Leitsatz

Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen (§ 64 Abs. 3 EStG), ist auf die tatsächliche und laufende Geldleistung der Kindergeldberechtigten abzustellen. Ist ein Kind vollstationär in einer Jugendeinrichtung untergebracht, ficht ein Kindergeldberechtigter den Kostenbeitragsbescheid nach § 93 SGB VIII an und leistet er in der Annahme von Überzahlungen vorübergehend keinen laufenden Kostenbeitrag, entfällt damit auch der Anspruch auf Kindergeld.

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Vater des am 23. April 1994 geborenen Sohnes B, der seit Mai 2008 in einer Jugendeinrichtung untergebracht ist. Seit August 2010 erbrachte er keinen Kostenbeitrag mehr, da er der Ansicht war, er habe bereits in der Vergangenheit einen zu hohen Betrag geleistet. Gegen die Heranziehung zum Kostenbeitrag ist diesbezüglich eine Klage des Kindesvaters anhängig, mit der er geleistete Zahlungen seit 2008 zurückfordert. Daraufhin erhielt der Kläger keine Zahlung von Kindergeld mehr mit der Begründung, in dem Fall, in dem Eltern beide Unterhaltsrenten für ein nicht bei ihnen untergebrachtes Kind leisten, stehe dem Berechtigten das Kindergeld zu, der die höhere Unterhaltsrente zahle. Die Mutter habe von August 2010 bis Oktober 2010 einen Kostenbeitrag in Höhe von 275,00 Euro und ab November 2010 in Höhe von monatlich 250,00 Euro geleistet. Der Kläger habe hingegen keinen Kostenbeitrag und keine Unterhaltszahlungen mehr erbracht. Damit sei die Mutter vorrangig kindergeldberechtigt gewesen. Einspruch und auch die eingelegte Klage blieben ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Nach § 64 Abs.1 EStG kann Kindergeld für ein Kind nur einem Berechtigten gezahlt werden. Als Grundsatz sieht das Gesetz vor, dass demjenigen das Kindergeld gezahlt wird, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 64 Abs. 2 Satz 1 EStG). Als Zuordnungsregelung bestimmt § 64 Abs. 3 EStG in dem Fall, in dem das Kind nicht in dem Haushalt eines Berechtigten aufgenommen worden ist, dass dann derjenige das Kindergeld erhält, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt. Zahlen mehrere Berechtigte eine Unterhaltsrente, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahlt. Vor diesem gesetzlichen Hintergrund entschied das Finanzgericht, dass der Kostenbeitrag beider Elternteile als Äquivalent einer Unterhaltsrente anzusehen ist, mit der Folge, dass dann auch auf die laufende Geldleistung abzustellen ist. Im streitigen Zeitraum hatte der Kläger jedoch keinen Unterhaltsbeitrag/Kostenbeitrag geleistet, die Kindesmutter hingegen schon. Das Erfordernis der laufenden Zahlung trägt dem Umstand Rechnung, dass das Kindergeld bei der Prüfung der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen grundsätzlich auf den einzelnen Monat abstellt und eine monatsweise Festsetzung erfolgt. Auch vor diesem Hintergrund hält es das Finanzgericht aus verwaltungsökonomischen Gründen für zutreffend, auf die tatsächliche und laufende Zahlung abzustellen. Nachträglich erbrachte Zahlungen bleiben dagegen außer Ansatz; das gilt auch insofern der Kindergeldberechtigte im Ergebnis wirtschaftlich tatsächlich höher als der andere Kindergeldberechtigte belastet ist.

 

Hinweis

Das Finanzgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zur Definition der (laufenden) Unterhaltsrente im Sinne von § 64 Abs. 3 EStG zugelassen. Außerdem ist beim BFH bereits ein verfahren unter dem Aktenzeichen III R 57/13 beim BFH zu einem ähnlich gelagerten Streitfall anhängig.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.01.2015, 8 K 6396/12

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