Rz. 8

"Leasing" ist steuer- und handelsrechtlich eine Sonderform der entgeltlichen Gebrauchsüberlassung von beweglichen oder unbeweglichen Investitions- oder Konsumgütern durch den sog. Leasing-Geber an den Leasing-Nehmer. Nach IFRS umfasst Leasing auch sämtliche Mietverträge und ist in dem pflichtgemäß erstmals im Geschäftsjahr 2019 anzuwendenden IFRS 16 geregelt, welcher den IAS 17 ersetzte. Handels- und steuerrechtlich kann es sich dagegen der äußeren Erscheinungsform nach um eine besondere Form des Mietvertrags mit vertragstypischen Besonderheiten, aber auch um ein Geschäft mit Geschäftsbesorgungs-, Ratenkauf- oder Darlehenscharakter handeln.[1]

 

Rz. 9

Wenn ein Leasing-Vertrag steuer- und handelsrechtlich als ein echter Miet- oder Pachtvertrag, d. h. als ein primär auf Nutzungsüberlassung ohne Verschaffung wirtschaftlichen Eigentums gerichteter Vertrag zu qualifizieren ist (Operating-Leasing), bleibt der Vermieter bzw. Verpächter rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer der Miet- bzw. Pachtobjekte. Er hat die betreffenden Vermögensgegenstände daher in seiner Bilanz auszuweisen und ist abschreibungsberechtigt. Die Bilanzierung folgt somit der zivilrechtlichen Gestaltung. Die Leasingraten sind beim Leasing-Geber und beim Leasing-Nehmer wie Mietzahlungen in voller Höhe erfolgswirksam zu behandeln.[2] Nach den IFRS sind dagegen beim Mieter grundsätzlich einerseits die Nutzungsrechte aktivisch in die Bilanz aufzunehmen und andererseits jeweils eine Verbindlichkeit in Höhe des Barwerts der ausstehenden Leasing-(Miet-)zahlungen zu passivieren.

 

Rz. 9a

 
Hinweis

Aktuelle temporäre Anpassung von IFRS 16 aufgrund der Corona-Pandemie

Grundsätzlich ist bei einer nachträglichen Anpassung von bestehenden Leasingverträgen eine Vertragsmodifikation zu prüfen. Bei einer nachträglichen Anpassung einer bestehenden Leistungsverbindlichkeit, in der das Zahlungsprofil oder der Umfang des Nutzungsrechts geändert wird (lease modification), sind sowohl die Leasingverbindlichkeit als auch das right-of-use asset neu zu bewerten. Im Rahmen der Neubewertung erfolgt die Anpassung des right-of-use asset und der Leasingverbindlichkeit oder die Bilanzierung einer neuen Leasingverbindlichkeit. Bei einer ausschließlichen vereinbarten Mietkonzession ist die Leasingverbindlichkeit neu zu bewerten. Hierbei ist neben dem angepassten Zahlungsprofil auch ein aktueller Zinssatz zu berücksichtigen (IFRS 16.45(c)). Zusätzlich ist das Nutzungsrecht entsprechend anzupassen (IFRS 16.46(b)).[3]

Die weltweite Corona-Pandemie hat durch wirtschaftliche und gesellschaftliche Belastungen direkte Auswirkungen auf Leasingverträge, insbesondere in Form von Anpassungen bestehender Verträge, z. B. durch Stundungen oder Nachlässe. Als Reaktion darauf ergänzte der IASB im Mai 2020 temporär den IFRS 16. Wurde eine nachträglich vereinbarte Mietkonzession im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gewährt, können Leasingnehmer nun nach IFRS 16.46(a) auf die Prüfung einer lease modification verzichten.

Das Wahlrecht kann nur von Leasingnehmern in Anspruch genommen werden, wenn die folgenden Bedingungen nach IFRS 16.46(b) kumulativ erfüllt sind:

  • Die Gegenleistung des Leasingnehmers wird durch die Veränderung der Leasingzahlung gemindert oder bleibt gleich.
  • Die Erleichterung betrifft nur veränderte Leasingzahlungen, die bis zum 30.6.2022 fällig waren.
  • Die Substanz der übrigen Bedingungen des Mietvertrags (z. B. das Nutzungsrecht) wird nicht verändert.

Die Erstanwendung hat nach IFRS 16.C20A retrospektiv für Berichtsperioden nach dem 1.6.2020 zu erfolgen. Unternehmen, deren Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht, können die Erleichterung vorzeitig in Anspruch nehmen. Das Wahlrecht wirkt sich aufgrund der zeitlichen Begrenzung und dem direkten Zusammenhang mit der Corona-Pandemie nicht auf Abschlüsse aus dem Jahr 2019 aus.[4]

[1] Zu den Besonderheiten bei Leasingverträgen vgl. "Leasing im Abschluss nach HGB, IFRS und EStG/KStG".
[2] Vgl. Noodt, in Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, 12. Aufl. 2021, § 246 HGB Rz. 31, 34.
[3] Vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS Kommentar, 20. Aufl. 2022, § 15a Rz. 243 f., 267.
[4] Vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS Kommentar, 20. Aufl. 2022, § 15a Rz. 267 ff.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge