Leitsatz

Ein nachträgliches Benennungsverlangen ist keine neue Tatsache im Sinne von § 173 AO.

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielte Einkünfte aus dem An- und Verkauf von Schrott. Die Einkünfte wurden durch Einnahme-Überschuss-Rechnung an Amtsstelle nach den Aufzeichnungen des Klägers ermittelt. Auf dieser Grundlage setzte das Finanzamt Einkommen und Gewerbesteuer für die Jahre 2006 bis 2009 fest, nur teilweise unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Jahr 2011 wurde bei dem Kläger eine Außenprüfung durchgeführt. Hierbei wurde festgestellt, dass für den Wareneinkauf teilweise keine Belege vorlagen. Trotz mehrfacher Aufforderung weigerte sich der Kläger die Kunden zu benennen. Das Finanzamt kürzte hierauf die Betriebsausgaben und erhöhte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb entsprechend. Entsprechend geänderte Steuerbescheide ergingen, wobei die Änderung auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützt wurde, soweit kein Vorbehalt der Nachprüfung bestand. Der Kläger legte gegen die geänderten Steuerbescheide Einspruch ein, den er damit begründete, dass hier keine neue Tatsache gegeben sei. Dem Finanzamt seien sämtliche Tatsachen bereits bei der ersten Steuerfestsetzung bekannt gewesen. Das Finanzamt wies den Einspruch zurück, da es das Benennungsverlangen als eine neue Tatsache ansah.

 

Entscheidung

Die Klage hatte insofern Erfolg, als eine Änderung der Steuerbescheide, die nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen, nicht aufgrund einer neuen Tatsache möglich sei. Zwar sei es zutreffend, dass hier das Finanzamt eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen habe vornehmen dürfen. Auch sei die Schätzung dem Grunde und der Höhe nach nicht zu beanstanden. Dies gelte zumal deswegen, weil der Kläger dem Benennungsverlangen des Finanzamts nach § 160 AO nicht nachgekommen sei. Für die nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Steuerfestsetzungen sei aber keine Korrekturnorm gegeben, so dass insbesondere die Einkommensteuer 2006 bis 2008 nicht mehr geändert werden dürfe. Zwar sei das Benennungsverlange eine Tatsache, diese dürfe aber nicht mehr berücksichtigt werden, da hier das Finanzamt das Benennungsverlangen erst nach Eintritt der Bestandskraft gestellt habe.

 

Hinweis

Der Fall weist sicherlich einige Besonderheiten auf. So dürfte es eher selten vorkommen, dass bei einem Schrotthändler die Ermittlung der Einkünfte im Finanzamt erfolgt. Unzweifelhaft zutreffend ist es dabei hier gewesen, dass das Finanzamt ein Benennungsverlangen nach § 160 AO gestellt hat. Hierbei ist - soweit ersichtlich - bislang die Frage, bis wann ein solches Benennungsverlangen gestellt werden darf, damit dies im Rahmen einer Änderung nach § 173 AO berücksichtigt werden darf, nicht Gegenstand der Rechtsprechung gewesen. Der Kläger hatte insofern Glück, als das Finanzgericht davon ausging, dass dann keine neue Tatsache in dem Benennungsverlangen zu sehen ist, wenn dies erst nach dem Erlass des zu ändernden Bescheides geäußert worden ist. Dies erscheint zutreffend (siehe auch Schwarz, AO, § 173 AO Rz. 94ff. zum maßgeblichen Zeitpunkt des nachträglichen Bekanntwerdens). Gleichwohl hat das Gericht zur Klärung der Rechtsfrage die Revision zum BFH zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH das Urteil bestätigt.

Die Entscheidung ist vorerst nicht rechtkräftig, da die Revision durch das Finanzgericht zugelassen wurde. Das Aktenzeichen des BFH ist X R 10/13.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 16.01.2013, 4 K 214/11

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