klägerin gemäß § 70 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit Wirkung ab März 2002 auf.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Festsetzung von Kindergeld für W. und J. ab März 2002 und für M. ab März 2000. Zur Begründung der Klage bringt sie vor, dass sie nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 b EStG einen Anspruch auf Zahlung von Kindergeld habe, weil sie in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sei. Der Anspruch auf Zahlung des Kindergeldes ergebe sich aus § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Die Kinder der Lebenspartnerin seien wie Kinder des Ehegatten zu behandeln. Die Auslegung der Vorschrift in diesem Sinne sei insbesondere aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Jedenfalls sei eine analoge Anwendung der Vorschrift für die Kinder des Partners einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft zur Füllung einer planwidrigen Gesetzeslücke geboten. Denn durch das Lebenspartnerschaftsgesetz (LpartG) sollten die Partner einer solchen Lebensgemeinschaft Rechte und Pflichten erhalten, die denen von Eheleuten nachgebildet seien.

Die Klägerin beantragte,

Unter Aufhebung des Bescheides vom ...... 2002 und des dazu ergangenen Einspruchsbescheides vom ..........2003 für die Kinder W., J. und M. ab März 2002 Kindergeld zu gewähren und

unter Aufhebung des Bescheides vom ......... 2000 und des Einspruchsbescheides vom ........ 2003 für M. Kindergeld ab dem 01.03.2000 bis Februar 2002 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft, auch in Form der in den Niederlanden geschlossenen Ehe, einer Ehe im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht gleichgestellt werden könne und es sich demzufolge bei W., J. und M. nicht um Kinder des Ehegatten im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG handele.

Der Senat hat die Akten 6 K 525/98 Ki des Niedersächsischen Finanzgerichts beigezogen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verh...

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