Rz. 12

Bereits im Rahmen der CSR-Richtlinie war vorgesehen, dass die Europäische Kommission den von der neuen Berichtspflicht betroffenen Unternehmen unverbindliche Leitlinien zur Verfügung stellt, um ihnen die Angabe nichtfinanzieller Informationen zu erleichtern.[1] Die Publikation der Leitlinien erfolgte Mitte 2017, ein Nachtrag für klimabezogene Angaben 2019.[2] Im Rahmen der veröffentlichten Leitlinien ermutigt der europäische Richtliniengeber die Unternehmen ausdrücklich, die ihnen durch die Richtlinie gewährte Flexibilität zu nutzen, um die Entwicklung innovativer Berichterstattungslösungen zu fördern. Insofern handelt es sich bei dieser Orientierungshilfe weder um eine neue rechtliche Verpflichtung noch um einen technischen Standard. Allerdings ist eine Tendenz zu einer vestärkten Standardisierung feststellbar und durch die Taxonomie-Verordnung auch von der EU bereits zumindest indirekt teilweise bereits erfolgt, wie oben aufgezeigt. Damit die Leitlinien dem Ziel der Europäischen Kommission gerecht werden, eine prinzipiengeleitete Anwendungshilfe bereitzustellen, welche von den Unternehmen für die Offenlegung relevanter, zweckdienlicher und vergleichbarer nichtfinanzieller Informationen zugrunde gelegt werden kann, wurde in diesem Zusammenhang auf bewährte Verfahren, einschlägige Entwicklungen sowie die Ergebnisse anderer in diesem Bereich auf internationaler Ebene ergriffener Initiativen einbezogen.[3]

 

Rz. 13

In Bezug auf die Offenlegung wesentlicher Informationen empfiehlt die Europäische Kommission den Unternehmen, diese kontextbezogen zu bewerten. Dabei sollten vor allem konkreten Situationen und sektor- bzw. branchenspezifische Umstände berücksichtigt werden. Zur Bewertung der Wesentlichkeit nichtfinanzieller Belange können laut den Leitlinien beispielsweise folgende Faktoren einbezogen werden:

  • Geschäftsmodell, Strategie und wesentliche Risiken,
  • wichtige sektorspezifische Aspekte,
  • Interessen und Erwartungen relevanter Interessenträger,
  • Auswirkung der Tätigkeiten,
  • politische und regulatorische Einflussfaktoren.

Um die Wesentlichkeit der offengelegten Aspekte stets zu gewährleisten, sollten darüber hinaus die dazugehörigen Wesentlichkeitsprüfungen regelmäßig überprüft und vor allem im Kontext besonders dynamischer und innovativer Branchen entsprechend angepasst werden. Auch hier steht allerdings der "doppelte Wesentlichkeitsvorbehalt"[4] des CSR-RUG in einem starken Kontrast zu dem konzeptionell begründete Verständnis von Wesentlichkeit etwa der GRI oder aktuell der CSRD und der ESRS. Nach Letzteren werden als wesentliche Themen diejenigen definiert, die "die erheblichen ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen einer Organisation widerspiegeln" oder die "sich wesentlich auf die Beurteilung und Entscheidungen der Stakeholder auswirken".[5] Stakeholder werden dabei definiert als Personen, "bei denen davon ausgegangen werden kann, dass sie in einem beträchtlichen Maße von Aktivitäten, Produkten und Dienstleistungen der Organisation betroffen sind oder dass ihre Handlungen die Fähigkeit der Organisation zur erfolgreichen Umsetzung von Strategien oder zur Erreichung von Zielvorgaben beeinflussen können." In der Praxis stellt gerade diese Auswahl eine große Herausforderung dar.[6]

 

Rz. 14

Damit die in der nichtfinanziellen Erklärung dargelegten Aspekte als den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend, ausgewogen und verständlich anzusehen sind, ist grundsätzlich dem Informationsbedarf der relevanten Interessenträger Rechnung zu tragen. Daher sollen einerseits die Berichtsadressaten nicht durch wesentliche Falschdarstellungen irregeführt und andererseits Tatsachen deutlich von Meinungen und Interpretationen abgegrenzt werden. Die Europäische Kommission nennt in diesem Zusammenhang beispielsweise folgende Maßnahmen, welche dazu beitragen können, die offengelegten CSR-Angaben möglichst korrekt zu gestalten:

  • geeignete Regelungen im Bereich der Unternehmensführung,
  • robuste und zuverlässige Nachweise sowie interne Kontroll- und Berichtssysteme,
  • die wirksame Einbeziehung sämtlicher Interessenträger,
  • eine unabhängige externe Prüfung.

Des Weiteren wird empfohlen, wesentliche nichtfinanzielle Aspekte in einem entsprechenden Zusammenhang darzulegen sowie textliche Beschreibungen, quantitative Informationen und unterstützende visuelle Darstellungen miteinander zu verknüpfen, um sowohl eine leichtere Verständlichkeit als auch eine erhöhte Transparenz zu ermöglichen.

 

Rz. 15

Für eine umfassende, aber prägnante Offenlegung der wesentlichen Informationen hängt die erforderliche Informationstiefe laut den Leitlinien davon ab, in welchem Maß der betreffende Sachverhalt als wesentlich eingestuft wird. Die nichtfinanziellen Belange sollen von den Unternehmen lediglich in dem Umfang formuliert werden, als dass diese den Interessenträgern tatsächlich helfen, den Geschäftsverlauf, das Geschäftsergebnis, die Lage des Unternehmens und die Auswirkungen seiner Tätigkeiten nachzuvollziehen. Damit soll die nichtfinanzielle Er...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge