Der Maschinenbau ist ein weites Feld unterschiedlichster Anwendungsgebiete, Größe und Komplexität. Entsprechend schwer ist es, Gemeinsamkeiten in betriebswirtschaftlichen und organisatorischen Fragestellungen zu beschreiben.

Herausforderungen und Lösung in diesem Beitrag beziehen sich auf ein Segment dieser Branche, welches weder eindeutig Serienprodukte erstellt (wie bei Elektrowerkzeugen und Küchenmaschinen) noch klassisch individuelle Anlagen und Großmaschinen (wie Chemieanlagen und Großdruckmaschinen) (s. Abb. 1).

Abb. 1: Segmentierung des Maschinenbaus nach Individualität

Im Grunde besteht die Herausforderung dieser Lösungen darin, die Maschinen für den Kunden möglichst einmalig und individuell zu erstellen, intern jedoch die Komplexität und damit den Konstruktions- und Herstellungsaufwand sowie die Qualitätsrisiken zu minimieren. In anderen Worten gilt es, die innere Komplexität gegenüber der äußeren Komplexität deutlich zu reduzieren, z. B. mit Baukastenkonzepten.

Externe Individualität und geringe interne Komplexität = erfolgreiche Produkte

Dies hat auch wesentliche Auswirkungen auf den Angebotsprozess in solchen Maschinenbau-Unternehmen.

1.1 Standardprodukte vs. kundenindividuelle Lösungen

Für Standardmaschinen gibt es klare Preislisten, aus denen der Kunde die Produkte auswählt. Daneben kann es Ausstattungsvarianten und Zusatzfunktionen geben, die ebenfalls komplett vordefiniert sind. Wenn es um eine Komplexität wie die eines normalen Autos geht, in der man zwischen verschiedenen Motoren, Interieurs, Farben, Fahrgestellen etc. wählen kann, ergibt sich schon eine Variantenvielfalt, die betriebswirtschaftlich nur durch eine hohe Stückzahl und sehr klare Prozesse abbildbar sind. Dennoch gibt es bei solchen Produkten keine Konstruktionsarbeit, sondern nur Konfiguration.

Kosten und Preis für individuelle Lösungen müssen geschätzt werden

Sobald kundenindividuelle Komponenten ins Spiel kommen, die genau so noch nie erstellt wurden, fallen Konstruktionstätigkeiten an, die bis zu Innovationen gehen, also (technische) Neuheiten. Für das Unternehmen gilt es dann bereits in einer Angebotsphase abzuschätzen, was diese Kundenlösungen kosten und welcher Verkaufspreis dafür angesetzt werden kann. Da es einerseits dafür keinen klaren Marktpreis gibt, andererseits aber Wettbewerber existieren, die ähnliche Leistungen anbieten, ist es stets aufs Neue eine große Herausforderung, profitable Aufträge mit diesen individuellen Lösungen zu generieren.

1.2 Abschätzung des Aufwands für Konstruktion, Fertigung und Außenmontage

In der Angebotsphase gilt es abzuschätzen, welcher Aufwand für die Erstellung und ggf. Vor-Ort-Montage der Maschine anfallen wird. Dabei gilt es zu klären,

  • welche Standardkomponenten verwendet werden, die keine kundenindividuellen Anteile zulassen (Grundmaschine),
  • welche Elemente aus Standardbauteilen gebaut werden können (Gerüst, Antriebe, …) und
  • welche Funktionalitäten neu konstruiert werden müssen.

Dann gilt es abzuschätzen, welcher personelle Aufwand, welche Materialkosten und sonstigen Kosten in den verschiedenen Phasen der Produkterstellung anfallen werden. Auf dieser Basis kann dann ein Angebotspreis ermittelt werden.

In einer frühen Phase des Angebotsprozesses steht immer die Herausforderung, einerseits diese Kostenabschätzung sorgfältig und unter Berücksichtigung aller Komponenten zu erstellen. Andererseits kann die Maschine nicht bereits konstruiert werden, nur um die Kosten zu kennen und daraufhin ein belastbares Angebot zu erstellen. Auch bliebe gar nicht die Zeit dafür, weil der Kunde bzw. Interessent möglichst umgehend ein Angebot haben möchte.

Im Kern besteht im Angebotsprozess also stets ein Dilemma der Informationsverfügbarkeit bezüglich der zu erwarteten Aufwände.

1.3 Ausschreibungen mit Fokus auf den Preis

Preis und technische Lösung müssen abgewogen werden

Maschinen sind für die Kunden Investitionsobjekte und meist relativ teuer. Daher werden solche Investitionen oft in Form einer Ausschreibung bei verschiedenen Anbietern angefragt. Oft sind dabei detaillierte Funktionsanforderungen genannt, die technische Lösung im Detail bleibt aber dem Angebot der Lieferanten vorbehalten. Um hier einen Wettbewerbsvorsprung zu haben und den Auftrag zu gewinnen, bieten die Unternehmen qualitativ hochwertige und technisch innovative Lösungen an. Somit gibt es in Technik und Ausstattung sowie im Umfang der Services oft größere Unterschiede zwischen den Angeboten. In aller Regel wird dies von den Kunden zwar zur Kenntnis genommen, aber vor dem Hintergrund des allgegenwärtigen Kostendrucks der Angebotsvergleich vor allem jedoch nach dem Preis vorgenommen.

Hier entsteht erneut ein Dilemma: Das Angebot muss das günstigste sein, soll aber auch inhaltlich überzeugen.

In vielen Fällen gelingt es nicht, diesen vielen Herausforderungen eines Angebots für Maschinen mit kundenindividuellen Anforderungen zu genügen. Dies führt dann dazu, dass die Kosten ungeplant steigen, während der fix verhandelte Verkaufspreis unveränderbar ist.

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