Leitsatz

Bei der Anwendung der Grundsätze über die sog. Drei-Objekt-Grenze sind aneinander grenzende, rechtlich selbstständige Mehrfamilienhausgrundstücke grundsätzlich jeweils gesonderte wirtschaftliche Einheiten (vgl. § 2 Abs. 1 BewG), die auch durch eine Vereinigung/Zuschreibung nach § 890 BGB, §§ 3 ff. GBO nicht zu einem einzigen Objekt ("Häuserzeile") werden können.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 2 EStG , § 2 Abs. 1 BewG , § 93 BewG

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb in den Jahren 1986 bis 1989 eine Vielzahl von in verschiedenen Straßenzügen nebeneinander gelegenen Mehrfamilienhausgrundstücken, die insgesamt mehrere hundert Wohnungen und zusätzlich gewerblich genutzte Raumeinheiten enthielten. In den Jahren 1989 bis 1992 veräußerte er in drei Verträgen einen Teil dieser Objekte, namentlich 1989 die Achtfamilienhäuser A-Straße 40, 42, 44, 46 und 48 (insgesamt 40 Wohnungen), 1991 die Mehrfamilienhäuser B-Straße 61, 61a, 61b und 63 (insgesamt 47 Wohnungen und 4 gewerbliche Raumeinheiten) und 1992 die Mehrfamilienhäuser C-Straße 31, 33, 35, 37 und 41 (insgesamt 47 Wohneinheiten und 6 gewerblich genutzte Einheiten).

Das Finanzamt ging von einem gewerblichen Grundstückshandel aus. Dagegen wandte der Kläger ein, er habe nur drei Objekte veräußert und sich deshalb noch im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung bewegt. Das FG wies die Klage ab (EFG 2003, 1302). Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidung

Die Grundstücksaktivitäten des Klägers hätten den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschritten. Eine Mehrzahl von – wenn auch aneinander grenzenden – Mehrfamilienhäusern sei grundsätzlich nicht als nur ein einziges Objekt i.S.d. Drei-Objekt-Grenze beim gewerblichen Grundstückshandel zu werten. Dabei sei entgegen der Auffassung des Klägers ohne Belang, dass die veräußerten drei Häuserzeilen jeweils – wie der Kläger geltend gemacht habe – über ein "zusammenhängendes Dach" und gemeinsame Versorgungs- und Entsorgungseinrichtungen verfügt hätten und dass sie grundbuchtechnisch zu je einem einzigen Objekt hätten zusammengefasst werden können.

 

Hinweis

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH wird die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz i.S. einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten entscheidend in den Vordergrund tritt. Zur Konkretisierung dieser Abgrenzung hat der BFH die sog. Drei-Objekt-Grenze eingeführt. Werden innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs – in der Regel fünf Jahre – zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf mindestens vier Objekte veräußert, indiziert dies einen gewerblichen Grundstückshandel (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 18.9.1991, XI R 23/90, BStBl II 1992, 135).

"Objekt" i.d.S. ist grundsätzlich jedes selbstständig veräußerbare und nutzbare Immobilienobjekt, und zwar unabhängig von seiner Größe, seinem Wert und anderen Umständen (BFH, Beschluss vom 10.12.2001, GrS 1/98, BStBl II 2002, 291, unter C.III.2).

Im vorliegenden Fall hatte der BFH die Frage zu beantworten, ob mehrere aneinander grenzende Mehrfamilienhäuser (= ganzer "Straßenabschnitt") deswegen als nur ein einziges Objekt i.S.d. gewerblichen Grundstückshandels anzusehen ist, weil die Häuser über ein gemeinsames Dach und über einheitliche Ver- und Entsorgungseinrichtungen verfügten sowie grundbuchrechtlich zu einer einzigen Einheit zusammengefasst waren bzw. hätten zusammengefasst werden können. Dies hat der BFH m.E. zutreffend im Einklang mit dem FA und der Vorinstanz verneint. Für die Entscheidung dieser Frage kommt es weniger auf die bürgerlich-rechtliche Betrachtung als vielmehr auf die maßgeblich von der Verkehrsanschauung geprägte bewertungsrechtliche Beurteilung als "wirtschaftliche Einheit" (vgl. § 2 Abs. 1, § 93 BewG) an. Danach ist jedes der aneinander grenzenden Mehrfamilienhäuser als gesonderte Einheit zu betrachten. Insoweit gilt nichts anderes als für "Doppelhaushälften" (vgl. BFH, Urteil vom 14.2.1990, II R 2/87, BFH/NV 1981, 798) und Reihenhäuser.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 3.8.2004, X R 40/03

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