3.5.2.1 Nachrangigkeit des überlassenen Kapitals im Insolvenz- oder Liquidationsfall

 

Rz. 33

Das Merkmal der Nachrangigkeit des überlassenen Kapitals im Insolvenz- oder Liquidationsfall ist in der Literatur als zwingend notwendiges Kriterium zur Einordnung von mezzaninen Finanzinstrumenten als bilanzielles Eigenkapital unbestritten und vollständig anerkannt.[1] Dieses Merkmal leitet sich aus der Haftungsfunktion des bilanziellen Eigenkapitals ab und gewährleistet, dass die Ansprüche der Eigenkapitalgeber im Insolvenz- oder Liquidationsfall erst nach den Ansprüchen der Fremdkapitalgeber aus der Insolvenzmasse bzw. dem Liquidationserlös befriedigt werden.[2] Das Kriterium der Nachrangigkeit der Kapitalüberlassung gilt demnach als erfüllt, sofern der Rückzahlungsanspruch der mezzaninen Kapitalgeber erst nach der Befriedigung aller Fremdkapitalgeber entsteht bzw. wenn das bereitgestellte mezzanine Kapital im Insolvenz- oder Liquidationsfall in die Haftungsmasse eingeht.[3] Insofern lässt sich das überlassene mezzanine Kapital unumstritten dann als nachrangig qualifizieren, wenn es entweder an eine einfache Nachrangabrede (i. S. d. § 39 InsO) oder an eine qualifizierte Nachrangabrede (i. S. d. § 199 InsO) gebunden ist.[4] Für nachrangige Forderungen ist hierbei kennzeichnend, dass sie an der Verteilung der Insolvenzmasse erst dann teilnehmen, wenn zuvor alle anderen nicht nachrangigen Forderungen in voller Höhe befriedigt wurden. Im Falle eines "qualifizierten Rangrücktritts" kann der Kapitalgeber bis zur Abwendung der Krise seine Forderung erst zusammen mit den Einlagenrückgewähransprüchen der Eigenkapitalgeber geltend machen.[5] Unbedeutend für die Klassifizierung von mezzaninem Kapital als nachrangig ist allerdings die Frage, in welcher Art und Weise nach der Bedienung der erstrangigen Fremdkapitalgeber im Insolvenz- oder Liquidationsfall eine etwaige verbleibende Haftungsmasse zwischen den mezzaninen Kapitalgebern und den restlichen Eigenkapitalgebern verteilt wird.[6] Vorstehendes impliziert zudem, dass mezzanine Finanzinstrumente nur dann als bilanzielles Eigenkapital anerkannt werden können, wenn sie nicht besichert sind und die Nachrangigkeit zu jeder Zeit gegeben ist.

[1] Vgl. z. B. Lutter, DB 1993, S. 2444; Schweitzer/Volpert, BB 1994, S. 823; Thiele, Das Eigenkapital im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 1998, S. 81; Brüggemann/Lühn/Siegel, KoR 2004, S. 348; Baetge/Brüggemann, DB 2005, S. 2147; Küting/Kessler, in Dusemond/Küting/Strickmann/Wirth, Handbuch der Rechnungslegung – Einzelabschluss, 5. Aufl. 2002 ff., § 272 HGB Rz. 194, Stand: 4/2011.
[2] Vgl. Küting/Kessler, in Dusemond/Küting/Strickmann/Wirth, Handbuch der Rechnungslegung – Einzelabschluss, 5. Aufl. 2002 ff., § 272 HGB Rz. 194, Stand: 4/2011.
[3] Vgl. IDW, WPg 1994, S. 420.
[4] Vgl. DVFA, DVFA-Finanzschriften Nr. 5/2007, S. 13; ferner dazu weiterführend Gleske/Laudenklos, in Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, 2. Aufl. 2014, Kap. D.I Rz. 28 ff.
[6] Vgl. IDW, WPg 1994, S. 420.

3.5.2.2 Erfolgsabhängigkeit der Vergütung

 

Rz. 34

Die Eigenkapitalgeber sind im Unterschied zu den Fremdkapitalgebern an den Chancen und Risiken des Unternehmens beteiligt.[1] Aus diesem Grund dient das Kriterium der Erfolgsabhängigkeit der Vergütung zur Dokumentation der Teilhabe des mezzaninen Kapitalgebers an den Chancen und Risiken des Unternehmens. Dieses Kriterium ist im Schrifttum jedoch nicht unumstritten.[2] So darf bei einer sehr engen Auslegung dieses Kriteriums die erfolgsabhängige Vergütung für die Kapitalüberlassung nur aus dem erwirtschafteten Jahresüberschuss vorgenommen werden.[3] Gemäß der Stellungnahme HFA 1/1994 orientiert sich das Kriterium der Erfolgsabhängigkeit der Vergütung hingegen an den gesetzlichen Kapitalerhaltungsvorschriften.[4] Die Vergütung für das bereitgestellte Kapital soll aus denjenigen Bestandteilen des Eigenkapitals beglichen werden, die durch gesetzliche Ausschüttungsregelungen nicht in besonderem Maße geschützt sind. Dies ist bspw. bei der nach § 272 Abs. 4 Satz 1 HGB für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen zu bildenden Rücklage der Fall, die nach § 272 Abs. 4 Satz 4 HGB aufgelöst werden darf, "soweit die Anteile an dem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen veräußert, ausgegeben oder eingezogen werden oder auf der Aktivseite ein niedrigerer Betrag angesetzt wird". Die Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Vergütung widerspricht hingegen eindeutig dem Kriterium der Erfolgsabhängigkeit der Vergütung und einer Qualifikation des mezzaninen Kapitals als bilanzielles Eigenkapital.[5] Das Verbot einer erfolgsunabhängigen Vergütung ist gesetzlich allerdings nur für Aktionäre vorgeschrieben. Gemäß § 57 Abs. 2 AktG darf nämlich den Aktionären keine gewinnunabhängige Vergütung für ihre Einlagen zugesagt oder ausgezahlt werden. Aufgrund des in § 57 Abs. 2 AktG verankerten Verbots einer erfolgsunabhängigen Vergütung für Aktionäre ist im AktG folgerichtig auch kein gesetzliches Gebot für eine erfolgsunabhängige Mindestverzinsung des ...

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