Leitsatz

Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden an geerbten Gegenständen wie Grundstücken oder Gebäuden, deren Ursache vom Erblasser gesetzt wurde, die aber erst nach dessen Tod in Erscheinung treten, sind nicht als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG

 

Sachverhalt

Der Kläger erbte im Frühjahr ein Hausgrundstück. Im Herbst zeigte sich ein Schaden am Gebäude, der noch auf eine falsche Heizölbestellung des Erblassers zurückzuführen war. Den Reparaturaufwand, den der Kläger als erwerbsmindernde Erblasserschuld deklariert hatte, erkannte das FA bei der Festsetzung der ErbSt nicht an. Die Vorinstanz (FG Münster, Urteil vom 30.4.2015, 3 K 900/13 Erb, Haufe-Index 8151968, EFG 2015, 1465) hat dieses Ergebnis mit der Begründung bestätigt, der Erblasser sei nicht noch zu Lebzeiten zur Schadensbeseitigung verpflichtet gewesen.

 

Entscheidung

Auch der BFH hat eine Berücksichtigung des Reparaturaufwands als Erblasserschuld abgelehnt.

Gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG sind von dem Erwerb des Erben die vom Erblasser herrührenden Schulden grundsätzlich als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig. Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden an geerbten Gegenständen, deren Ursache vom Erblasser gesetzt wurde, die aber erst nach dessen Tod in Erscheinung treten, sind dagegen nicht als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar. Etwas anderes gilt nur dann, wenn schon zu Lebzeiten des Erblassers eine öffentlich-rechtliche oder eine privatrechtliche Verpflichtung etwa gegenüber einem Mieter zur Mängel- oder Schadensbeseitigung bestand.

Diese Sichtweise verstößt nicht gegen das Bereicherungsprinzip nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG. Denn die Bereicherung wird konkretisiert durch das Stichtagsprinzip: Nach den Verhältnissen dieses Zeitpunktes – bei Erwerb von Todes wegen der Todeszeitpunkt – richten sich die Feststellungen des Umfangs und des Wertes des Erwerbs. Spätere Ereignisse können sich erbschaftsteuerrechtlich grundsätzlich nicht auswirken

Ein Widerspruch zur anerkannten Berücksichtigung der vom Erblasser herrührenden Einkommensteuerschulden des Todesjahres besteht nicht. Entscheidend für einen solchen Abzug ist, dass der Erblasser in eigener Person und nicht etwa der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger steuerrelevante Tatbestände verwirklicht hat.

Im Übrigen können Wertminderungen eines Gebäudes allenfalls bei der Grundstücksbewertung berücksichtigt werden

 

Hinweis

Die Berücksichtigung "latenter" Belastungen einer Erbschaft ist ein Dauerthema. Denn hier stehen sich Bereicherungsprinzip (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG) und Stichtagsprinzip (§ 11 ErbStG) gegenüber: das eine fordert die Berücksichtigung entreichernder Umstände, das andere erklärt die Verhältnisse zum Besteuerungszeitpunkt für maßgeblich. Grundsätzlich gilt folgende Differenzierung:

Im Streitfall besteht die Besonderheit, dass die Belastung in Gestalt eines Schadens am geerbten Gebäude noch vom Erblasser verursacht, aber erst nach dem Erbfall erkannt wurde. Der BFH hat eine Berücksichtigung bei der Erbschaftsteuerfestsetzung abgelehnt. Ob die Wertminderung möglicherweise bei der Bewertung des geerbten Grundstücks von Bedeutung sein könnte, ist problematisch, weil der Schaden auch am "Bewertungsstichtag" (vgl. § 157 Abs. 1 Satz 1 BewG) noch nicht erkennbar war.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.7.2017 – II R 33/15

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