Beschwerde eingelegt

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten für zwei häusliche Arbeitszimmer eines Lehrerehepaars: Eintragung höherer Freibeträge auf den Lohnsteuerkarten 2009 im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes (Aussetzung der Vollziehung)

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den Voraussetzungen der AdV gemäß § 69 FGO.
  2. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob das ab VZ 2007 geltende Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG betreffend Aufwendungen (hier: eines Lehrers, dem kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht) für ein häusliches Arbeitszimmer, mit Ausnahme der Fälle, in denen das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, verfassungsgemäß ist.
  3. Die Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers sind für Lehrer beruflich veranlasst. Sie sind zur Erwerbssicherung unvermeidlich, denn Lehrer müssen mangels angemessenen Arbeitsplatzes in der Schule, ihren Unterricht zu Hause vorbereiten und nachbereiten.
  4. Der Anspruch der Antragsteller auf effektiven Steuer-Rechtsschutz tritt nicht hinter das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltswirtschaft des Staates zurück.
 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b; FGO § 69

 

Streitjahr(e)

2009

 

Tatbestand

I. Im Klageverfahren, das unter dem Aktenzeichen 7 K 75/09 beim erkennenden Senat anhängig ist, streiten

die Beteiligten für das Steuerjahr 2009 darüber, ob für die Aufwendungen bezüglich ihrer häuslichen

Arbeitszimmer höhere Freibeträge auf ihren Lohnsteuerkarten einzutragen sind, obwohl nach der ab dem

Veranlagungszeitraum 2007 geltenden Regelung des § 9 Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 5 Satz 1

Nr. 6b EStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2007 vom 19.7.2006 (BGBl I, 1652)

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung grundsätzlich nicht zu

berücksichtigen sind, sofern nicht (ausnahmsweise) das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten

betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

Die Antragsteller sind miteinander verheiratet, er ist Schulleiter einer Realschule, sie ist Lehrerin an einer

Grundschule. Die Antragsteller, die jeweils Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielen, nutzen in ihrem

eigenen Einfamilienhaus mit Anbau und einer gesamten Wohn- und Nutzfläche von rund 218 qm (davon

Anbau: etwa 53 qm) jeweils ein häusliches Arbeitszimmer (rund 12 und 11 qm groß). In den Vorjahren (bis

einschließlich 2006) berücksichtigte das Finanzamt die von den Antragstellern insoweit geltend gemachten

Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Neben anderen

unstreitigen, den Arbeitnehmer-Pauschbetrag übersteigenden Werbungskosten machen der Antragsteller

bezüglich seines Arbeitszimmers für das Streitjahr 535 € an (voraussichtlichen) Kosten geltend, die

Antragstellerin 950 €. Die Antragsteller tragen (unwidersprochen) vor, dass ihnen für die Vor- und

Nachbereitung des Schulunterrichts keine geeigneten Arbeitsplätze in der Schule zur Verfügung stehen. Zwar

stünde dem Antragsteller zeitweise ein Büro für seine Schulleitertätigkeit zur Verfügung. Dieses Büro könne

er aber nur während der vormittäglichen Unterrichtszeit nutzen, weil zum Unterrichtsende hin nach Weisung

der vorgesetzten Behörde die Raumtemperatur erheblich gesenkt werde.

Gegen den insoweit ablehnenden Bescheid über die Lohnsteuer-Ermäßigung 2009 legten die Antragsteller

erfolglos Einspruch ein. Ihren Antrag, wegen der Aufwendungen für ihre Arbeitszimmer höhere Freibeträge im

Wege vorläufigen Rechtsschutzes (Aussetzung der Vollziehung) auf den Lohnsteuerkarten für 2009

einzutragen, lehnte das Finanzamt ab. Die Antragsteller haben daraufhin beim Finanzgericht einen Antrag auf

Aussetzung der Vollziehung gestellt.

Die Antragsteller beantragen (sinngemäß), im Wege der Aussetzung der Vollziehung der Bescheide über

Lohnsteuerermäßigungen 2009 auf der Lohnsteuerkarte 2009 des Antragstellers einen um 535 € erhöhten

Freibetrag und auf der Lohnsteuerkarte 2009 der Antragstellerin einen um 950 € erhöhten Freibetrag

einzutragen.

Das Finanzamt beantragt, den Antrag abzulehnen.

Es verweist auf die ab 1.1.2007 geltende Neuregelung des § 9 Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 5

Satz 1 Nr. 6b EStG. Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung der neuen Vorschrift lägen nicht vor. Denn

bei Lehrern befinde sich der Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung regelmäßig nicht im

häuslichen Arbeitszimmer, weil die berufsprägenden Merkmale eines Lehrers im Unterrichten bestünden und

diese Leistungen in der Schule oder vergleichbaren Lehreinrichtungen zu erbringen seien (mit Hinweis auf BFH-Urteil vom 26.2.2003 VI R 125/01, BFHE 202, 109, BStBl. II 2004, 72).

Das Finanzamt hat im vorliegenden Verfahren keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Antragstellerzur Nutzung und zur Höhe der voraussichtlichen Kosten der Arbeitszimmer geäußert.

 

Entscheidungsgründe

II. Der Antrag hat Erfolg.

1. a) Zu den Beträgen, die im Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte

eingetr...

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