OFD Kiel, 15.11.2002, S 2190 A - St 233

Nach der BFH-Rechtsprechung (BStBl 1977 II S. 684) sind Musterhäuser eines Fertighausherstellers auf Grund ihrer Funktion, das Produktionsprogramm dem Publikum vorzuführen, deren Anlagevermögen und nicht dem Umlaufvermögen zuzuordnen: H 32 (Musterhäuser) EStH 2001. Musterhäuser sind Gebäude i.S. des § 7 Abs. 4 EStG. Nach den für den Begriff des Gebäudes maßgebenden bewertungsrechtlichen Abgrenzungsmerkmalen (R 42 Abs. 5 EStR 2001) ist ein Musterhaus nach vollendetem Aufbau ein bezugsfertiges Gebäude, selbst wenn der Anschluss an Versorgungsleitungen fehlt. Musterhäuser dienen ausschließlich betrieblichen Zwecken (Werbung, Auftragsbeschaffung) und daher nicht Wohnzwecken. Absetzungen für Abnutzung sind daher grundsätzlich nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 EStG vorzunehmen, je nachdem, ob der Bauantrag vor oder nach dem 31.3.1985 gestellt worden ist.

Zu der Frage, ob Absetzungen für Abnutzung nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG in Betracht kommen, weil die tatsächliche Nutzungsdauer der Musterhäuser kürzer ist als die den Prozentsätzen nach Satz 1 zu Grund liegenden Nutzungsdauern, sind die grundsätzlichen Ausführungen des BFH-Urteils vom 19.11.1997 (BStBl 1998 II S. 59) zu beachten. Hiernach ist folgende Auffassung zu vertreten:

Für die Bestimmung der Nutzungsdauer ist nicht die Dauer der betrieblichen Nutzung durch den einzelnen Stpfl., sondern die objektive Nutzbarkeit eines Wirtschaftsguts unter Berücksichtigung der besonderen betriebstypischen Beanspruchung, maßgebend. Es kommt also nicht darauf an, wie lange der Stpfl. das Wirtschaftsgut tatsächlich in seinem Betrieb verwendet oder voraussichtlich verwenden wird.

Die zu schätzende Nutzungsdauer wird insbesondere bestimmt durch den technischen Verschleiß, die wirtschaftliche Abnutzung sowie rechtliche Gegebenheiten, welche die Nutzungsdauer eines Wirtschaftsguts begrenzen können. Auszugehen ist zunächst von der technischen Nutzungsdauer. Technische und wirtschaftliche Nutzungsdauer fallen i.d.R. zusammen. Eine hiervon ausnahmsweise abweichende kürzere wirtschaftliche Nutzungsdauer (bedingt durch die auf neue Erfindungen, konjunkturelle Einflüsse, Mode usw. zurückzuführende wirtschaftliche Entwertung) kommt nur dann in Betracht, wenn das Wirtschaftsgut erfahrungsgemäß vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer objektiv wirtschaftlich wertlos wird. Dies ist anzunehmen, wenn die Möglichkeit einer wirtschaftlich sinnvollen, auch anderweitigen Nutzung oder Verwertung endgültig entfallen ist.

Die Tatsache, dass aus Verkäufen der Musterhäuser nach Ablauf ihrer Ausstellungszeit noch erhebliche Veräußerungserlöse erzielt werden können, die u.U. die ursprünglichen Herstellungskosten übersteigen, die Musterhäuser also wegen ihrer Nutzbarkeit für andere noch einen erheblichen Verkaufswert haben, belegt, dass die Musterhäuser auch für den jeweiligen Fertighaushersteller wirtschaftlich noch nicht verbraucht sind.

Hiernach kann nicht generell von einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG bei Musterhäusern der Fertighausindustrie ausgegangen werden.

 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 4

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