Die bei Verträgen unter fremden Dritten bestehende Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts ist im Fall der Übertragung eines Kapitalgesellschaftsanteils, für den der Zuwendende hohe Anschaffungskosten getragen hat, nicht alleine wegen eines Freundschaftsverhältnisses zwischen dem Zuwendenden und dem Empfänger als widerlegt anzusehen.[1] In die (Gesamt-)Berechnung dürfen dabei nur Kapitalerträge und Werbungskosten einbezogen werden, nicht aber steuerfreie Veräußerungsgewinne, wie z. B. Spekulationsgewinne, die von § 23 EStG nicht erfasst werden.[2]

Eine Überschusserzielungsabsicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen liegt danach nicht vor, wenn die Kapitalanlage zwar mit Gewinn veräußert wird, aber die Schuldzinsen nicht durch laufende Erträge gedeckt werden könnten.[3] Dies gilt insbesondere für Finanzierungsaufwendungen von Darlehen, die zinslos an Angehörige vergeben werden.[4] Ob ein Gesamtüberschuss entsteht, muss nicht in dem Jahr feststehen, in dem die Werbungskosten anfallen. Werden in den ersten Jahren der Kapitalanlage ständig Verluste erwirtschaftet, können sie gleichwohl abgezogen werden, wenn die Absicht des Steuerpflichtigen feststeht, insgesamt einen Überschuss zu erzielen. Dies ist nach äußerlich erkennbaren Merkmalen zu beurteilen.[5]

Die Überschusserzielungsabsicht kann auch dann bejaht werden, wenn der Steuerpflichtige neben der Absicht, auf Dauer gesehen einen Überschuss zu erzielen, zugleich die Erwartung oder Hoffnung hat, mit der Kapitalanlage steuerfreie Vermögensvorteile zu erzielen. Dabei ist nicht erforderlich, dass der beabsichtigte Einnahmeüberschuss den voraussichtlichen steuerfreien Vermögensvorteil betragsmäßig übersteigt.[6]

 
Praxis-Beispiel

Fremdfinanzierter Aktienkauf

Keine Überschusserzielungsabsicht liegt vor, wenn absehbar über einen Zeitraum von 12 Jahren erhebliche Verluste entstanden sind und der Steuerpflichtige die Wertpapiere angesichts der Höhe der dabei erzielten Einnahmen über Jahrzehnte hätte halten müssen, um einen Überschuss zu erreichen.[7]

Die Überschusserzielungsabsicht bei einem fremdfinanzierten Aktienkauf ist zu verneinen, wenn die Schuldzinsen die voraussichtliche Rendite der Aktien deutlich übersteigen. Weder eine vom Steuerpflichtigen erwartete Zuwendung aus einem Vermächtnis noch die bloße Erwartung künftiger Renditeerhöhungen stellen konkrete, wirtschaftlich nachvollziehbare Anhaltspunkte dar, die auf Dauer gesehen einen Gesamtüberschuss erwarten lassen.[8]

Werden Devisen mit Kredit angeschafft, können die Schuldzinsen ab dem Zeitpunkt Werbungskosten sein, ab dem der Schuldner den Entschluss zur Erzielung von Kapitalerträgen gefasst hat. Weicht dieser Einsatz des Kapitals von der ursprünglich beabsichtigten Verwendung ab, bedarf es für die steuerliche Anerkennung der Umwidmung des Darlehens nicht zwingend des Einvernehmens mit dem Gläubiger.[9]

Erbringt der Gesellschafter einer GmbH in Einkunftserzielungsabsicht die von ihm zu leistende Einlage im Rahmen einer Kapitalerhöhung durch ein verzinsliches Darlehen der GmbH, sind die Ausschüttungen der GmbH als Einnahmen aus Kapitalvermögen und die hiermit im Zusammenhang stehenden für die Finanzierung des Darlehens aufgewendeten Schuldzinsen als Werbungskosten zu erfassen. Solange die Einkunftserzielungsabsicht besteht, gilt das auch für die Veranlagungszeiträume, in denen die Schuldzinsen den Kapitalertrag übersteigen.[10]

Die unentgeltliche Nutzung der in Spanien gelegenen Ferienimmobilie einer spanischen Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer Sociedad Limitada durch deren in Deutschland ansässige Gesellschafter kann bei den Gesellschaftern als verdeckte Gewinnausschüttung in Gestalt der verhinderten Vermögensmehrung zu behandeln sein. Fehlende Überschusserzielungsabsicht der Kapitalgesellschaft ist dabei unerheblich.[11]

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