Rz. 18

Zwar ist der Begriff des Eigenkapitals bspw. in der für alle Kaufleute geltenden Vorschrift des § 247 Abs. 1 HGB enthalten, eine nähere Umschreibung bzw. Legaldefinition für den Begriff des Eigenkapitals ergibt sich allerdings weder aus dieser Vorschrift noch aus den sonstigen Vorschriften des Handels- und Gesellschaftsrechts.[1] Das Eigenkapital stellt vielmehr eine Residualgröße dar, die aus dem Saldo zwischen den bilanzierten und bewerteten Vermögensgegenständen sowie den angesetzten aktiven Rechnungsabgrenzungsposten einerseits und den bilanzierten und bewerteten Schulden sowie den angesetzten passiven Rechnungsabgrenzungsposten andererseits ermittelt wird.[2]

 

Rz. 19

Um die Problematik des Vorliegens von Eigenkapital eingehender diskutieren zu können, bietet es sich an, das Eigenkapital aus einem finanzwirtschaftlichen Blickwinkel heraus anhand der Veränderlichkeit der Eigenkapitalkonten zu systematisieren.[3] Da die Veränderlichkeit der Eigenkapitalkonten entscheidend von der Rechtsform des im Einzelnen betrachteten Unternehmens abhängt, lässt sich auch die Höhe des (bilanziellen) Eigenkapitals zwingend nur in Abhängigkeit von der gewählten Rechtsform des betreffenden Unternehmens ermitteln.[4] Hinsichtlich der Rechtsform des betreffenden Unternehmens lassen sich fixe und variable Eigenkapitalkonten unterscheiden.[5] Bei Kapitalgesellschaften sind fixe Eigenkapitalkonten der Regelfall, die aufgrund der Übernahme von Kapitalanteilen durch die Gesellschafter auch als "gezeichnetes Kapital" bezeichnet werden. Dabei haftet nur die Kapitalgesellschaft selbst für die von der Kapitalgesellschaft eingegangenen Verpflichtungen.[6] Gewinne und Verluste, die in der Kapitalgesellschaft entstanden sind, werden nicht mit dem fixen Eigenkapitalkonto bzw. dem gezeichneten Kapital verrechnet, sondern vielmehr in einem eigenen Bilanzposten innerhalb des bilanziellen Eigenkapitals ausgewiesen.[7] Die Höhe des fixen Eigenkapitalkontos bzw. die Höhe des gezeichneten Kapitals einer Kapitalgesellschaft lässt sich nur durch die Durchführung von Kapitalerhöhungen oder von Kapitalherabsetzungen verändern. Besteht neben der Haftung des Unternehmens allerdings auch eine Haftung des Unternehmers bzw. der Gesellschafter, werden nicht fixe Eigenkapitalkonten, sondern variable Eigenkapitalkonten für die Festlegung des Haftungsumfangs verwendet, wie dies grundsätzlich bei Einzelkaufleuten und Personenhandelsgesellschaften üblich ist.[8] Die Höhe der variablen Eigenkapitalkonten bestimmt sich aus den entstandenen Gewinnen und Verlusten sowie aus den vorgenommenen Entnahmen und Einlagen des Unternehmers bzw. der einzelnen Gesellschafter.[9]

 

Rz. 20

Nicht nur anhand der Veränderlichkeit der Eigenkapitalkonten, sondern auch anhand der Ersichtlichkeit aus der Bilanz für einen externen Dritten lässt sich das Eigenkapital – wie Abbildung 3 verdeutlicht – systematisieren.[10]

Abb. 3: Eigenkapitalbegriffe und Eigenkapitalinhalte[11]

Das gezeichnete Kapital bei Kapitalgesellschaften – das auch Nominalkapital genannt wird – entspricht dem nominellen Betrag der insgesamt an die Eigenkapitalgeber ausgegebenen Eigenkapitalanteile bzw. dem Gesamtbetrag des von den Eigenkapitalgebern nominell zur Verfügung gestellten Kapitals.[12] Die Summe aus dem Nominalkapital und den ausgewiesenen variablen Eigenkapitalposten auf der Passivseite – das sind sämtliche offenen Rücklagen und das Unternehmensergebnis – stellt das rechnerische Eigenkapital dar. Vom rechnerischen Eigenkapital ist wiederum das bilanzielle Eigenkapital zu unterscheiden. Zur Bestimmung des bilanziellen Eigenkapitals ist das rechnerische Eigenkapital um die ausstehenden nicht eingeforderten Einlagen, die gehaltenen eigenen Anteile sowie einen nicht durch das Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag zu vermindern. Allerdings werden bei der Bestimmung des bilanziellen Eigenkapitals keine in den angesetzten und bewerteten Vermögensgegenständen und Schulden enthaltenen stillen Reserven und Lasten berücksichtigt.[13] Die Nichtberücksichtigung der stillen Reserven und Lasten bei der Berechnung des Eigenkapitals grenzt entscheidend das bilanzielle Eigenkapital vom sog. effektiven Eigenkapital ab. Bei der Ermittlung des effektiven Eigenkapitals werden nämlich die stillen Reserven und Lasten im Unterschied zur Berechnung des bilanziellen Eigenkapitals einbezogen. Das bilanzielle Eigenkapital ist aber nicht nur vom effektiven Eigenkapital, sondern auch vom Unternehmenswert zu unterscheiden.[14] Der Unternehmenswert stellt den Zukunftserfolgswert des Unternehmens dar, der sich unter Anwendung entweder des Ertragswertverfahrens oder eines Discounted Cashflow-Verfahrens bestimmen lässt.[15]

 

Rz. 21

Da sich aus dem Handels- und Gesellschaftsrecht keine Definition oder nähere Umschreibung für den Begriff des bilanziellen Eigenkapitals ergibt, könnte eine Abgrenzung des bilanziellen Eigenkapitals auch durch die Definition des bilanziellen Eigenkapitals als "nicht bilanzielles Fremdkapital" erfolgen.[16] Für die F...

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