Zusammenfassung

Zum 1.7.2021 treten die neuen Regelungen zum MwSt-Digitalpaket in der Europäischen Union in Kraft. Für Unternehmer, die an Personen in anderen Mitgliedstaaten Lieferungen ausführen, die keine innergemeinschaftlichen Erwerbe besteuern müssen, können sich nicht nur die wirtschaftlichen Konsequenzen verändern, auch die Erfassung dieser Umsätze kann dann anders erfolgen. Der Praxisfall stellt die für deutsche Unternehmen wichtigsten Grundlagen der Neuregelungen dar.

1 Problematik

Im Mittelpunkt der Änderungen durch das MwSt-Digitalpaket zum 1.7.2021 stehen die Lieferungen innerhalb der Europäischen Union an Abnehmer, die keine innergemeinschaftlichen Erwerbe besteuern müssen.[1] Bisher waren Lieferungen an diese Abnehmer als "Versandhandelslieferungen" über die Altfassung des § 3c UStG im Bestimmungsland ausgeführt, wenn der liefernde Unternehmer entweder die dort geltende Lieferschwelle[2] überschritt oder auf die Anwendung dieser Sonderregelung verzichtete.

Mit Wirkung zum 1.7.2021 ist diese Regelung als sog. "innergemeinschaftlicher Fernverkauf" reformiert worden. Der Ort der Lieferung ist weiterhin bei der Lieferung an einen Abnehmerkreis, der keinen innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung unterwerfen muss, nach § 3c Abs. 1 UStG dort, wo sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Es ergeben sich aber insbesondere 2 wesentliche Veränderungen:

  1. Es gibt keine Lieferschwelle in der bisher bekannten Höhe mehr. Es kommt lediglich eine für alle Mitgliedstaaten einheitliche Bagatellgrenze i. H. v. 10.000 EUR (Umsatzschwelle) zur Anwendung[3], die zusammen mit der bisher schon bekannten Bagatellgrenze für die Leistungen an Nichtunternehmer i. S. d. § 3a Abs. 5 UStG für Telekommunikationsdienstleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen[4] gilt. Die Umsatzschwelle gilt nicht pro Land, sondern für die Summe aller unter diese Regelungen fallenden Umsätze für alle anderen Mitgliedstaaten.
  2. Während bei der bisherigen Versandhandelsregelung der leistende Unternehmer unter den Bedingungen des § 3c UStG sich in dem jeweiligen Bestimmungsmitgliedstaat auch unmittelbar registrieren und besteuern lassen musste, ist die bisher nur für die TRFE-Leistungen geltende "Mini-One-Stop-Shop-Regelung" auf die innergemeinschaftlichen Fernverkäufe erweitert worden – jetzt als "One-Stop-Shop-Regelung"[5]. Dies bedeutet, dass der leistende Unternehmer die Besteuerungsverpflichtungen, die sich aus den innergemeinschaftlichen Fernverkäufen ergeben, über ein nationales elektronisches Portal (in Deutschland das Bundeszentralamt für Steuern – BZSt) abwickeln kann, ohne sich im jeweiligen Bestimmungsland registrieren zu lassen.
 
Praxis-Tipp

Änderungen gerade für kleinere Unternehmen relevant

Die Neuregelungen werden zu Anpassungen der Abläufe bei Unternehmern führen, die bisher aufgrund der "alten" Versandhandelsregelung steuerbare Lieferungen in anderen Mitgliedstaaten ausgeführt hatten. Aber insbesondere kleinere Unternehmen, die bisher aufgrund der recht hohen Lieferschwellen ihre Umsätze nur im Heimatstaat der Besteuerung unterworfen hatten, müssen sich jetzt mit diesen Veränderungen beschäftigen.

Über diese für deutsche Unternehmer relevanten Neuregelungen haben sich noch weitere Veränderungen ergeben, die aber im Wesentlichen voraussetzen, dass die Leistung durch einen Drittlandsunternehmer ausgeführt wird oder die Ware zumindest aus dem Drittland in die Europäische Union gelangt:

  • Fernverkauf eines Gegenstands, der aus dem Drittlandsgebiet in einen anderen Mitgliedstaat als den, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands an den Erwerber endet, eingeführt wird.[6]
  • Fernverkauf eines Gegenstands, der aus dem Drittlandsgebiet in den Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung der Gegenstände an den Erwerber endet, eingeführt wird.[7]
  • Steuerbefreiung einer Einfuhr von Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 EUR[8], wenn die Ware im Gemeinschaftsgebiet der Besteuerung über die One-Stop-Shop-Regelung des § 18k UStG unterworfen wird. Soweit von dieser Regelung kein Gebrauch gemacht wird, kann nach § 21a UStG ein besonderes Einfuhrverfahren in Anspruch genommen werden.
  • Einführung einer fiktiven Reihengeschäftsregelung[9], wenn die Lieferung der Ware von einem Unternehmer über eine elektronische Schnittstelle unterstützt wird. Ist der liefernde Unternehmer ein Drittlandsunternehmer oder gelangt die Ware aus dem Drittlandsgebiet (hier bei einem Warenwert von bis zu 150 EUR) in die EU, wird der Unternehmer, der die elektronische Schnittstelle unterhält, so behandelt, als wenn er die Ware selbst erhalten und geliefert hätte.
[1] Dies sind die in § 3a Abs. 5 Satz 1 UStG genannten Nichtunternehmer und bestimmten juristischen Personen, aber auch die besonderen Unternehmer nach § 1a Abs. 3 Nr. 1 UStG, die die Erwerbsschwelle nicht überschreiten und auch nicht auf die Anwendung der Erwerbsschwelle verzichtet haben.
[2] Die Lieferschwelle beträgt bis 3...

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