Leitsatz

Eine Aussetzung der Vollziehung eines Erbschaftsteuerbescheids kommt alleine wegen möglicher Verfassungswidrigkeit der Regelungen des ab dem 1.1.2009 geltenden Erbschaftsteuerrechts nicht in Betracht.

 

Sachverhalt

Ein Schenker wandte seinem Bruder noch unter Geltung des alten Erbschaftsteuerrechts in 2008 Vermögen zu. Anfang 2009 schenkte er ihm zusätzlich noch 25.000 EUR Bargeld zur Altersversorgung. Im Rahmen der Zusammenrechnung nach § 14 ErbStG erließ das Finanzamt einen Schenkungsteuerbescheid, in dem unter Berücksichtigung des neuen persönlichen Freibetrags von 20.000 EUR und des neuen Steuersatzes nach § 19 Abs. 1 ErbStG i. H. v. 30 % eine Schenkungsteuer festgesetzt wurde.

Mit Zustimmung des Finanzamts erhob der Beschenkte Sprungklage beim Finanzgericht gegen den Schenkungsteuerbescheid, über die bisher noch nicht entschieden wurde. Zur Begründung wurde auf die Verfassungswidrigkeit des ab dem 1.1.2009 geltenden Erbschaftsteuerrechts verwiesen, die insbesondere darin bestehen würde, dass bestimmte Vermögensgegenstände (Betriebsvermögen, bestimmte Anteile an Kapitalgesellschaften) ganz oder weitgehend von der Erbschaftsteuer ausgenommen sind. Außerdem sei die unterschiedslose Besteuerung zwischen Verwandten der Steuerklasse II und nicht Verwandten in der Steuerklasse III ein Verstoß gegen den besonderen Schutz der Familie.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Bei der Aussetzung der Vollziehung muss eine Abwägung zwischen dem besonderen Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem öffentlichen Interesse an einer geordneten Haushaltsführung vorgenommen werden. Dabei ist zu beachten, dass keine weitergehende Entscheidung getroffen wird, als vom BVerfG im Rahmen einer möglichen abstrakten bzw. konkreten Normenkontrolle zu erwarten wäre. Da das BVerfG bisher bei einem Verstoß gegen die Verfassung die bisherigen Regelungen des Erbschaftsteuerrechts nicht rückwirkend für nicht anwendbar erklärt hatte, würde eine Nichtanwendbarkeit des neuen Erbschaftsteuerrechts bei einem erwarteten Steueraufkommen von 4 bis 5 Mrd. EUR zu erheblichen Eingriffen in die Haushaltsführung führen.

Das Gericht verkennt jedoch nicht die vom Antragsteller gerügte Divergenz zwischen der weitreichenden Begünstigung von Betriebsvermögen aufgrund der Verschonungsregelungen im Vergleich zu den übrigen Vermögensgegenständen - so insbesondere einem mit dem Nennwert anzusetzenden Barvermögen - einerseits und zwischen der steuerlichen Belastung von Erwerbern der Steuerklasse II gegenüber den geringer belasteten Erwerbern der Steuerklasse I bzw. den gleich belasteten Erwerbern der Steuerklasse III aufgrund der Tarifvorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG n.F. andererseits. Über diese Frage ist dann aber im Hauptsachverfahren zu entscheiden.

 

Hinweis

Ob das seit dem 1.1.2009 geltende Erbschaftsteuerrecht den Vorgaben des BVerfG genügt oder auch wieder gegen verfassungsrechtliche Normen verstößt, wird endgültig wohl wieder vom BVerfG selber entschieden werden. Zu beachten ist aber, dass der vom Kläger vorgetragene Grund der Verfassungswidrigkeit durch die unterschiedslose Besteuerung in der Steuerklasse II und III mittlerweile - zumindest für alle ab dem 1.1.2010 anfallende Erwerbe - durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz durch Änderung des § 19 Abs. 1 ErbStG entfallen ist. So kann sich aus diesem Grund nur eine verfassungsrechtliche Problematik für alle Erwerbe in 2009 ergeben.

Das Finanzgericht hat aber die Beschwerde zugelassen, da sich insbesondere aus dem Beschluss des BFH v. 25.8.2009 zur Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots bei häuslichen Arbeitszimmern (AZ:VI B 69/09) eine andere Abwägung zwischen dem Anspruch des Antragsstellers auf effektiven Rechtsschutz auf der einen Seite und an dem öffentlichen Interesse an einer geordneten öffentlichen Haushaltsführung auf der anderen Seite ergeben könnte.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Beschluss vom 05.10.2009, 4 V 1548/09

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