Leitsatz

1. Zum nicht begünstigten jungen Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG i.d.F. des ErbStRG gehört jedes einzelne Wirtschaftsgut des Verwaltungsvermögens, das sich weniger als zwei Jahre vor dem Stichtag durchgehend im Betriebsvermögen befand. Es ist keine gruppenbezogene Betrachtung vorzunehmen.

2. Auf die Herkunft des Vermögensgegenstandes oder der zu seiner Finanzierung verwendeten Mittel kommt es nicht an.

 

Normenkette

§ 13a, § 13b ErbStG 2009

 

Sachverhalt

Die Klägerin erbte im Jahr 2010 eine Kommanditbeteiligung. Zum Betriebsvermögen der KG gehörten im Zeitpunkt des Erbfalls deutsche Bundesanleihen und -obligationen, welche innerhalb der letzten beiden Jahre vor dem Erbfall angeschafft worden waren. Für einige dieser Neuanschaffungen waren betriebliche Liquiditätsreserven verwendet worden; teilweise waren die Anschaffungen im Wege einer bloßen Umschichtung im Wertpapierdepot der KG erfolgt.

Das FA ging bei der Erbschaftsteuerfestsetzung davon aus, dass die innerhalb der letzten beiden Jahre vor dem Erbfall angeschafften Wertpapiere als junges Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. zu qualifizieren seien. Ihr Erwerb sei daher nicht begünstigt.

Einspruch und Klage blieben erfolglos (FG Münster, Urteil vom 30.11.2017, 3 K 2867/15 Erb, Haufe-Index 11638517, EFG 2018, 576).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück. Die von der KG innerhalb von zwei Jahren vor dem Eintritt des Erbfalls erworbenen Wertpapiere stellten junges Verwaltungsvermögen dar, das nicht nach §§ 13a, 13b ErbStG a.F. begünstigt sei.

 

Hinweis

Der BFH hat sich im Besprechungsurteil sowie in den gleichzeitig ergangenen Urteilen II R 13/18, II R 18/18 und II R 41/18, die ebenfalls in diesem Heft besprochen werden, sowie dem nicht zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehenen Urteil II R 21/18 erstmals mit dem Begriff des nicht begünstigten jungen Verwaltungsvermögens i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG i.d.F. des Art. 1 Nr. 12 ErbStRG vom 24.12.2008 (BGBl I 2008, 3018) – ErbStG a.F. – befasst. Er hat sich dabei der (umstrittenen) Auffassung der Finanzverwaltung angeschlossen, nach der es auf die einzelnen Wirtschaftsgüter ankommt und keine gruppenbezogene Betrachtung vorzunehmen ist (R E 13b.19 Abs. 1 Satz 2 ErbStR 2011, BStBl I 2011, Sondernr. 1/2011, 2).

1. Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 ErbStG a.F. bleibt vorbehaltlich des § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. unter weiteren, hier nicht relevanten Voraussetzungen u.a. der Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG zu 85 % außer Ansatz (Verschonungsabschlag). Zu Letzteren zählt auch die KG. § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. ermöglicht einen Verschonungsabschlag von 100 %, wenn u.a. der Anteil des Verwaltungsvermögens die Grenze von 10 % nicht überschreitet.

Gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. bleibt ausgenommen Vermögen i.S.d. Abs. 1 der Vorschrift, wenn das Betriebsvermögen der Betriebe oder der Gesellschaften zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht.

2. Zum Verwaltungsvermögen gehören gemäß § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG a.F. nach jeweils näherer Maßgabe:

  • Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke (Nr. 1)
  • Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 % oder weniger beträgt (Nr. 2)
  • Beteiligungen an Personen‐ und Kapitalgesellschaften, wenn bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % beträgt (Nr. 3)
  • Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen (Nr. 4)
  • Kunstgegenstände u. Ä. (Nr. 5)

3. Kommt § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. nicht zur Anwendung, gehört solches Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 ErbStG a.F. nicht zum begünstigten Vermögen i.S.d. Abs. 1 der Vorschrift, welches dem Betrieb im Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (§ 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F.).

a) Dieses nicht zum begünstigten Vermögen gehörende Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. ist durch Art. 8 Nr. 2 Buchst. a StVereinfG 2011 vom 1.11.2011 (BGBl I 2011, 2131) als "junges Verwaltungsvermögen" legal definiert worden.

b) § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. ist wirtschaftsgutbezogen zu verstehen. Ein Wirtschaftsgut des Verwaltungsvermögens, das sich weniger als zwei Jahre durchgehend im Betriebsvermögen desjenigen Betriebes befand, der unmittelbar oder vermittelt durch einen Gesellschaftsanteil Gegenstand des Erwerbs ist, ist "junges Verwaltungsvermögen" und als solches nicht begünstigt. Es ist keine Saldierung oder gattungsbezogene Betrachtung vorzunehmen.

Auf die Herkunft des Vermögensgegenstandes oder der zu seiner Finanzierung verwendeten Mittel kommt es nicht an. Bereits ein bloßer Aktivtausch innerhalb des Verwaltungsvermögens während der Zweijahresfrist ist begünstigungsschädlich; so z.B. eine Umschichtung innerhalb eines Wertpapierdepots. Eine einzelfallbezogene Missbrauchsprüfung findet nicht statt.

§ 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. setzt nicht die Einlage vo...

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