Rz. 59

Miet- oder Pachtverträge liegen u. a. auch dann vor, wenn ein Unternehmer Wirtschaftsgüter für betriebliche Zwecke von einem nahen Familienangehörigen mietet oder pachtet. Für die einkommensteuerrechtliche Behandlung von Miet- und Pachtverträgen zwischen Angehörigen sind die Grundsätze zur steuerlichen Anerkennung von Ehegatten-Arbeitsverhältnissen entsprechend anzuwenden.[1] Die für die steuerrechtliche Beurteilung von Mietverträgen zwischen Ehegatten geltenden Grundsätze können jedoch nicht auf Verträge zwischen Partnern einer nicht eheähnlichen Lebensgemeinschaft übertragen werden.[2]

 

Rz. 60

Die steuerrechtliche Anerkennung der Miet- und Pachtverträge zwischen Angehörigen setzt voraus, dass die Verträge zivilrechtlich wirksam zustande gekommen sind, inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen und so auch durchgeführt werden. Maßgebend für die Beurteilung ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten. An den Nachweis, dass es sich um ein ernsthaftes Vertragsverhältnis handelt, sind umso strengere Auflagen zu stellen, je mehr die Umstände auf eine private Veranlassung des Miet- oder Pachtverhältnisses oder Unterstützungsleistungen hindeuten.[3] Diese Anforderungen sind auch an nachträgliche Vertragsveränderungen zu stellen.[4]

 

Rz. 61

Entsprechendes gilt für die Verträge einer Personengesellschaft, die von nahen Angehörigen des anderen Vertragspartners beherrscht wird. Hierbei kommt es auf den rechtlichen und wirtschaftlichen Gehalt des jeweiligen Geschäfts und nicht auf die Bezeichnung durch die Vertragsparteien an.[5] Ist in einem tatsächlich durchgeführten Pachtvertrag zwischen einer Personengesellschaft und nahen Angehörigen der beherrschenden Gesellschafter ein angemessener monatlicher Pachtzins vereinbart, kann die Gesellschaft als Pächterin die monatlichen Pachtzahlungen selbst dann als Betriebsausgaben abziehen, wenn außerdem ein Verzicht auf Wertausgleich gemäß §§ 812, 951 BGB für die von der Gesellschaft errichteten Bauten vereinbart ist und dieser Verzicht als privat veranlasst zu werten sein sollte.[6]

 

Rz. 62

Mietverträge mit Angehörigen sind nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil der Steuerpflichtige dem Angehörigen gegenüber unterhaltsverpflichtet ist und die Miete aus den geleisteten Unterhaltszahlungen erbracht wird.[7]

 

Rz. 63

Die Grundsätze über die Anerkennung von Mietverträgen unter nahen Angehörigen gelten auch dann, wenn ein schriftlicher Mietvertrag erst nach Beginn des Mietverhältnisses abgefasst wird. Die Nichtanerkennung eines Mietvertrages unter nahen Angehörigen durch das FG, welches im Einzelfall eine Abweichung des Mietvertrages von dem zwischen Fremden Üblichen festgestellt hat, verletzt nicht Art. 6 GG.[8]

 

Rz. 64

Nicht steuerlich anzuerkennen sind Mietverhältnisse grundsätzlich etwa dann, wenn

  • die Mietzahlungen entgegen der Vereinbarung nicht regelmäßig, sondern in einem späteren Jahr in einem Betrag gezahlt werden,
  • dem Mietvertrag nicht entnommen werden kann, ob eine Warm- oder Kaltmiete vereinbart worden ist, da es bei dieser Frage nicht um die Nebenleistungen geht, sondern um die Vereinbarung der Hauptleistung, sowie
  • wenn derjenige, der einen Gebäudeteil für eigene Zwecke benötigt, einem anderen daran die wirtschaftliche Verfügungsmacht einräumt, um ihn anschließend wieder zurückzumieten.[9]
 

Rz. 65

Handelsrechtlich gibt die steuerliche Anerkennung Hinweise darauf, ob das Geschäft eine wirtschaftliche Substanz enthält und entsprechend im Jahresabschluss erfasst werden muss. Zu beachten sind die Angabepflichten im Anhang nach § 285 Nr. 21 HGB.[10] Nach den IFRS gibt es entsprechende Vorschriften in IAS 24.[11]

[3] H 19 (Fremdvergleich) und H 162a (Fremdvergleich) EStH 2001 mit Beispielen aus der Rechtsprechung des BFH für steuerlich anzuerkennende und nicht anzuerkennende Fälle; zur Frage des Fremdvergleichs siehe auch BFH, Urteil v. 13.7.1999, VIII R 29/97, BStBl 2000 II S. 386; BFH, Urteil v. 21.11.2000, IX R 73/97, BFH/NV 2001 S. 594; BFH, Beschluss v. 12.1.2001, IX B 116/00, BFH/NV 2001 S. 778; BFH, Urteil v. 27.7.2004, IX R 73/01, BFH/NV 2005 S. 192; BFH, Urteil v. 4.10.2016, IX R 8/16, BFH/NV 2017 S. 216.
[7] H 162a (Vermietung an Unterhaltsberechtigte) EStH 2001 mit Beispielen für rechtsmissbräuchliche und nicht rechtsmissbräuchliche Fälle aus der Rechtsprechung des BFH.
[9] Vgl. Lindberg, in Frotscher/Geurts, EStG, § 21 EStG Rz. 102 m. w. N., Stand: 2/2019.
[10] S. "Anhang nach HGB", Rz. 240 ff.
[11] S. "Anhang nach IFRS", Rz. 189 ff.

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