BMF, 19.6.2018, IV A 4 - S 0316/13/10005 :053

Anwendungserlass zu § 146 AO

Durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22.12.2016 (BGBl S. 3152) ist § 146 Abs. 1 AO neu gefasst worden. Diese Änderung ist am 29.12.201 6 in Kraft getreten. Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung zu § 146 AO wird daher neu gefasst.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird im Anwendungserlass zur Abgabenordnung vom 31.1.2014 (BStBl 2014 I S. 290), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 29.5.2018 (BStBl 2018 I S. 699) geändert worden ist, mit sofortiger Wirkung die Regelung zu § 146 AO wie folgt gefasst:

„AEAO zu § 146 – Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen:

Inhaltsübersicht

1. Allgemeines

2. Einzelaufzeichnungspflicht (§ 146 Abs. 1 AO)

2.1 Grundsätze der Einzelaufzeichnung

2.2 Ausnahme der Einzelaufzeichnungspflicht aus Zumutbarkeitsgründen

3. Aufzeichnungspflichten bei Verwendung einer offenen Ladenkasse

4. Verzögerungsgeld (§ 146 Abs. 2b AO)

5. DV-gestützte Buchführung (§ 146 Abs. 5 AO)

1. Allgemeines

1.1 Nur der ordnungsmäßigen Buchführung kommt Beweiskraft zu (§ 158 AO). Verstöße gegen die Vorschriften zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen (§§ 140 bis 147 AO) können z.B. die Anwendung von Zwangsmitteln nach § 328 AO, eine Schätzung nach § 162 AO oder eine Ahndung nach § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 AO zur Folge haben. Die Verletzung der Buchführungspflichten ist unter den Voraussetzungen der §§ 283 und 283b StGB (sog. Insolvenzstraftaten) strafbar.

1.2 Zu den Begriffen „vollständig, richtig, zeitgerecht, geordnet und unveränderbar” vgl. Rzn. 36 bis 60 des BMF-Schreibens vom 14.11.2014, BStBl 2014 I S. 1450.

1.3 Es ist Aufgabe des Steuerpflichtigen, seine aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Unterlagen so zu organisieren, dass bei einer zulässigen Einsichtnahme in die steuerlich relevanten Unterlagen (Daten) keine gesetzlich geschützten Bereiche tangiert werden können, zum Beispiel bei Rechtsanwälten, Steuerberatern, Ärzten usw.

1.4 Buchführungspflichtige Steuerpflichtige haben für Bargeldbewegungen ein Kassenbuch (ggf. in der Form aneinandergereihter Kassenberichte) zu führen.

2. Einzelaufzeichnungspflicht (§ 146 Abs. 1 AO)

2.1 Grundsätze der Einzelaufzeichnung

2.1.1 Aufzeichnungen (z.B. nach §§ 238 ff. HGB und nach § 22 UStG) müssen unterschiedlichen steuerlichen Zwecken genügen. Erfordern verschiedene Rechtsnormen gleichartige Aufzeichnungen, so ist eine mehrfache Aufzeichnung für jede Rechtsnorm nicht erforderlich (vgl. Rz. 13 des BMF-Schreibens vom 14.11.2014, BStBl 2014 I S. 1450). Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung gilt demnach unabhängig von der Gewinnermittlungsart. Hinsichtlich der Aufzeichnungspflichten bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln vgl. AEAO zu § 146, Nr. 2.1.7.

2.1.2 Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung erfordern grundsätzlich die Aufzeichnung jedes einzelnen Geschäftsvorfalls unmittelbar nach seinem Abschluss und in einem Umfang, der einem sachverständigen Dritten in angemessener Zeit eine lückenlose Überprüfung seiner Grundlagen, seines Inhalts, seiner Entstehung und Abwicklung und seiner Bedeutung für den Betrieb ermöglicht. Das bedeutet nicht nur die Aufzeichnung der in Geld bestehenden Gegenleistung, sondern auch des Inhalts des Geschäfts und des Namens des Vertragspartners. Dies gilt auch für Bareinnahmen und für Barausgaben (vgl. BFH-Urteil vom 12.5.1966, IV 472/60, BStBl 1966 III S. 371). Die vorgenannten Grundsätze gelten für jeden, der eine gewerbliche, berufliche oder land- und forstwirtschaftliche, Tätigkeit selbständig ausübt. Der Umstand der sofortigen Zahlung rechtfertigt keine Ausnahme (vgl. BFH-Urteil vom 26.2.2004, XI R 25/02, BStBl 2004 II S. 599).

2.1.3 Die Grundaufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass sie jederzeit eindeutig in ihre Einzelpositionen aufgegliedert werden können. Zeitnah, d.h. möglichst unmittelbar zu der Entstehung des jeweiligen Geschäftsvorfalles aufzuzeichnen sind der verkaufte, eindeutig bezeichnete Artikel, der endgültige Einzelverkaufspreis, der dazugehörige Umsatzsteuersatz und -betrag, vereinbarte Preisminderungen, die Zahlungsart, das Datum und der Zeitpunkt des Umsatzes sowie die verkaufte Menge bzw. Anzahl. Die Möglichkeit zum Ausweis des Steuerbetrags in einer Summe nach § 32 UStDV in der Rechnung und die Zusammenfassung des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags in einer Summe nach § 33 Satz 1 Nr. 4 UStDV in der Rechnung bleiben unbenommen. Eine Verpflichtung zur einzelnen Verbuchung (im Gegensatz zur Aufzeichnung) eines jeden Geschäftsvorfalls besteht nicht. Werden der Art nach gleiche Waren mit demselben Einzelverkaufspreis in einer Warengruppe zusammengefasst, wird dies nicht beanstandet, sofern die verkaufte Menge bzw. Anzahl ersichtlich bleibt. Dies gilt entsprechend für Dienstleistungen.

2.1.4 Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob der Ste...

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