Leitsatz

Die Gewährung eines krisenbestimmten Darlehens an die AG durch einen Aktionär, der zu diesem Zeitpunkt an der Gesellschaft unternehmerisch beteiligt ist, führt zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung.

 

Normenkette

§ 17 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 EStG 1997, § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB, § 133, § 157, § 314 Abs. 1 BGB, § 57 AktG, § 32a GmbHG

 

Sachverhalt

Der Kläger war zu 27 % an einer AG beteiligt und gewährte der Gesellschaft ein Darlehen mit den dargestellten Zusatzvereinbarungen.

Im Februar 2001 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der AG eröffnet. Der Insolvenzverwalter teilte noch 2001 mit, dass die Aktionäre nicht mit einer Ausschüttung rechnen könnten.

 

Entscheidung

FA und FG (Hessisches FG, Urteil vom 23.9.2014, 9 K 3123/11, Haufe-Index 7700547) haben das Begehren des Klägers, den Darlehensverlust bei den Einkünften aus § 17 EStG zu berücksichtigen, abgelehnt. Auf die Revision des Klägers hat der BFH der Klage stattgegeben.

 

Hinweis

Die Besprechungsentscheidung ist noch zum alten Eigenkapitalersatzrecht ergangen. Beachtlich sind vor allem zwei Aspekte:

1. Bei einem Aktionär führen eigenkapitalersetzende Finanzierungsmaßnahmen nur dann zu nachträglichen Anschaffungskosten i.S.d. § 17 EStG, wenn er unternehmerisch an der AG beteiligt ist. Das setzt in der Regel eine Beteiligung von mindestens 25 % voraus. So lag der Streitfall.

Geht es um den Verlust eines Darlehens, kommt es auf den Zeitpunkt an, in dem das Darlehen eigenkapitalersetzend geworden ist. Eine nachträgliche Verringerung der Beteiligungsquote ändert dann nichts mehr.

2. Im Übrigen hat der BFH die Auslegung des FG korrigiert. Dazu ist der BFH befugt, wenn das FG die gesetzlichen Auslegungsregeln (§ 133, § 157 BGB), die Denkgesetze oder die gesetzlichen Erfahrungssätze nicht beachtet hat.

a) Im Darlehensvertrag vom 20.6.1999 war u.a. vereinbart, das Darlehen könne erstmals zum 30.6.2004 zurückgezahlt werden. Wörtlich hieß es dort weiter: "Im Falle einer buchmäßigen Überschuldung fällt dieses Darlehen hinter die Ansprüche aller anderen Gläubiger zurück. Es kann frühestens dann zurückgezahlt werden, wenn diese buchmäßige Überschuldung nicht mehr existiert."

In einer wenig später abgeschlossenen Zusatzvereinbarung stellte der Kläger klar, das Darlehen könne auch nach dem 30.6.2004 nur zurückgezahlt werden, wenn die buchmäßige Überschuldung und die finanzielle Unternehmenskrise beendet seien. Für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der AG verzichte er auf die Darlehensrückzahlung.

b) Das FG hat diese Erklärungen dahin ausgelegt, dass der Kläger das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 314 Abs. 1 BGB nicht ausgeschlossen habe. Deshalb liege ein krisenbestimmtes Darlehen nicht vor.

c) Nach Auffassung des BFH ist der Darlehensvertrag hingegen so zu verstehen, dass jedes Kündigungsrecht des Klägers, das den Darlehenszweck vereiteln würde, bis zum 30.6.2004 und bei einem zwischenzeitlichen Eintritt einer Unternehmenskrise darüber hinaus bis zu deren Beendigung ausgeschlossen war. Der BFH hat deshalb ein von Anfang an eigenkapitalersetzendes Darlehen bejaht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 6.12.2016 – IX R 12/15

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