Rz. 48

Die steuerbilanzielle Klassifizierung von mezzaninen Finanzinstrumenten als Eigen- oder Fremdkapital orientiert sich nicht unter Beachtung des Maßgeblichkeitsprinzips gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG an dem aus den Funktionen des Eigenkapitals abgeleiteten handelsrechtlichen Eigenkapitalbegriff. Vielmehr enthalten die Steuergesetze eigenständige und von den handelsrechtlichen Abgrenzungsmerkmalen unabhängige Kriterien.[1] Allgemeine Richtschnur für die steuerbilanzielle Qualifizierung von mezzaninen Finanzinstrumenten als Eigen- bzw. Fremdkapital bildet für schuldrechtliche Vertragsverhältnisse der Spezialfall des Genussrechts und für kooperative Schuldverhältnisse der Referenzfall der stillen Gesellschaft.[2]

 

Rz. 49

Aus dem KStG ergibt sich die Trennlinie zwischen steuerbilanziellem Eigen- und Fremdkapital für schuldrechtliche Vertragsverhältnisse hinsichtlich des Kapitalnehmers aus § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.[3] Danach mindern "verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist", nicht das Einkommen. Bezogen auf diese gesetzliche Vorschrift werden Genussrechte steuerbilanziell grundsätzlich dem Eigenkapital zugeordnet. Diese Trennlinie auf der Seite des Kapitalnehmers im Körperschaftsteuerrecht korrespondiert mit der Grenzziehung für den Kapitalgeber im Einkommensteuerrecht. Im Einkommensteuerrecht gehören Bezüge aus Genussrechten, mit denen das Recht auf eine Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden ist, gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.

 

Rz. 50

Zwar lässt sich aus den Vorschriften des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wortgetreu nur eine Gleichstellung der Bezüge aus Genussrechten mit Ausschüttungen – basierend auf dem Grund- oder Stammkapital – ableiten. Die Folgen dieser steuerlichen Regelungen reichen aber bis zur Klassifizierung des überlassenen Kapitals selbst als steuerbilanzielles Eigenkapital.[4] Für die Einordnung von Genussrechten bzw. allgemein von schuldrechtlichen Finanzierungsverhältnissen als steuerbilanzielles Eigenkapital ist aus diesem Grund das kumulative Vorliegen bzw. die Auslegung der beiden Kriterien "Beteiligung am Gewinn" und "Beteiligung am Liquidationserlös" von entscheidender Bedeutung. Bereits das Nichtvorliegen eines der beiden Kriterien erlaubt gemäß der h. M. die Qualifikation eines Genussrechts als steuerbilanzielles Fremdkapital und damit in der Regel die Anerkennung der Ausschüttungen auf dieses Genussrecht als Betriebsausgaben.[5]

 

Rz. 51

Hinsichtlich der Einordnung von kooperativen Schuldverhältnissen ergibt sich die Trennlinie zwischen dem steuerbilanziellen Eigen- und Fremdkapital aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und aus § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG.[6] Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb die Gewinnanteile der Gesellschafter einer OHG, einer KG sowie einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen die Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter sowie aus partiarischen Darlehen. Dies gilt allerdings nicht, wenn der stille Gesellschafter bzw. der Darlehensgeber als Mitunternehmer angesehen wird.

 

Rz. 52

Aus den beiden vorstehend angeführten einkommensteuerrechtlichen Vorschriften wird deutlich, dass im Steuerrecht die Einordnung von kooperativen Schuldverhältnissen als Eigen- oder Fremdkapital an der Stellung des Kapitalgebers entweder als Gläubiger oder als Mitunternehmer anknüpft. Ein Mitunternehmer i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG lässt sich vor allem durch die Merkmale des Mitunternehmerrisikos und der Mitunternehmerinitiative kennzeichnen.[7] Die Übernahme des Mitunternehmerrisikos konkretisiert sich hierbei durch die Beteiligung am Ertrags- und Kapitalrisiko, also an dem Partizipieren an den Gewinnen und Verlusten des Unternehmens sowie an den stillen Reserven und Lasten und an dem Geschäfts- oder Firmenwert. Eine Mitunternehmerinitiative liegt dagegen vor, wenn die Möglichkeit besteht, am Prozess der unternehmerischen Entscheidungsfindung teilzuhaben.[8] Gemäß dem BFH, Urteil v. 29.4.1992, X I R 58/89, BFH/NV 1992 S. 804 "ist indes schon die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschafterrechten, die wenigstens den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten angenähert sind, die einem Kommanditisten nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) zustehen oder die den gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechten nach § 716 Abs. 1 BGB entsprechen", ausreichend. Beide Merkmale müssen unumstritten kumulativ gegeben sein, damit ein Mitunternehmer vorliegt, eine unterschiedlich starke Ausprägung der beiden Merkmale gilt jedoch nicht als schädlich.[9]

[1] Vgl. Jacob, IWB 2000, Fach 1, IFA-Mitteilungen, S. 1529; Briesemeister, Hybride Finanzinstrumen...

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