vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer auf organisierte Kanutouren im Rahmen von schulischen Projekten

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Leistungen eines Unternehmers aus Kanutouren, die von ihm organisiert werden und im Rahmen von Projektwochen von Schulen stattfinden, sind nicht von der Umsatzsteuer befreit.
  2. Eine „Aufnahme” i. S. des § 4 Nr. 23 UStG ist nicht gegeben, wenn nicht der Veranstalter, sondern die die Schülergruppe begleitenden Lehrer die Gesamtverantwortung für die Tour übernommen haben.
 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 23; Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstaben h und i

 

Streitjahr(e)

1997, 1998, 1999

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.05.2009; Aktenzeichen V R 35/07)

 

Tatbestand

Der Kläger betreibt als selbständiger Unternehmer ein Jugendgästehaus und eine Surfschule. Daneben bot er mehrtägige Kanutouren an, die er selbst organisierte. In diesen Fällen mussten die Gruppen für die Beköstigung selbst sorgen. Es erfolgte auch keine Unterbringung im Gästehaus, sondern in Zelten. Nach den in den Streitjahren geltenden Vertragsbedingungen übernahm der Kläger die Planung der Tour sowie die Reservierung der Campingplätze. Im Preis der angebotenen Leistung waren ferner enthalten der Transfer des gesamten Materials, die Gestellung von Kanus, Paddeln, Schwimmwesten, wasserdichten Tonnen, Zelten, Isomatten und Kochgeschirr, eine Einführung ins Kanufahren, die Betreuung durch einen fachkundigen Kanufahrer und alle anfallenden Campingplatzgebühren. Mit Fahrantritt haftete jeder Teilnehmer für seine körperliche Unversehrtheit selber. Auf dem Wasser bestand für alle Teilnehmer der Tour eine Haftpflichtversicherung. Die Touren wurden von Mitarbeitern des Klägers begleitet. Vom Vertragspartner waren in ausreichendem Maße volljährige Betreuer der Gruppe zu stellen. Nach dem Vertrag waren auf dem Wasser die Mitarbeiter des Klägers allein verantwortlich, an Land zusammen mit den Betreuern der Gruppe.

Die Kanutouren wurden von Schulklassen im Rahmen sogenannter „Projektwochen” in Anspruch genommen. Die Projektplanung und Ausgestaltung war Gegenstand des Unterrichts und erfolgte in der Verantwortung der zuständigen Lehrer. Die Projekte wurden mit dem Kläger abgestimmt, der seine Kanutouren in den Schulen vorstellte und bei seiner Planung und seinem Angebot auf individuelle Wünsche der Vertragspartner, z.B. die Organisation gemeinsamer Essen im Campinglager oder gemeinsame Spiele oder Ausflüge in die Natur, Rücksicht nahm. Die Schulen schätzten die Kanutouren, da diese u. a. das Sozialverhalten, gegenseitige Hilfestellung und Kommunikation, Teamarbeit und Kooperationsbereitschaft, selbst organisiertes und verantwortetes Handels sowie sportmotorische Zielsetzungen in hohem Maße positiv förderten und den Jugendlichen die Bedeutung und den Umgang mit der Natur vermittelten. Wegen der Einzelheiten der Motivation und Effekte der Kanutouren wird auf die Schreiben der Lehrer des Marie-Curie-Gymnasiums vom 01.06.2005, des Theodor-Heuss-Gymnasium…vom 04.06.2005 und der Hauptschule von Galen in…vom 19.07.2005 verwiesen.

Der Kläger erklärte die aus diesen Kanutouren erzielten Umsätze in seinen Umsatzsteuererklärungen der Streitjahre 1997 - 1999 als steuerfreie Umsätze gemäß § 4 Nr. 23 UStG. Nach einer Außenprüfung ging der Beklagte davon aus, dass die Umsätze der Regelbesteuerung unterlägen und setzte die Umsatzsteuer mit Änderungsbescheiden vom 30.01.2003 entsprechend fest. Der dagegen eingelegte Einspruch war erfolglos. Hiergegen richtet sich die Klage.

Der Kläger ist der Auffassung, die Umsätze seien gemäß § 4 Nr. 23 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Er habe die Jugendlichen bei sich zu Erziehungs-, Ausbildungs- und Fortbildungszwecken aufgenommen und entsprechende Leistungen selbst erbracht. Eine Aufnahme sei gegeben, da er für die Zeit der Projektwochen die Verantwortung für die Jugendlichen während des Aufenthaltes auf dem Wasser allein und während der Zeit des Landaufenthaltes gemeinsam mit begleitenden Lehrern als Betreuern gehabt habe. Die Jugendlichen seien für Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecke von ihm aufgenommen worden. Diese Zwecke umfassten die gesamte geistige, sittliche und körperliche Erziehung und Fortbildung von Jugendlichen. Hierzu gehören u. a. auch die sportliche Erziehung. Für die Zeit des gesamten Aufenthalts habe er die Ziele der Schule eigenverantwortlich übernommen und gestaltet gehabt. Nur er und seine Mitarbeiter hätten über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, solche Projektwochen sinn- und zielvoll zu gestalten. Insofern hätten sie pädagogische Ziele im motorischen, kognitiven und sozialaffektiven Bereich verfolgt, was im Schulalltag nur schwer umsetzbar gewesen sei. Die Beweglichkeit auf dem Wasser sei erforderlich gewesen, um die Ziele der Projektwochen, die Erkundung des Ökosystems Flussniederungen, verwirklichen zu können. Die von ihm vermittelten Lerneffekte entsprächen damit den Vorgaben der von den Schule...

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