Von unseren fünf Sinnen ist der visuelle bei den meisten Menschen am stärksten ausgeprägt. Mehr als 80 % unserer Informationen nehmen wir über die Augen wahr.[1] In Bruchteilen von Sekunden sortiert, strukturiert und bewertet das Gehirn. Menschen brauchen visuelle Metaphern, um die oft komplexe Realität erfahrbarer zu machen und um abstrakten Datensätzen eine verständlichere Form zu geben.[2]

Im Reporting ist die visuelle Darstellung von Informationen ein wesentlicher Aspekt der Wissensvermittlung. Unterschiedliche Darstellungsvarianten beeinflussen die Informationsweitergabe an die Zielgruppe. Abhängig von Anwendungsfall, Zielgruppe und zugrunde liegenden Daten ist eine geeignete Visualisierungsform zu wählen. Dabei gibt es kein absolutes Optimum. Jede Darstellungsform betont bestimmte Aspekte besser oder schlechter. Immer gilt jedoch: Eine Form, die schlecht und wirkungslos visualisiert, verwirrt den Betrachter und kann für falsche Schlussfolgerungen sorgen.[3]

Das Thema Informationsdesign betrifft viele Facetten unseres Lebens. Es bedient sich der verschiedensten Fachrichtungen, um Herangehensweisen und Lösungswege aufzuzeigen. Im Informationsdesign verbinden sich psychologische, neurologische, mathematische, sprachwissenschaftliche, geschichtliche und technische Parameter sowie die persönliche, nicht systematisierbare Erfahrungswelt des Einzelnen.

Diese Perspektivenvielfalt prägt aktuell das Thema, wie Informationen zur Wissensvermittlung am besten aufbereitet werden. Gleichzeitig erschwert sie das Schaffen eines gemeinsamen Standards, der stets die Grundlage von Verständigung sein sollte. Etabliert haben sich fachbezogene Standards, die die jeweils wichtigsten Perspektiven berücksichtigen und andere nur nachrangig einbeziehen.

[1] Vgl. Florack/Scarabis/Primosch, 2012.
[2] Vgl. Götz/Rigamonti, 2015.
[3] Vgl. Götz/Rigamonti, 2015.

1.1 Designstandards erleichtern die Visualisierung

Für den Bereich der Geschäftskommunikation bieten die IBCS (International Business Communication Standards)[1] das umfassendste und anerkannteste Konzept, welches seine Praxistauglichkeit vielfach bewiesen hat. Der Standard systematisiert die Darstellung quantitativer Informationen für wirtschaftliche Analysen und Berichte.

Ausgangspunkt der von Prof. Dr. Hichert und Mitstreitern entwickelten IBCS ist die sog. SUCCESS-Formel für die Geschäftskommunikation. Sie ist integraler Bestandteil des Konzeptes in seiner heutigen Form. Eine gelungene Wissensvermittlung in Reports und Analysen nach den IBCS berücksichtigt die sieben Regelbereiche des Akronyms SUCCESS.[2] Die einzelnen Regeln lassen sich 3 Wirkungsebenen zuordnen, den konzeptionellen, den perzeptiven (wahrnehmungsbezogenen) sowie den semantischen Regeln (s. Abb. 1).

Abb. 1: SUCCESS-Formel der IBCS mit 3 Wirkungsebenen

Die vielen, schwer systematisierbaren Einflüsse auf die Wahrnehmung von Visualisierungen erlauben im Grunde keine überschneidungsfreie Abgrenzung zwischen den einzelnen Regeln und Bereichen. Daher konzentrieren sich viele Experten wie Few,[3] Tufte[4] und Zelazny[5] auf die Schulung der Wahrnehmung. Sie bauen auf die Einsicht beim Visualisierer, dass die Wissensvermittlung optimiert werden kann. In der Praxis kommt es somit für jede einzelne Darstellung auf die Sensibilität und das Können des jeweiligen Erstellers an.

[1] Vgl. Hichert/Faisst, 2017.
[2] Vgl. Hichert/Faisst, 2017.
[3] Vgl. Few, 2004.
[4] Vgl. Tufte, 2006.
[5] Vgl. Zelazny, 2001.

1.2 Grafiken richten sich nach den angezeigten Inhalten

Hichert und Mitstreiter gingen mit der Entwicklung der IBCS einen für die Controllingpraxis entscheidenden Schritt weiter. Sie strukturierten die vorhandenen Grundgedanken neu und entwickelten inhaltliche und visuelle Darstellungsstandards, die für Ersteller und Empfänger von Reports eine verlässliche Verbindlichkeit schaffen. Unabhängig vom individuellen Wissen über Wahrnehmung und Wissenstransfer können so quantitative Aussagen in hoher Qualität und Effizienz vermittelt werden. Dies ist gerade für das Management und Controlling von Unternehmen entscheidend, da hier sehr viele Personen überregional und oft ohne persönlichen Kontakt Entscheidungsgrundlagen liefern bzw. nutzen.

Abb. 2: Die 4 Stufen der Konzeptentwicklung

Einige der genannten Experten haben den Aussageumfang unterschiedlicher Diagramm- und Tabellentypen untersucht. Sie beschreiben die visuelle Erfassbarkeit und Wirkung von Darstellungsformen (s. Abb. 2, Stufe 1). Weitergehend unterscheidet z. B. Few[1] Kategorien wie Vergleich, Zeitreihe, Beziehung, Proportion und favorisiert dazu passende Diagramm- und Tabellentypen. Eine zweckmäßige Auswahl aus dieser Palette ermöglicht die weitere Klassifizierung von Visualisierungsformen (s. Abb. 2, Stufe 2).

Hichert konkretisiert diese Kategorien und verfeinert die einzelnen Diagrammtypen. Der Typ Säulendiagramm kann bspw. durch unterschiedliche Säulenbreiten verschiedene Inhalte darstellen. Wichtig ist, dass die einmal festgelegte Systematik (Semantik) innerhalb des Reportsystems einheitlich angewendet wird. Derartige Verfeinerungen lassen sich für alle im Controlling notwendigen Diagr...

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